ihr Evangelium; sie treibt Abgötterei mit ihrer Jugend-Liebe. Und diese hat sie dem armen Knaben treu bewahrt, von welchem der Stolz sie doch trennte und fern hielt. Der arme Knabe ist ein reicher Mann geworden; er hat sie vergessen, verrathen, während sie ihm treu blieb; -- was kann er jetzt anders thun, als hingehen, um ihre Hand zu werden! Die Schwestern erwarten's, .... um wie viel mehr muß sie's erwarten. Sie hält mich für edel; hielt sie mich doch dafür, wie ich Körbe flocht, um's Geld. Jch habe zu bewähren, daß ich es blieb, trotz allem Wechsel der Zeit und der Umstände. -- Und ich liebe sie auch noch. O, keine Frage, ich liebe sie noch. Wie sang doch jener französische Sänger in der Pariser komischen Oper:
mais on revient toujours a ses premiers amour's!
Freilich, freilich, on revient toujours. Jch bin wie- der heim gekommen und hab' auch meine erste Liebe wieder gefunden. Und sie ist auch noch recht hübsch. Recht hübsch! daß sie ein wenig älter geworden seit- dem, dafür kann sie nicht; wir werden alle älter. Und daß Hedwig jünger ist und schöner als sie, ist auch nicht Ottiliens Schuld. Wer heißt mich denn
ihr Evangelium; ſie treibt Abgoͤtterei mit ihrer Jugend-Liebe. Und dieſe hat ſie dem armen Knaben treu bewahrt, von welchem der Stolz ſie doch trennte und fern hielt. Der arme Knabe iſt ein reicher Mann geworden; er hat ſie vergeſſen, verrathen, waͤhrend ſie ihm treu blieb; — was kann er jetzt anders thun, als hingehen, um ihre Hand zu werden! Die Schweſtern erwarten’s, .... um wie viel mehr muß ſie’s erwarten. Sie haͤlt mich fuͤr edel; hielt ſie mich doch dafuͤr, wie ich Koͤrbe flocht, um’s Geld. Jch habe zu bewaͤhren, daß ich es blieb, trotz allem Wechſel der Zeit und der Umſtaͤnde. — Und ich liebe ſie auch noch. O, keine Frage, ich liebe ſie noch. Wie ſang doch jener franzoͤſiſche Saͤnger in der Pariſer komiſchen Oper:
mais on revient toujours à ses prémiers amour’s!
Freilich, freilich, on revient toujours. Jch bin wie- der heim gekommen und hab’ auch meine erſte Liebe wieder gefunden. Und ſie iſt auch noch recht huͤbſch. Recht huͤbſch! daß ſie ein wenig aͤlter geworden ſeit- dem, dafuͤr kann ſie nicht; wir werden alle aͤlter. Und daß Hedwig juͤnger iſt und ſchoͤner als ſie, iſt auch nicht Ottiliens Schuld. Wer heißt mich denn
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ihr Evangelium; ſie treibt Abgoͤtterei mit ihrer
Jugend-Liebe. Und dieſe hat ſie dem armen Knaben
treu bewahrt, von welchem der Stolz ſie doch trennte
und fern hielt. Der arme Knabe iſt ein reicher Mann
geworden; er hat ſie vergeſſen, verrathen, waͤhrend
ſie ihm treu blieb; — was kann er jetzt anders thun,
als hingehen, um ihre Hand zu werden! Die
Schweſtern erwarten’s, .... um wie viel mehr muß
ſie’s erwarten. Sie haͤlt mich fuͤr edel; hielt ſie
mich doch dafuͤr, wie ich Koͤrbe flocht, um’s Geld.
Jch habe zu bewaͤhren, daß ich es blieb, trotz allem
Wechſel der Zeit und der Umſtaͤnde. — Und ich liebe
ſie auch noch. O, keine Frage, ich liebe ſie noch. Wie
ſang doch jener franzoͤſiſche Saͤnger in der Pariſer
komiſchen Oper:
mais on revient toujours
à ses prémiers amour’s!
Freilich, freilich, on revient toujours. Jch bin wie-
der heim gekommen und hab’ auch meine erſte Liebe
wieder gefunden. Und ſie iſt auch noch recht huͤbſch.
Recht huͤbſch! daß ſie ein wenig aͤlter geworden ſeit-
dem, dafuͤr kann ſie nicht; wir werden alle aͤlter.
Und daß Hedwig juͤnger iſt und ſchoͤner als ſie, iſt
auch nicht Ottiliens Schuld. Wer heißt mich denn
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/121>, abgerufen am 05.07.2024.
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