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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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Vorschlag feurig ergriff. Er durfte sein Anerbieten
nicht mehr zurücknehmen, ich ließ ihm keine Ruhe.
Wir gingen ohne Aufschub an die Arbeit, einen zwei-
ten größeren Ballon zu bauen; schon der nächste
Sommer fand uns bereit, die gemeinschaftliche Reise
anzutreten. Jch zählte vor Ungeduld Stunden und
Minuten: der Gedanke, mit ihm vor Aller Blicken
mich erheben, mir sagen zu dürfen, er ist Dein, Du
bist sein und so schwebt ihr, ein seliges Paar, zu den
Sternen hinauf, machte mich schon im Voraus rasend
vor Entzücken. Wenn ich dabei, wider Willen, an
Gefahr denken mußte, so dacht' ich nichts als meinen
-- unsern Tod. Und Tod mit ihm! Was konnte das
Anderes sein, als Leben? Jch fürchtete nicht den Tod
an Reinhards Seite; ich forderte ihn höhnisch her-
aus ... und er übte die furchtbarste Rache.

Wir stiegen vor einer unermeßlichen Schaar von
Gaffern, die dem jugendlich-schönen Paare laute
Bewunderung zollten. Jm Augenblicke, wo man die
Stricke losließ und der umfangreiche Luftball sich
mächtig hob, umschlang ich mit dem linken Arme den
Geliebten, mit dem rechten schwenkt' ich über den
Rand der Gondel hinaus eine Fahne, wie triumphi-
rend über unser Glück.

Vorſchlag feurig ergriff. Er durfte ſein Anerbieten
nicht mehr zuruͤcknehmen, ich ließ ihm keine Ruhe.
Wir gingen ohne Aufſchub an die Arbeit, einen zwei-
ten groͤßeren Ballon zu bauen; ſchon der naͤchſte
Sommer fand uns bereit, die gemeinſchaftliche Reiſe
anzutreten. Jch zaͤhlte vor Ungeduld Stunden und
Minuten: der Gedanke, mit ihm vor Aller Blicken
mich erheben, mir ſagen zu duͤrfen, er iſt Dein, Du
biſt ſein und ſo ſchwebt ihr, ein ſeliges Paar, zu den
Sternen hinauf, machte mich ſchon im Voraus raſend
vor Entzuͤcken. Wenn ich dabei, wider Willen, an
Gefahr denken mußte, ſo dacht’ ich nichts als meinen
— unſern Tod. Und Tod mit ihm! Was konnte das
Anderes ſein, als Leben? Jch fuͤrchtete nicht den Tod
an Reinhards Seite; ich forderte ihn hoͤhniſch her-
aus ... und er uͤbte die furchtbarſte Rache.

Wir ſtiegen vor einer unermeßlichen Schaar von
Gaffern, die dem jugendlich-ſchoͤnen Paare laute
Bewunderung zollten. Jm Augenblicke, wo man die
Stricke losließ und der umfangreiche Luftball ſich
maͤchtig hob, umſchlang ich mit dem linken Arme den
Geliebten, mit dem rechten ſchwenkt’ ich uͤber den
Rand der Gondel hinaus eine Fahne, wie triumphi-
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[21/0025] Vorſchlag feurig ergriff. Er durfte ſein Anerbieten nicht mehr zuruͤcknehmen, ich ließ ihm keine Ruhe. Wir gingen ohne Aufſchub an die Arbeit, einen zwei- ten groͤßeren Ballon zu bauen; ſchon der naͤchſte Sommer fand uns bereit, die gemeinſchaftliche Reiſe anzutreten. Jch zaͤhlte vor Ungeduld Stunden und Minuten: der Gedanke, mit ihm vor Aller Blicken mich erheben, mir ſagen zu duͤrfen, er iſt Dein, Du biſt ſein und ſo ſchwebt ihr, ein ſeliges Paar, zu den Sternen hinauf, machte mich ſchon im Voraus raſend vor Entzuͤcken. Wenn ich dabei, wider Willen, an Gefahr denken mußte, ſo dacht’ ich nichts als meinen — unſern Tod. Und Tod mit ihm! Was konnte das Anderes ſein, als Leben? Jch fuͤrchtete nicht den Tod an Reinhards Seite; ich forderte ihn hoͤhniſch her- aus ... und er uͤbte die furchtbarſte Rache. Wir ſtiegen vor einer unermeßlichen Schaar von Gaffern, die dem jugendlich-ſchoͤnen Paare laute Bewunderung zollten. Jm Augenblicke, wo man die Stricke losließ und der umfangreiche Luftball ſich maͤchtig hob, umſchlang ich mit dem linken Arme den Geliebten, mit dem rechten ſchwenkt’ ich uͤber den Rand der Gondel hinaus eine Fahne, wie triumphi- rend uͤber unſer Gluͤck.

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/25>, abgerufen am 20.04.2024.