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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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geschärft, dem Kinde jetzt ein ausgiebiges Privatissi-
mum über unterschiedliche Stadien der Eifersucht zu
lesen, die ich während des Brautstandes wahrgenom-
men. Vergessen Sie nicht, lieber Holtei, diesen
Punkt in unserem Romane gebührend herauszuhe-
ben. Vielleicht nimmt sich's manche junge Frau zu
Herzen!

Nun aber wollen wir speisen, -- und dann gehen
wir meinen Weibern entgegen.

Tieletunke wird im Vorübergehen abgeholt."

Vierter Tag.

Heute hatte das Schloß ein and'res Anseh'n.
Die Gegenwart einer solchen Hausfrau bringt neues
Leben und verleiht auch steinernen Mauern einen
unsichtbaren, dennoch nicht abzuleugnenden Schmuck.

Jch fand Hedwig unverändert, wie ich sie in
Wien und später im Cirkus bei Cuzent' gesehen.
Man hätte auch nicht geahnet, daß sie im Begriff
stehe, Großmutter zu werden.

Gräfin Julia, eine Dame von fünf- bis sechsund-
sechszig Jahren, versetzte mich durch ihren Anblick in
meine früheste Kinderzeit. Damals gab es noch
häufig Erscheinungen in der vornehmen Welt, die

geſchaͤrft, dem Kinde jetzt ein ausgiebiges Privatiſſi-
mum uͤber unterſchiedliche Stadien der Eiferſucht zu
leſen, die ich waͤhrend des Brautſtandes wahrgenom-
men. Vergeſſen Sie nicht, lieber Holtei, dieſen
Punkt in unſerem Romane gebuͤhrend herauszuhe-
ben. Vielleicht nimmt ſich’s manche junge Frau zu
Herzen!

Nun aber wollen wir ſpeiſen, — und dann gehen
wir meinen Weibern entgegen.

Tieletunke wird im Voruͤbergehen abgeholt.“

Vierter Tag.

Heute hatte das Schloß ein and’res Anſeh’n.
Die Gegenwart einer ſolchen Hausfrau bringt neues
Leben und verleiht auch ſteinernen Mauern einen
unſichtbaren, dennoch nicht abzuleugnenden Schmuck.

Jch fand Hedwig unveraͤndert, wie ich ſie in
Wien und ſpaͤter im Cirkus bei Cuzent’ geſehen.
Man haͤtte auch nicht geahnet, daß ſie im Begriff
ſtehe, Großmutter zu werden.

Graͤfin Julia, eine Dame von fuͤnf- bis ſechsund-
ſechszig Jahren, verſetzte mich durch ihren Anblick in
meine fruͤheſte Kinderzeit. Damals gab es noch
haͤufig Erſcheinungen in der vornehmen Welt, die

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[221/0225] geſchaͤrft, dem Kinde jetzt ein ausgiebiges Privatiſſi- mum uͤber unterſchiedliche Stadien der Eiferſucht zu leſen, die ich waͤhrend des Brautſtandes wahrgenom- men. Vergeſſen Sie nicht, lieber Holtei, dieſen Punkt in unſerem Romane gebuͤhrend herauszuhe- ben. Vielleicht nimmt ſich’s manche junge Frau zu Herzen! Nun aber wollen wir ſpeiſen, — und dann gehen wir meinen Weibern entgegen. Tieletunke wird im Voruͤbergehen abgeholt.“ Vierter Tag. Heute hatte das Schloß ein and’res Anſeh’n. Die Gegenwart einer ſolchen Hausfrau bringt neues Leben und verleiht auch ſteinernen Mauern einen unſichtbaren, dennoch nicht abzuleugnenden Schmuck. Jch fand Hedwig unveraͤndert, wie ich ſie in Wien und ſpaͤter im Cirkus bei Cuzent’ geſehen. Man haͤtte auch nicht geahnet, daß ſie im Begriff ſtehe, Großmutter zu werden. Graͤfin Julia, eine Dame von fuͤnf- bis ſechsund- ſechszig Jahren, verſetzte mich durch ihren Anblick in meine fruͤheſte Kinderzeit. Damals gab es noch haͤufig Erſcheinungen in der vornehmen Welt, die

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/225>, abgerufen am 29.11.2024.