Anton auf der Reise bei ihm gesehen zu haben sich erinnerte, fehlten.
Es wurde nach Polizeibeamten gesendet.
Unterdessen näherte sich Anton in aufrichtiger Betrübniß der Leiche. Er war weit entfernt, da er ihr wehmüthig in's gebrochene Auge blickte, an sich selbst und daran zu denken, wie dieser schnelle Tod so viele jungkeimende Hoffnungen mit kalter Hand erstickt habe. Doch wurde er, ohne es zu wollen, daran erinnert, als er sich über's Bett neigte, um die Schriftzüge zu lesen, welche das Blatt in Theodor's Hand enthielt. Er las:
"Noch bei klarem Bewußtsein und Herr meiner Gedanken, fühl' ich den Tod mir nahen. Jch setze daher meinen letzten Willen fest und ernenne zum Universal-Erben meines Vermögens, namentlich der Herrschaft Liebenau, meinen Pfleger, Freund und Herzens-Bruder Ant .........."
Hier hatte die Kraft des Sterbenden nicht mehr ausgereicht.
Anton zog das Blatt leise aus den starren Fin- gern, drückt' es an seine Lippen und legte es dann in seine Brieftasche, neben die ihm von Carino hinter- lassenen Zeilen.
Anton auf der Reiſe bei ihm geſehen zu haben ſich erinnerte, fehlten.
Es wurde nach Polizeibeamten geſendet.
Unterdeſſen naͤherte ſich Anton in aufrichtiger Betruͤbniß der Leiche. Er war weit entfernt, da er ihr wehmuͤthig in’s gebrochene Auge blickte, an ſich ſelbſt und daran zu denken, wie dieſer ſchnelle Tod ſo viele jungkeimende Hoffnungen mit kalter Hand erſtickt habe. Doch wurde er, ohne es zu wollen, daran erinnert, als er ſich uͤber’s Bett neigte, um die Schriftzuͤge zu leſen, welche das Blatt in Theodor’s Hand enthielt. Er las:
„Noch bei klarem Bewußtſein und Herr meiner Gedanken, fuͤhl’ ich den Tod mir nahen. Jch ſetze daher meinen letzten Willen feſt und ernenne zum Univerſal-Erben meines Vermoͤgens, namentlich der Herrſchaft Liebenau, meinen Pfleger, Freund und Herzens-Bruder Ant ..........“
Hier hatte die Kraft des Sterbenden nicht mehr ausgereicht.
Anton zog das Blatt leiſe aus den ſtarren Fin- gern, druͤckt’ es an ſeine Lippen und legte es dann in ſeine Brieftaſche, neben die ihm von Carino hinter- laſſenen Zeilen.
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Anton auf der Reiſe bei ihm geſehen zu haben ſich
erinnerte, fehlten.
Es wurde nach Polizeibeamten geſendet.
Unterdeſſen naͤherte ſich Anton in aufrichtiger
Betruͤbniß der Leiche. Er war weit entfernt, da er
ihr wehmuͤthig in’s gebrochene Auge blickte, an ſich
ſelbſt und daran zu denken, wie dieſer ſchnelle Tod
ſo viele jungkeimende Hoffnungen mit kalter Hand
erſtickt habe. Doch wurde er, ohne es zu wollen,
daran erinnert, als er ſich uͤber’s Bett neigte, um die
Schriftzuͤge zu leſen, welche das Blatt in Theodor’s
Hand enthielt. Er las:
„Noch bei klarem Bewußtſein und Herr meiner
Gedanken, fuͤhl’ ich den Tod mir nahen. Jch ſetze
daher meinen letzten Willen feſt und ernenne zum
Univerſal-Erben meines Vermoͤgens, namentlich der
Herrſchaft Liebenau, meinen Pfleger, Freund und
Herzens-Bruder Ant ..........“
Hier hatte die Kraft des Sterbenden nicht mehr
ausgereicht.
Anton zog das Blatt leiſe aus den ſtarren Fin-
gern, druͤckt’ es an ſeine Lippen und legte es dann in
ſeine Brieftaſche, neben die ihm von Carino hinter-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/57>, abgerufen am 26.07.2024.
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