Bis in die Laube hinaus wogte die Menge der Dörfner.
Die Musikanten bliesen den "Polnischen." Gräfin Julia sprach: meine Trauerkleider untersagen mir, den Tanz zu eröffnen; Hedwig soll mich vertreten und den Vortänzer werd' ich ihr zuführen. Dies gesagt, machte sie sich Bahn durch das Gewühl, wel- ches ehrfurchtsvoll vor ihr sich öffnete. Ueber alle Köpfe ragte ein grauer Kopf hervor, dem Riesen Schkramprl gehörig. Diesen holte sie herbei, daß er mit Hedwig tanze! Ohne ihn, sagte die Gräfin zu Hedwig, wären wir heute nicht hier.
Der Rittmeister hinkte neben Ottilien her, die zu Anton hinüber rief: Seit sieben Jahren, mein erster Tanz.
Also gleich sprang Anton unter die Musikanten, ergriff eine Geige und spielte zum Tanze auf, wie vor sieben Jahren. Ottilie trocknete die Thränen aus lächelnden Augen.
Schkramprl sagte zu Hedwig: der Teufel soll mich holen, Madame, wenn ich eine so selige Stunde im Leben gehabt habe, seitdem mein Sohn mit zwei Köpfen auf die Welt kam. Aber weinen und tanzen zugleich, ist wirklich eine Riesenarbeit!
Bis in die Laube hinaus wogte die Menge der Doͤrfner.
Die Muſikanten blieſen den „Polniſchen.“ Graͤfin Julia ſprach: meine Trauerkleider unterſagen mir, den Tanz zu eroͤffnen; Hedwig ſoll mich vertreten und den Vortaͤnzer werd’ ich ihr zufuͤhren. Dies geſagt, machte ſie ſich Bahn durch das Gewuͤhl, wel- ches ehrfurchtsvoll vor ihr ſich oͤffnete. Ueber alle Koͤpfe ragte ein grauer Kopf hervor, dem Rieſen Schkramprl gehoͤrig. Dieſen holte ſie herbei, daß er mit Hedwig tanze! Ohne ihn, ſagte die Graͤfin zu Hedwig, waͤren wir heute nicht hier.
Der Rittmeiſter hinkte neben Ottilien her, die zu Anton hinuͤber rief: Seit ſieben Jahren, mein erſter Tanz.
Alſo gleich ſprang Anton unter die Muſikanten, ergriff eine Geige und ſpielte zum Tanze auf, wie vor ſieben Jahren. Ottilie trocknete die Thraͤnen aus laͤchelnden Augen.
Schkramprl ſagte zu Hedwig: der Teufel ſoll mich holen, Madame, wenn ich eine ſo ſelige Stunde im Leben gehabt habe, ſeitdem mein Sohn mit zwei Koͤpfen auf die Welt kam. Aber weinen und tanzen zugleich, iſt wirklich eine Rieſenarbeit!
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Bis in die Laube hinaus wogte die Menge der
Doͤrfner.
Die Muſikanten blieſen den „Polniſchen.“ Graͤfin
Julia ſprach: meine Trauerkleider unterſagen mir,
den Tanz zu eroͤffnen; Hedwig ſoll mich vertreten
und den Vortaͤnzer werd’ ich ihr zufuͤhren. Dies
geſagt, machte ſie ſich Bahn durch das Gewuͤhl, wel-
ches ehrfurchtsvoll vor ihr ſich oͤffnete. Ueber alle
Koͤpfe ragte ein grauer Kopf hervor, dem Rieſen
Schkramprl gehoͤrig. Dieſen holte ſie herbei, daß
er mit Hedwig tanze! Ohne ihn, ſagte die Graͤfin zu
Hedwig, waͤren wir heute nicht hier.
Der Rittmeiſter hinkte neben Ottilien her, die zu
Anton hinuͤber rief: Seit ſieben Jahren, mein erſter
Tanz.
Alſo gleich ſprang Anton unter die Muſikanten,
ergriff eine Geige und ſpielte zum Tanze auf, wie
vor ſieben Jahren. Ottilie trocknete die Thraͤnen
aus laͤchelnden Augen.
Schkramprl ſagte zu Hedwig: der Teufel ſoll
mich holen, Madame, wenn ich eine ſo ſelige Stunde
im Leben gehabt habe, ſeitdem mein Sohn mit zwei
Koͤpfen auf die Welt kam. Aber weinen und tanzen
zugleich, iſt wirklich eine Rieſenarbeit!
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/157>, abgerufen am 05.07.2024.
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