Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.nun, deren lustige Schwenkungen so häufig jubeln- Dreher ging an diesen seinen Kasperle erst ganz Dann wieder küßte der Greis das Puppenantlitz, Nach gethaner Arbeit verkaufte er, oder ließ er Die Vagabunden. III. 18
nun, deren luſtige Schwenkungen ſo haͤufig jubeln- Dreher ging an dieſen ſeinen Kasperle erſt ganz Dann wieder kuͤßte der Greis das Puppenantlitz, Nach gethaner Arbeit verkaufte er, oder ließ er Die Vagabunden. III. 18
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="273"/> nun, deren luſtige Schwenkungen ſo haͤufig jubeln-<lb/> den Beifall erregt hatten; dieſes altkluge Zwergen-<lb/> geſicht mit dem beweglichen Munde, den rollenden<lb/> Augen; dieſer ganze kleine Kerl ſollte nun zerſtoͤrt<lb/> werden. Es ſchien eine Art von Menſchenmord.</p><lb/> <p>Dreher ging an dieſen ſeinen Kasperle erſt ganz<lb/> zuletzt, erſt nachdem rings umher ſchon aufgeraͤumt<lb/> war. Und als er das lebloſe Ding, dem er ſo oft<lb/> Leben, Geiſt, Humor eingehaucht, jetzt auf den Tiſch<lb/> warf, ſchrie er laut auf: komm her, Bruder Kasperle,<lb/> ich muß dich ſeciren!</p><lb/> <p>Dann wieder kuͤßte der Greis das Puppenantlitz,<lb/> laut ſchluchzend: mein Kasperle, mein Bruͤderl muß<lb/> ſterben; legt’s mich zu ihm in’s Grab; was wird<lb/> aus mir ohne meinen Kasperle?</p><lb/> <p>Nach gethaner Arbeit verkaufte er, oder ließ er<lb/> durch Anton verkaufen, was er an brauchbarem und<lb/> unbrauchbaren Geraͤth, Kleidungsſtuͤcken der Verſtor-<lb/> benen u. ſ. w. noch beſaß, raffte den beſcheidenen<lb/> Ertrag zuſammen und kaufte ſich in ein am Orte<lb/> befindliches Altes-Maͤnner-Hospital mit dieſem<lb/> Suͤmmchen ein, wo man ihn gern aufnahm, in der<lb/> Vorausſicht, daß er nicht mehr lange den erkauften<lb/> Platz in Anſpruch nehmen werde. Sein Abſchied<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Die Vagabunden. <hi rendition="#aq">III.</hi> 18</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [273/0277]
nun, deren luſtige Schwenkungen ſo haͤufig jubeln-
den Beifall erregt hatten; dieſes altkluge Zwergen-
geſicht mit dem beweglichen Munde, den rollenden
Augen; dieſer ganze kleine Kerl ſollte nun zerſtoͤrt
werden. Es ſchien eine Art von Menſchenmord.
Dreher ging an dieſen ſeinen Kasperle erſt ganz
zuletzt, erſt nachdem rings umher ſchon aufgeraͤumt
war. Und als er das lebloſe Ding, dem er ſo oft
Leben, Geiſt, Humor eingehaucht, jetzt auf den Tiſch
warf, ſchrie er laut auf: komm her, Bruder Kasperle,
ich muß dich ſeciren!
Dann wieder kuͤßte der Greis das Puppenantlitz,
laut ſchluchzend: mein Kasperle, mein Bruͤderl muß
ſterben; legt’s mich zu ihm in’s Grab; was wird
aus mir ohne meinen Kasperle?
Nach gethaner Arbeit verkaufte er, oder ließ er
durch Anton verkaufen, was er an brauchbarem und
unbrauchbaren Geraͤth, Kleidungsſtuͤcken der Verſtor-
benen u. ſ. w. noch beſaß, raffte den beſcheidenen
Ertrag zuſammen und kaufte ſich in ein am Orte
befindliches Altes-Maͤnner-Hospital mit dieſem
Suͤmmchen ein, wo man ihn gern aufnahm, in der
Vorausſicht, daß er nicht mehr lange den erkauften
Platz in Anſpruch nehmen werde. Sein Abſchied
Die Vagabunden. III. 18
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