Und fürchte keine Eifersüchteleien, Anton. Du bist frei! vollkommen frei! Jch weiß, was ich sage. Dir Zwang anlegen? Das wäre noch schöner! Damit Du bei Dir selbst denken lerntest: hab' ich deshalb das kleine Ding abgeholt aus ihrem Hunger und Kummer, daß sie mir anhänge wie eine Klette, die man nicht mehr abschütteln kann? Das wäre noch schöner! Jch kenne nur Dich, ich habe nur Dich! Jch liebe nur mein Kind und Dich in ihm; für mich giebt es sonst keine Welt und soll keine geben. Dir aber soll die Welt offen steh'n mit Allem, was an Freuden darinnen für Dich blüht; wenn Du nur nicht vergessen willst, daß Liebenau auch in der Welt ist; daß dort auch Freuden für Dich blühen: die klei- nen, frommen Freuden bescheidener Häuslichkeit. Und das wirst Du nicht vergessen! Also: sei wieder frei!" -- -- --
"Ottilie heißt Euer Mädchen," sagte die Gräfin, da sie das neugetaufte Kind der Mutter in die Arme legte.
Nicht Julia? fragte Hedwig.
Und fuͤrchte keine Eiferſuͤchteleien, Anton. Du biſt frei! vollkommen frei! Jch weiß, was ich ſage. Dir Zwang anlegen? Das waͤre noch ſchoͤner! Damit Du bei Dir ſelbſt denken lernteſt: hab’ ich deshalb das kleine Ding abgeholt aus ihrem Hunger und Kummer, daß ſie mir anhaͤnge wie eine Klette, die man nicht mehr abſchuͤtteln kann? Das waͤre noch ſchoͤner! Jch kenne nur Dich, ich habe nur Dich! Jch liebe nur mein Kind und Dich in ihm; fuͤr mich giebt es ſonſt keine Welt und ſoll keine geben. Dir aber ſoll die Welt offen ſteh’n mit Allem, was an Freuden darinnen fuͤr Dich bluͤht; wenn Du nur nicht vergeſſen willſt, daß Liebenau auch in der Welt iſt; daß dort auch Freuden fuͤr Dich bluͤhen: die klei- nen, frommen Freuden beſcheidener Haͤuslichkeit. Und das wirſt Du nicht vergeſſen! Alſo: ſei wieder frei!“ — — —
„Ottilie heißt Euer Maͤdchen,“ ſagte die Graͤfin, da ſie das neugetaufte Kind der Mutter in die Arme legte.
Nicht Julia? fragte Hedwig.
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Und fuͤrchte keine Eiferſuͤchteleien, Anton. Du
biſt frei! vollkommen frei! Jch weiß, was ich ſage.
Dir Zwang anlegen? Das waͤre noch ſchoͤner! Damit
Du bei Dir ſelbſt denken lernteſt: hab’ ich deshalb
das kleine Ding abgeholt aus ihrem Hunger und
Kummer, daß ſie mir anhaͤnge wie eine Klette, die
man nicht mehr abſchuͤtteln kann? Das waͤre noch
ſchoͤner! Jch kenne nur Dich, ich habe nur Dich!
Jch liebe nur mein Kind und Dich in ihm; fuͤr mich
giebt es ſonſt keine Welt und ſoll keine geben. Dir
aber ſoll die Welt offen ſteh’n mit Allem, was an
Freuden darinnen fuͤr Dich bluͤht; wenn Du nur
nicht vergeſſen willſt, daß Liebenau auch in der Welt
iſt; daß dort auch Freuden fuͤr Dich bluͤhen: die klei-
nen, frommen Freuden beſcheidener Haͤuslichkeit.
Und das wirſt Du nicht vergeſſen! Alſo: ſei wieder
frei!“ — — —
„Ottilie heißt Euer Maͤdchen,“ ſagte die Graͤfin,
da ſie das neugetaufte Kind der Mutter in die Arme
legte.
Nicht Julia? fragte Hedwig.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/201>, abgerufen am 05.07.2024.
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