uns zuletzt sahen, verwünschten Sie mich und wiesen mir, als einem Unwürdigen, Jhre Thür."
Mensch -- Sie -- Anton --
"Anton, derselbe Anton, den Sie zu sich beriefen, damit Jhre Tochter mit ihm französisch rede; der- selbe, den Sie als Verführer fortschickten, damit er niemals wiederkehre! Derselbe und dennoch ein An- derer. Daß ich mich vor Jhnen zu zeigen wage, mag Jhnen Bürgschaft sein, ich komme mit ehr- lichen Absichten, mit gutem Willen. Nicht als ob es dem armen Anton daran gefehlt hätte, so lang' er noch der arme Anton war. Ach nein, der Wille war immer gut, die Liebe immer auf richtig und rein; -- doch wodurch konnt' ich das beweisen in meiner Stel- lung, ein Landstreicher ohne Mittel, ohne Aussichten! Sie trieben mich hinaus in die weite Welt, und ich gehorchte, ich ging; ich bemühte mich, zu vergessen. Da wendet sich mein Schicksal: was ich seit sieben Jahren für einen unerfüllbaren Traum gehalten, was ich in nebelhafter Ferne wie Thorheit betrachtet, senkt sich auf einmal als Wahrheit, als Wirklichkeit zu mir herab. Jch finde einen Vater, -- eine Mutter öffnet mir die Arme, -- ich werde ein wohlhabender
uns zuletzt ſahen, verwuͤnſchten Sie mich und wieſen mir, als einem Unwuͤrdigen, Jhre Thuͤr.“
Menſch — Sie — Anton —
„Anton, derſelbe Anton, den Sie zu ſich beriefen, damit Jhre Tochter mit ihm franzoͤſiſch rede; der- ſelbe, den Sie als Verfuͤhrer fortſchickten, damit er niemals wiederkehre! Derſelbe und dennoch ein An- derer. Daß ich mich vor Jhnen zu zeigen wage, mag Jhnen Buͤrgſchaft ſein, ich komme mit ehr- lichen Abſichten, mit gutem Willen. Nicht als ob es dem armen Anton daran gefehlt haͤtte, ſo lang’ er noch der arme Anton war. Ach nein, der Wille war immer gut, die Liebe immer auf richtig und rein; — doch wodurch konnt’ ich das beweiſen in meiner Stel- lung, ein Landſtreicher ohne Mittel, ohne Ausſichten! Sie trieben mich hinaus in die weite Welt, und ich gehorchte, ich ging; ich bemuͤhte mich, zu vergeſſen. Da wendet ſich mein Schickſal: was ich ſeit ſieben Jahren fuͤr einen unerfuͤllbaren Traum gehalten, was ich in nebelhafter Ferne wie Thorheit betrachtet, ſenkt ſich auf einmal als Wahrheit, als Wirklichkeit zu mir herab. Jch finde einen Vater, — eine Mutter oͤffnet mir die Arme, — ich werde ein wohlhabender
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uns zuletzt ſahen, verwuͤnſchten Sie mich und wieſen
mir, als einem Unwuͤrdigen, Jhre Thuͤr.“
Menſch — Sie — Anton —
„Anton, derſelbe Anton, den Sie zu ſich beriefen,
damit Jhre Tochter mit ihm franzoͤſiſch rede; der-
ſelbe, den Sie als Verfuͤhrer fortſchickten, damit er
niemals wiederkehre! Derſelbe und dennoch ein An-
derer. Daß ich mich vor Jhnen zu zeigen wage,
mag Jhnen Buͤrgſchaft ſein, ich komme mit ehr-
lichen Abſichten, mit gutem Willen. Nicht als ob es
dem armen Anton daran gefehlt haͤtte, ſo lang’ er
noch der arme Anton war. Ach nein, der Wille war
immer gut, die Liebe immer auf richtig und rein; —
doch wodurch konnt’ ich das beweiſen in meiner Stel-
lung, ein Landſtreicher ohne Mittel, ohne Ausſichten!
Sie trieben mich hinaus in die weite Welt, und ich
gehorchte, ich ging; ich bemuͤhte mich, zu vergeſſen.
Da wendet ſich mein Schickſal: was ich ſeit ſieben
Jahren fuͤr einen unerfuͤllbaren Traum gehalten, was
ich in nebelhafter Ferne wie Thorheit betrachtet, ſenkt
ſich auf einmal als Wahrheit, als Wirklichkeit zu mir
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oͤffnet mir die Arme, — ich werde ein wohlhabender
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/146>, abgerufen am 05.07.2024.
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