Und wie dankt' ich meinem "Meister Franz" daß er mich gezwungen.
Eines Tages stand ich wiederum vor dem kleinen, unscheinbaren Kasten, aus welchem wirkliche, ge- sprochene Worte hervorklangen, wie aus der Brust eines denkenden, redenden Wesens, Mensch geheißen, und versank in aufrichtige Betrübniß über die Un- dankbarkeit der Welt, die den Erfinder einer so merk- würdigen Sache Mangel leiden und verkümmern läßt, während sie für tausend Albernheiten Geld, Zeit und Lobsprüche zu erübrigen weiß, -- da traten ein Herr und eine Dame ein, außer mir die einzigen Zuschauer. Ohne Zweifel waren es Mann und Frau. Er, ein wohl konservirter Vierziger, oder d'rüber; die Frau, obwohl sichtbar über die Dreißig hinaus, doch so jugendlich, mädchenhaft, schlank und zart, daß man kein anmuthigeres Weib denken konnte. Auch sie wendeten ihren lebhaftesten Antheil dem bewundernswürdigen Werke des Herrn Faber zu. Als ich erst entdeckt hatte, weß' Geistes Kind dies schmucke Ehepaar sei, ließ ich meinen Klagen über die Jndolenz des Publikums freien Lauf. Wie ich sprach, sahen Beide, die sich bisher wenig um mich bekümmert hatten, erst sich, dann mich fragend an
Und wie dankt’ ich meinem „Meiſter Franz“ daß er mich gezwungen.
Eines Tages ſtand ich wiederum vor dem kleinen, unſcheinbaren Kaſten, aus welchem wirkliche, ge- ſprochene Worte hervorklangen, wie aus der Bruſt eines denkenden, redenden Weſens, Menſch geheißen, und verſank in aufrichtige Betruͤbniß uͤber die Un- dankbarkeit der Welt, die den Erfinder einer ſo merk- wuͤrdigen Sache Mangel leiden und verkuͤmmern laͤßt, waͤhrend ſie fuͤr tauſend Albernheiten Geld, Zeit und Lobſpruͤche zu eruͤbrigen weiß, — da traten ein Herr und eine Dame ein, außer mir die einzigen Zuſchauer. Ohne Zweifel waren es Mann und Frau. Er, ein wohl konſervirter Vierziger, oder d’ruͤber; die Frau, obwohl ſichtbar uͤber die Dreißig hinaus, doch ſo jugendlich, maͤdchenhaft, ſchlank und zart, daß man kein anmuthigeres Weib denken konnte. Auch ſie wendeten ihren lebhafteſten Antheil dem bewundernswuͤrdigen Werke des Herrn Faber zu. Als ich erſt entdeckt hatte, weß’ Geiſtes Kind dies ſchmucke Ehepaar ſei, ließ ich meinen Klagen uͤber die Jndolenz des Publikums freien Lauf. Wie ich ſprach, ſahen Beide, die ſich bisher wenig um mich bekuͤmmert hatten, erſt ſich, dann mich fragend an
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Und wie dankt’ ich meinem „Meiſter Franz“ daß er
mich gezwungen.
Eines Tages ſtand ich wiederum vor dem kleinen,
unſcheinbaren Kaſten, aus welchem wirkliche, ge-
ſprochene Worte hervorklangen, wie aus der Bruſt
eines denkenden, redenden Weſens, Menſch geheißen,
und verſank in aufrichtige Betruͤbniß uͤber die Un-
dankbarkeit der Welt, die den Erfinder einer ſo merk-
wuͤrdigen Sache Mangel leiden und verkuͤmmern
laͤßt, waͤhrend ſie fuͤr tauſend Albernheiten Geld,
Zeit und Lobſpruͤche zu eruͤbrigen weiß, — da traten
ein Herr und eine Dame ein, außer mir die einzigen
Zuſchauer. Ohne Zweifel waren es Mann und Frau.
Er, ein wohl konſervirter Vierziger, oder d’ruͤber;
die Frau, obwohl ſichtbar uͤber die Dreißig hinaus,
doch ſo jugendlich, maͤdchenhaft, ſchlank und zart,
daß man kein anmuthigeres Weib denken konnte.
Auch ſie wendeten ihren lebhafteſten Antheil dem
bewundernswuͤrdigen Werke des Herrn Faber zu.
Als ich erſt entdeckt hatte, weß’ Geiſtes Kind dies
ſchmucke Ehepaar ſei, ließ ich meinen Klagen uͤber
die Jndolenz des Publikums freien Lauf. Wie ich
ſprach, ſahen Beide, die ſich bisher wenig um mich
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/209>, abgerufen am 05.07.2024.
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