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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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heraus zu begehren was von seinem Eigenthume bei
Momolo's Hab' und Gut sich befand; Oder: sich
weiter zu schlagen und nöthigenfalls zu betteln. Für
den ersten Entschluß sprachen seine vollkommene
Unschuld, seine gänzliche Unwissenheit in Allem was
politische Verbindung heißt und gerechte Ansprüche,
wie er sie an die gemeinschaftliche Kasse machen durfte.
Für den zweiten dagegen eine nicht ungegründete
Befürchtung, daß er sich jedenfalls langwieriger
Untersuchungshaft aussetzen und wahrscheinlich doch
nichts davon haben werde, da Geronimo's Eigen-
thum als eines flüchtig gewordenen Verurtheilten im
Ganzen konfiszirt werden konnte, ohne Rücksicht auf
Ansprüche eines Dritten.

Nach langem Hin- und Hersinnen blieb er endlich
dabei stehen: "Mein Reisepaß befindet sich glücklicher-
weise unter den Papieren im Felleisen, welches ich,
wie durch eine Ahnung veranlaßt, bei mir behielt.
Die Visen sind in Ordnung. Das ist wieder ein
Wink! Als Anton Hahn zieh' ich unangefochten mei-
nes Weges. Von meinem Gewerbe sind die sicht-
baren Spuren unter Momolo's Gepäck verblieben;
niemand wird mir anmerken, daß ich Kameelführer
war. So kann ich von einer Stadt zur andern lang-

heraus zu begehren was von ſeinem Eigenthume bei
Momolo’s Hab’ und Gut ſich befand; Oder: ſich
weiter zu ſchlagen und noͤthigenfalls zu betteln. Fuͤr
den erſten Entſchluß ſprachen ſeine vollkommene
Unſchuld, ſeine gaͤnzliche Unwiſſenheit in Allem was
politiſche Verbindung heißt und gerechte Anſpruͤche,
wie er ſie an die gemeinſchaftliche Kaſſe machen durfte.
Fuͤr den zweiten dagegen eine nicht ungegruͤndete
Befuͤrchtung, daß er ſich jedenfalls langwieriger
Unterſuchungshaft ausſetzen und wahrſcheinlich doch
nichts davon haben werde, da Geronimo’s Eigen-
thum als eines fluͤchtig gewordenen Verurtheilten im
Ganzen konfiszirt werden konnte, ohne Ruͤckſicht auf
Anſpruͤche eines Dritten.

Nach langem Hin- und Herſinnen blieb er endlich
dabei ſtehen: „Mein Reiſepaß befindet ſich gluͤcklicher-
weiſe unter den Papieren im Felleiſen, welches ich,
wie durch eine Ahnung veranlaßt, bei mir behielt.
Die Viſen ſind in Ordnung. Das iſt wieder ein
Wink! Als Anton Hahn zieh’ ich unangefochten mei-
nes Weges. Von meinem Gewerbe ſind die ſicht-
baren Spuren unter Momolo’s Gepaͤck verblieben;
niemand wird mir anmerken, daß ich Kameelfuͤhrer
war. So kann ich von einer Stadt zur andern lang-

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[93/0097] heraus zu begehren was von ſeinem Eigenthume bei Momolo’s Hab’ und Gut ſich befand; Oder: ſich weiter zu ſchlagen und noͤthigenfalls zu betteln. Fuͤr den erſten Entſchluß ſprachen ſeine vollkommene Unſchuld, ſeine gaͤnzliche Unwiſſenheit in Allem was politiſche Verbindung heißt und gerechte Anſpruͤche, wie er ſie an die gemeinſchaftliche Kaſſe machen durfte. Fuͤr den zweiten dagegen eine nicht ungegruͤndete Befuͤrchtung, daß er ſich jedenfalls langwieriger Unterſuchungshaft ausſetzen und wahrſcheinlich doch nichts davon haben werde, da Geronimo’s Eigen- thum als eines fluͤchtig gewordenen Verurtheilten im Ganzen konfiszirt werden konnte, ohne Ruͤckſicht auf Anſpruͤche eines Dritten. Nach langem Hin- und Herſinnen blieb er endlich dabei ſtehen: „Mein Reiſepaß befindet ſich gluͤcklicher- weiſe unter den Papieren im Felleiſen, welches ich, wie durch eine Ahnung veranlaßt, bei mir behielt. Die Viſen ſind in Ordnung. Das iſt wieder ein Wink! Als Anton Hahn zieh’ ich unangefochten mei- nes Weges. Von meinem Gewerbe ſind die ſicht- baren Spuren unter Momolo’s Gepaͤck verblieben; niemand wird mir anmerken, daß ich Kameelfuͤhrer war. So kann ich von einer Stadt zur andern lang-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/97>, abgerufen am 17.05.2024.