Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Todtenbahre mit all' ihren schwarzen Trauerflören Wenn seine Seele im vergangenen Winter zwi- Wer ihn so rüstig daher wandeln sah, konnte ihn Für etwas dergleichen ihn ansehen zu wollen, 1*
Todtenbahre mit all’ ihren ſchwarzen Trauerfloͤren Wenn ſeine Seele im vergangenen Winter zwi- Wer ihn ſo ruͤſtig daher wandeln ſah, konnte ihn Fuͤr etwas dergleichen ihn anſehen zu wollen, 1*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0007" n="3"/> Todtenbahre mit all’ ihren ſchwarzen Trauerfloͤren<lb/> blieben bei jedem Schritte ſeines Weges undeutlicher<lb/> hinter ihm zuruͤck; die zuͤrnenden Worte, die Hed-<lb/> wigs Vater gegen ihn ausgeſtoßen, verhallten wie<lb/> ferner Donner. Er vernahm nur der Tochter Lie-<lb/> besſchwuͤre, hoͤrte nur der Mutter ſegnende Verhei-<lb/> ßungen, empfand nur Hoffnung und Zuverſicht.</p><lb/> <p>Wenn ſeine Seele im vergangenen Winter zwi-<lb/> ſchen ahnungsvollem Antheil fuͤr eine kranke Frau<lb/> und zwiſchen ſchwaͤrmeriſcher Liebe fuͤr ein vorwurfs-<lb/> freies Maͤdchen getheilt, einen hoͤheren Schwung<lb/> genommen, ſich ſo zu ſagen der irdiſchen Sinnenwelt<lb/> enthoben hatte, ſo kehrte ſie jetzt, aus ſolchem ſeltſam<lb/> bedraͤngenden Widerſpruche befreit, zu ihren fruͤheren<lb/> weltlichen Anforderungen zuruͤck; freute ſich des jun-<lb/> gen, kraͤftigen Koͤrpers, den ſie beherrſchte und ſtrebte,<lb/> von ihm getragen, behaglichem Daſein entgegen.<lb/> Das alte Wort, daß einer ſchoͤnen Seele am wohl-<lb/> ſten ſei in einem ſchoͤnen Leibe, durfte an unſerem<lb/> Freunde ſeine ganze Wahrheit bewaͤhren.</p><lb/> <p>Wer ihn ſo ruͤſtig daher wandeln ſah, konnte ihn<lb/> fuͤr einen Halbgott halten.</p><lb/> <p>Fuͤr etwas dergleichen ihn anſehen zu wollen,<lb/> ſchienen denn auch die Weiber und Maͤdchen, die ihn<lb/> <fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0007]
Todtenbahre mit all’ ihren ſchwarzen Trauerfloͤren
blieben bei jedem Schritte ſeines Weges undeutlicher
hinter ihm zuruͤck; die zuͤrnenden Worte, die Hed-
wigs Vater gegen ihn ausgeſtoßen, verhallten wie
ferner Donner. Er vernahm nur der Tochter Lie-
besſchwuͤre, hoͤrte nur der Mutter ſegnende Verhei-
ßungen, empfand nur Hoffnung und Zuverſicht.
Wenn ſeine Seele im vergangenen Winter zwi-
ſchen ahnungsvollem Antheil fuͤr eine kranke Frau
und zwiſchen ſchwaͤrmeriſcher Liebe fuͤr ein vorwurfs-
freies Maͤdchen getheilt, einen hoͤheren Schwung
genommen, ſich ſo zu ſagen der irdiſchen Sinnenwelt
enthoben hatte, ſo kehrte ſie jetzt, aus ſolchem ſeltſam
bedraͤngenden Widerſpruche befreit, zu ihren fruͤheren
weltlichen Anforderungen zuruͤck; freute ſich des jun-
gen, kraͤftigen Koͤrpers, den ſie beherrſchte und ſtrebte,
von ihm getragen, behaglichem Daſein entgegen.
Das alte Wort, daß einer ſchoͤnen Seele am wohl-
ſten ſei in einem ſchoͤnen Leibe, durfte an unſerem
Freunde ſeine ganze Wahrheit bewaͤhren.
Wer ihn ſo ruͤſtig daher wandeln ſah, konnte ihn
fuͤr einen Halbgott halten.
Fuͤr etwas dergleichen ihn anſehen zu wollen,
ſchienen denn auch die Weiber und Maͤdchen, die ihn
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