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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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tiget und verpflichtet war; indem er mir mit aufrich-
tigen Thränen schilderte, wie er nur ihre Gräber
besuchen können; führte ihn der Fortgang seiner Reise-
berichte auch nach Liebenau zum Oheim, dem alten
Pastor Karich. Mit der ihm eigenen Lebendigkeit,
mit seinem Talent, dem Hörer Menschen und Umge-
bungen anschaulich zu machen, beschrieb er mir sei-
nen Oheim, die Neffen, das Schloß, den Gutsherrn,
dessen drei Töchter, die Wälder um's Dorf, den lan-
gen Spaziergang, die Weinlaube, den lauen Som-
mer-Abend bei kühlem Trunke, den schönen Korb-
macherjungen, der ihn durch den Vortrag einer alten
Melodie auf der Geige gerührt habe ....

Schon wie er von der Großmutter dieses jungen
Burschen gesprochen, an deren Häuschen sie, das
Dorf entlang vorbeizogen, und wo die Fräulein
bestellten: "Anton" solle auf's Schloß kommen,
sobald er aus dem Walde heimkehre; -- schon wie
er mir die alte Frau mit Worten malte, meinte ich
in diesem Bilde meine Mutter zu erkennen. Später,
da er auf Dich kam, blieb mir fast kein Zweifel mehr,
daß dieser Anton mein Anton, derselbe sei, den ich
mit der Melodie von den drei Reitern so oft in Schlaf
gesungen! Ja, er war es, er mußte es sein. "Mein

tiget und verpflichtet war; indem er mir mit aufrich-
tigen Thraͤnen ſchilderte, wie er nur ihre Graͤber
beſuchen koͤnnen; fuͤhrte ihn der Fortgang ſeiner Reiſe-
berichte auch nach Liebenau zum Oheim, dem alten
Paſtor Karich. Mit der ihm eigenen Lebendigkeit,
mit ſeinem Talent, dem Hoͤrer Menſchen und Umge-
bungen anſchaulich zu machen, beſchrieb er mir ſei-
nen Oheim, die Neffen, das Schloß, den Gutsherrn,
deſſen drei Toͤchter, die Waͤlder um’s Dorf, den lan-
gen Spaziergang, die Weinlaube, den lauen Som-
mer-Abend bei kuͤhlem Trunke, den ſchoͤnen Korb-
macherjungen, der ihn durch den Vortrag einer alten
Melodie auf der Geige geruͤhrt habe ....

Schon wie er von der Großmutter dieſes jungen
Burſchen geſprochen, an deren Haͤuschen ſie, das
Dorf entlang vorbeizogen, und wo die Fraͤulein
beſtellten: „Anton“ ſolle auf’s Schloß kommen,
ſobald er aus dem Walde heimkehre; — ſchon wie
er mir die alte Frau mit Worten malte, meinte ich
in dieſem Bilde meine Mutter zu erkennen. Spaͤter,
da er auf Dich kam, blieb mir faſt kein Zweifel mehr,
daß dieſer Anton mein Anton, derſelbe ſei, den ich
mit der Melodie von den drei Reitern ſo oft in Schlaf
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[263/0267] tiget und verpflichtet war; indem er mir mit aufrich- tigen Thraͤnen ſchilderte, wie er nur ihre Graͤber beſuchen koͤnnen; fuͤhrte ihn der Fortgang ſeiner Reiſe- berichte auch nach Liebenau zum Oheim, dem alten Paſtor Karich. Mit der ihm eigenen Lebendigkeit, mit ſeinem Talent, dem Hoͤrer Menſchen und Umge- bungen anſchaulich zu machen, beſchrieb er mir ſei- nen Oheim, die Neffen, das Schloß, den Gutsherrn, deſſen drei Toͤchter, die Waͤlder um’s Dorf, den lan- gen Spaziergang, die Weinlaube, den lauen Som- mer-Abend bei kuͤhlem Trunke, den ſchoͤnen Korb- macherjungen, der ihn durch den Vortrag einer alten Melodie auf der Geige geruͤhrt habe .... Schon wie er von der Großmutter dieſes jungen Burſchen geſprochen, an deren Haͤuschen ſie, das Dorf entlang vorbeizogen, und wo die Fraͤulein beſtellten: „Anton“ ſolle auf’s Schloß kommen, ſobald er aus dem Walde heimkehre; — ſchon wie er mir die alte Frau mit Worten malte, meinte ich in dieſem Bilde meine Mutter zu erkennen. Spaͤter, da er auf Dich kam, blieb mir faſt kein Zweifel mehr, daß dieſer Anton mein Anton, derſelbe ſei, den ich mit der Melodie von den drei Reitern ſo oft in Schlaf geſungen! Ja, er war es, er mußte es ſein. „Mein

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/267>, abgerufen am 27.11.2024.