Anton ist wiederum in Gefahr sich selbst zu verlieren. -- Ein Carbonaro.
Geronimo wußte schon, was er wollte, wenn er Anton abhielt, die Geige zu vernichten, auf deren Wirkung er gerechnet, um die Prosa der Kameeltrei- berei mit einigem Zucker musikalischer Poesie zu bestreuen. Wie sie sich erst wieder auf dem Marsch befanden, setzt' er ihm seine Ansichten auseinander: "sei wer Du willst, stamme meinetwegen von hohen Eltern, .... denn daß Du nicht auf der Straße gefunden wurdest, merk' ich wohl; Eines ist sicher: Du bist ohne Geld, ohne Mittel, ohne Aussichten; ein Vagabund wie man ihn nur verlangen kann. Dein Schicksal hat Dich mit mir zusammen geführt. Das Schicksal thut nichts vergebens; bei Allem was geschieht waltet eine höhere Absicht. Deshalb müs- sen wir die Dinge nehmen, wie sie sind und Vortheil zu ziehen suchen aus jeder Schickung. Jch will mei- nen Vortheil durch Dich suchen, das sag' ich Dir geradezu, ohne Hinterhalt. Hast Du etwas Anderes vor, weißt Du bessere Auskunft für Dich, dann sag's eben so ehrlich und wir trennen uns. Meinst Du aber auch, daß unsere Vortheile sich vereinigen lassen,
Fuͤnfundfuͤnfzigſtes Kapitel.
Anton iſt wiederum in Gefahr ſich ſelbſt zu verlieren. — Ein Carbonaro.
Geronimo wußte ſchon, was er wollte, wenn er Anton abhielt, die Geige zu vernichten, auf deren Wirkung er gerechnet, um die Proſa der Kameeltrei- berei mit einigem Zucker muſikaliſcher Poeſie zu beſtreuen. Wie ſie ſich erſt wieder auf dem Marſch befanden, ſetzt’ er ihm ſeine Anſichten auseinander: „ſei wer Du willſt, ſtamme meinetwegen von hohen Eltern, .... denn daß Du nicht auf der Straße gefunden wurdeſt, merk’ ich wohl; Eines iſt ſicher: Du biſt ohne Geld, ohne Mittel, ohne Ausſichten; ein Vagabund wie man ihn nur verlangen kann. Dein Schickſal hat Dich mit mir zuſammen gefuͤhrt. Das Schickſal thut nichts vergebens; bei Allem was geſchieht waltet eine hoͤhere Abſicht. Deshalb muͤſ- ſen wir die Dinge nehmen, wie ſie ſind und Vortheil zu ziehen ſuchen aus jeder Schickung. Jch will mei- nen Vortheil durch Dich ſuchen, das ſag’ ich Dir geradezu, ohne Hinterhalt. Haſt Du etwas Anderes vor, weißt Du beſſere Auskunft fuͤr Dich, dann ſag’s eben ſo ehrlich und wir trennen uns. Meinſt Du aber auch, daß unſere Vortheile ſich vereinigen laſſen,
<TEI><text><body><pbfacs="#f0089"n="85"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Fuͤnfundfuͤnfzigſtes Kapitel.</hi></head><lb/><argument><p><hirendition="#c">Anton iſt wiederum in Gefahr ſich ſelbſt zu verlieren. — Ein Carbonaro.</hi></p></argument><lb/><p>Geronimo wußte ſchon, was er wollte, wenn er<lb/>
Anton abhielt, die Geige zu vernichten, auf deren<lb/>
Wirkung er gerechnet, um die Proſa der Kameeltrei-<lb/>
berei mit einigem Zucker muſikaliſcher Poeſie zu<lb/>
beſtreuen. Wie ſie ſich erſt wieder auf dem Marſch<lb/>
befanden, ſetzt’ er ihm ſeine Anſichten auseinander:<lb/>„ſei wer Du willſt, ſtamme meinetwegen von hohen<lb/>
Eltern, .... denn daß Du nicht auf der Straße<lb/>
gefunden wurdeſt, merk’ ich wohl; Eines iſt ſicher:<lb/>
Du biſt ohne Geld, ohne Mittel, ohne Ausſichten;<lb/>
ein Vagabund wie man ihn nur verlangen kann.<lb/>
Dein Schickſal hat Dich mit mir zuſammen gefuͤhrt.<lb/>
Das Schickſal thut nichts vergebens; bei Allem was<lb/>
geſchieht waltet eine hoͤhere Abſicht. Deshalb muͤſ-<lb/>ſen wir die Dinge nehmen, wie ſie ſind und Vortheil<lb/>
zu ziehen ſuchen aus jeder Schickung. Jch will mei-<lb/>
nen Vortheil durch Dich ſuchen, das ſag’ ich Dir<lb/>
geradezu, ohne Hinterhalt. Haſt Du etwas Anderes<lb/>
vor, weißt Du beſſere Auskunft fuͤr Dich, dann ſag’s<lb/>
eben ſo ehrlich und wir trennen uns. Meinſt Du<lb/>
aber auch, daß unſere Vortheile ſich vereinigen laſſen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[85/0089]
Fuͤnfundfuͤnfzigſtes Kapitel.
Anton iſt wiederum in Gefahr ſich ſelbſt zu verlieren. — Ein Carbonaro.
Geronimo wußte ſchon, was er wollte, wenn er
Anton abhielt, die Geige zu vernichten, auf deren
Wirkung er gerechnet, um die Proſa der Kameeltrei-
berei mit einigem Zucker muſikaliſcher Poeſie zu
beſtreuen. Wie ſie ſich erſt wieder auf dem Marſch
befanden, ſetzt’ er ihm ſeine Anſichten auseinander:
„ſei wer Du willſt, ſtamme meinetwegen von hohen
Eltern, .... denn daß Du nicht auf der Straße
gefunden wurdeſt, merk’ ich wohl; Eines iſt ſicher:
Du biſt ohne Geld, ohne Mittel, ohne Ausſichten;
ein Vagabund wie man ihn nur verlangen kann.
Dein Schickſal hat Dich mit mir zuſammen gefuͤhrt.
Das Schickſal thut nichts vergebens; bei Allem was
geſchieht waltet eine hoͤhere Abſicht. Deshalb muͤſ-
ſen wir die Dinge nehmen, wie ſie ſind und Vortheil
zu ziehen ſuchen aus jeder Schickung. Jch will mei-
nen Vortheil durch Dich ſuchen, das ſag’ ich Dir
geradezu, ohne Hinterhalt. Haſt Du etwas Anderes
vor, weißt Du beſſere Auskunft fuͤr Dich, dann ſag’s
eben ſo ehrlich und wir trennen uns. Meinſt Du
aber auch, daß unſere Vortheile ſich vereinigen laſſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/89>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.