Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

liebe Gegenwart gemildert würden. Verhärten Sie
Jhr Gefühl n[ic]ht gegen diesen Fingerzeig von Oben;
beglücken Sie mich durch Jhre Zusage; willigen Sie
ein, mein Erbe zu werden! Wir halten uns nicht in
Pisa auf; wir reisen ohne Aufschub heim; wir eilen
so viel meine Schwäche gestattet nach Liebenau. Mich
dünkt im Schatten unserer Wälder müßte sich's sanft
und ruhig sterben lassen! -- Anton, willst Du bei
mir bleiben, als Freund und Bruder?"

Mich ruft eine heilige Pflicht nach Pisa, antwor-
tete Anton, sehr ernst gestimmt durch die wunderbare
Wendung die dies Gespräch unerwartet genommen.
Jch soll dort wie ich hoffe Nachrichten empfangen
über mich, meine Herkunft, meine Vergangenheit und
Zukunft. Können Sie sich entschließen, so lange zu
verweilen, bis alle Schritte gethan sind, die ich dort
zu thun mir vorgesetzt, dann bin ich bereit, Sie fürder
zu begleiten; bin bereit, bei Jhnen auszuharren und
durch brüderliche Pflege an Jhnen gut zu machen
und zu sühnen, was -- nicht Verzauberung, Theo-
dor, belügen wir uns nicht; nein, was Leichtsinn,
heißes Blut, ungestüme Jugend gesündiget. Von
dem großmüthigen, aber unausführbaren Gedanken,
mich zu Jhrem Erben einzusetzen, werden Sie in

liebe Gegenwart gemildert wuͤrden. Verhaͤrten Sie
Jhr Gefuͤhl n[ic]ht gegen dieſen Fingerzeig von Oben;
begluͤcken Sie mich durch Jhre Zuſage; willigen Sie
ein, mein Erbe zu werden! Wir halten uns nicht in
Piſa auf; wir reiſen ohne Aufſchub heim; wir eilen
ſo viel meine Schwaͤche geſtattet nach Liebenau. Mich
duͤnkt im Schatten unſerer Waͤlder muͤßte ſich’s ſanft
und ruhig ſterben laſſen! — Anton, willſt Du bei
mir bleiben, als Freund und Bruder?“

