und Mädchen, ohne der Kameele und ihres Besitzers zu achten, sich um ihn schaarten, mit allen Zeichen der Bewunderung für seine Töne, noch mehr aber für seine Schönheit. Modena, Mantua, Verona, Roveredo, sammt vielen Plätzen von geringerem Namen wurden zu eben so vielen Schauplätzen des Triumphes für ihn. Und so tief ist auch in besseren Naturen die liebe persönliche Eitelkeit eingewurzelt, daß diese Erfolge ihn schmeichelnd berührten; daß ihre Wirkung ihn taub und blind machte, gegen die Entwürdigung worein er zu versinken begann. Dazu gesellten sich noch flüchtig vorüber gehende Liebeshän- del, die sich knüpften und löseten von einem Tage, von einem Orte zum anderen; die durch bunten Wechsel, für ihn etwas Fremdes und Neues, sein Haupt mit wüstem Rausch umnebelten, während das Herz stumm dabei blieb und fühllos.
So verging der Winter. Geronimo zögerte absichtlich so lange, ob nur deshalb, weil er das mil- dere Klima seines Vaterlandes früher nicht verlassen wollte? Ob deshalb, weil allerlei heimliche und geheimgehaltene Geschäfte, Besorgungen, Zusammen- künfte da und dort ihn fesselten? darüber sann der in Leichtsinn und Lebensgenuß verlorene Anton nicht
und Maͤdchen, ohne der Kameele und ihres Beſitzers zu achten, ſich um ihn ſchaarten, mit allen Zeichen der Bewunderung fuͤr ſeine Toͤne, noch mehr aber fuͤr ſeine Schoͤnheit. Modena, Mantua, Verona, Roveredo, ſammt vielen Plaͤtzen von geringerem Namen wurden zu eben ſo vielen Schauplaͤtzen des Triumphes fuͤr ihn. Und ſo tief iſt auch in beſſeren Naturen die liebe perſoͤnliche Eitelkeit eingewurzelt, daß dieſe Erfolge ihn ſchmeichelnd beruͤhrten; daß ihre Wirkung ihn taub und blind machte, gegen die Entwuͤrdigung worein er zu verſinken begann. Dazu geſellten ſich noch fluͤchtig voruͤber gehende Liebeshaͤn- del, die ſich knuͤpften und loͤſeten von einem Tage, von einem Orte zum anderen; die durch bunten Wechſel, fuͤr ihn etwas Fremdes und Neues, ſein Haupt mit wuͤſtem Rauſch umnebelten, waͤhrend das Herz ſtumm dabei blieb und fuͤhllos.
So verging der Winter. Geronimo zoͤgerte abſichtlich ſo lange, ob nur deshalb, weil er das mil- dere Klima ſeines Vaterlandes fruͤher nicht verlaſſen wollte? Ob deshalb, weil allerlei heimliche und geheimgehaltene Geſchaͤfte, Beſorgungen, Zuſammen- kuͤnfte da und dort ihn feſſelten? daruͤber ſann der in Leichtſinn und Lebensgenuß verlorene Anton nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0091"n="87"/>
und Maͤdchen, ohne der Kameele und ihres Beſitzers<lb/>
zu achten, ſich <hirendition="#g">um ihn</hi>ſchaarten, mit allen Zeichen<lb/>
der Bewunderung fuͤr ſeine Toͤne, noch mehr aber<lb/>
fuͤr ſeine Schoͤnheit. Modena, Mantua, Verona,<lb/>
Roveredo, ſammt vielen Plaͤtzen von geringerem<lb/>
Namen wurden zu eben ſo vielen Schauplaͤtzen des<lb/>
Triumphes fuͤr ihn. Und ſo tief iſt auch in beſſeren<lb/>
Naturen die liebe perſoͤnliche Eitelkeit eingewurzelt,<lb/>
daß dieſe Erfolge ihn ſchmeichelnd beruͤhrten; daß<lb/>
ihre Wirkung ihn taub und blind machte, gegen die<lb/>
Entwuͤrdigung worein er zu verſinken begann. Dazu<lb/>
geſellten ſich noch fluͤchtig voruͤber gehende Liebeshaͤn-<lb/>
del, die ſich knuͤpften und loͤſeten von einem Tage,<lb/>
von einem Orte zum anderen; die durch bunten<lb/>
Wechſel, fuͤr ihn etwas Fremdes und Neues, ſein<lb/>
Haupt mit wuͤſtem Rauſch umnebelten, waͤhrend das<lb/>
Herz ſtumm dabei blieb und fuͤhllos.</p><lb/><p>So verging der Winter. Geronimo zoͤgerte<lb/>
abſichtlich ſo lange, ob nur deshalb, weil er das mil-<lb/>
dere Klima ſeines Vaterlandes fruͤher nicht verlaſſen<lb/>
wollte? Ob deshalb, weil allerlei heimliche und<lb/>
geheimgehaltene Geſchaͤfte, Beſorgungen, Zuſammen-<lb/>
kuͤnfte da und dort ihn feſſelten? daruͤber ſann der in<lb/>
Leichtſinn und Lebensgenuß verlorene Anton nicht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[87/0091]
und Maͤdchen, ohne der Kameele und ihres Beſitzers
zu achten, ſich um ihn ſchaarten, mit allen Zeichen
der Bewunderung fuͤr ſeine Toͤne, noch mehr aber
fuͤr ſeine Schoͤnheit. Modena, Mantua, Verona,
Roveredo, ſammt vielen Plaͤtzen von geringerem
Namen wurden zu eben ſo vielen Schauplaͤtzen des
Triumphes fuͤr ihn. Und ſo tief iſt auch in beſſeren
Naturen die liebe perſoͤnliche Eitelkeit eingewurzelt,
daß dieſe Erfolge ihn ſchmeichelnd beruͤhrten; daß
ihre Wirkung ihn taub und blind machte, gegen die
Entwuͤrdigung worein er zu verſinken begann. Dazu
geſellten ſich noch fluͤchtig voruͤber gehende Liebeshaͤn-
del, die ſich knuͤpften und loͤſeten von einem Tage,
von einem Orte zum anderen; die durch bunten
Wechſel, fuͤr ihn etwas Fremdes und Neues, ſein
Haupt mit wuͤſtem Rauſch umnebelten, waͤhrend das
Herz ſtumm dabei blieb und fuͤhllos.
So verging der Winter. Geronimo zoͤgerte
abſichtlich ſo lange, ob nur deshalb, weil er das mil-
dere Klima ſeines Vaterlandes fruͤher nicht verlaſſen
wollte? Ob deshalb, weil allerlei heimliche und
geheimgehaltene Geſchaͤfte, Beſorgungen, Zuſammen-
kuͤnfte da und dort ihn feſſelten? daruͤber ſann der in
Leichtſinn und Lebensgenuß verlorene Anton nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/91>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.