Mich ruft eine heilige Pflicht nach Piſa, antwor-
tete Anton, ſehr ernſt geſtimmt durch die wunderbare
Wendung die dies Geſpraͤch unerwartet genommen.
Jch ſoll dort wie ich hoffe Nachrichten empfangen
uͤber mich, meine Herkunft, meine Vergangenheit und
Zukunft. Koͤnnen Sie ſich entſchließen, ſo lange zu
verweilen, bis alle Schritte gethan ſind, die ich dort
zu thun mir vorgeſetzt, dann bin ich bereit, Sie fuͤrder
zu begleiten; bin bereit, bei Jhnen auszuharren und
durch bruͤderliche Pflege an Jhnen gut zu machen
und zu ſuͤhnen, was — nicht Verzauberung, Theo-
dor, beluͤgen wir uns nicht; nein, was Leichtſinn,
heißes Blut, ungeſtuͤme Jugend geſuͤndiget. Von
dem großmuͤthigen, aber unausfuͤhrbaren Gedanken,
mich zu Jhrem Erben einzuſetzen, werden Sie in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="47"/>
liebe Gegenwart gemildert wu&#x0364;rden. Verha&#x0364;rten Sie<lb/>
Jhr Gefu&#x0364;hl n<supplied>ic</supplied>ht gegen die&#x017F;en Fingerzeig von Oben;<lb/>
beglu&#x0364;cken Sie mich durch Jhre Zu&#x017F;age; willigen Sie<lb/>
ein, mein Erbe zu werden! Wir halten uns nicht in<lb/>
Pi&#x017F;a auf; wir rei&#x017F;en ohne Auf&#x017F;chub heim; wir eilen<lb/>
&#x017F;o viel meine Schwa&#x0364;che ge&#x017F;tattet nach Liebenau. Mich<lb/>
du&#x0364;nkt im Schatten un&#x017F;erer Wa&#x0364;lder mu&#x0364;ßte &#x017F;ich&#x2019;s &#x017F;anft<lb/>
und ruhig &#x017F;terben la&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; Anton, will&#x017F;t Du bei<lb/>
mir bleiben, als Freund und Bruder?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mich ruft eine heilige Pflicht nach Pi&#x017F;a, antwor-<lb/>
tete Anton, &#x017F;ehr ern&#x017F;t ge&#x017F;timmt durch die wunderbare<lb/>
Wendung die dies Ge&#x017F;pra&#x0364;ch unerwartet genommen.<lb/>
Jch &#x017F;oll dort wie ich hoffe Nachrichten empfangen<lb/>
u&#x0364;ber mich, meine Herkunft, meine Vergangenheit und<lb/>
Zukunft. Ko&#x0364;nnen Sie &#x017F;ich ent&#x017F;chließen, &#x017F;o lange zu<lb/>
verweilen, bis alle Schritte gethan &#x017F;ind, die ich dort<lb/>
zu thun mir vorge&#x017F;etzt, dann bin ich bereit, Sie fu&#x0364;rder<lb/>
zu begleiten; bin bereit, bei Jhnen auszuharren und<lb/>
durch bru&#x0364;derliche Pflege an Jhnen gut zu machen<lb/>
und zu &#x017F;u&#x0364;hnen, was &#x2014; nicht Verzauberung, Theo-<lb/>
dor, belu&#x0364;gen wir uns nicht; nein, was Leicht&#x017F;inn,<lb/>
heißes Blut, unge&#x017F;tu&#x0364;me Jugend ge&#x017F;u&#x0364;ndiget. Von<lb/>
dem großmu&#x0364;thigen, aber unausfu&#x0364;hrbaren Gedanken,<lb/>
mich zu Jhrem Erben einzu&#x017F;etzen, werden Sie in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0051] liebe Gegenwart gemildert wuͤrden. Verhaͤrten Sie Jhr Gefuͤhl nicht gegen dieſen Fingerzeig von Oben; begluͤcken Sie mich durch Jhre Zuſage; willigen Sie ein, mein Erbe zu werden! Wir halten uns nicht in Piſa auf; wir reiſen ohne Aufſchub heim; wir eilen ſo viel meine Schwaͤche geſtattet nach Liebenau. Mich duͤnkt im Schatten unſerer Waͤlder muͤßte ſich’s ſanft und ruhig ſterben laſſen! — Anton, willſt Du bei mir bleiben, als Freund und Bruder?“ Mich ruft eine heilige Pflicht nach Piſa, antwor- tete Anton, ſehr ernſt geſtimmt durch die wunderbare Wendung die dies Geſpraͤch unerwartet genommen. Jch ſoll dort wie ich hoffe Nachrichten empfangen uͤber mich, meine Herkunft, meine Vergangenheit und Zukunft. Koͤnnen Sie ſich entſchließen, ſo lange zu verweilen, bis alle Schritte gethan ſind, die ich dort zu thun mir vorgeſetzt, dann bin ich bereit, Sie fuͤrder zu begleiten; bin bereit, bei Jhnen auszuharren und durch bruͤderliche Pflege an Jhnen gut zu machen und zu ſuͤhnen, was — nicht Verzauberung, Theo- dor, beluͤgen wir uns nicht; nein, was Leichtſinn, heißes Blut, ungeſtuͤme Jugend geſuͤndiget. Von dem großmuͤthigen, aber unausfuͤhrbaren Gedanken, mich zu Jhrem Erben einzuſetzen, werden Sie in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/51
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/51>, abgerufen am 27.11.2024.