Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

gung ihrer und meiner Eltern Braut nennen darf,
wäre niemals die Meinige geworden, wenn mein
Vater geahnet hätte, daß frühere Versprechungen und
Gelübde auf mir lasten. So adelstolz mein würdiger
Vater immer sein mag, stehen doch sein Gerechtig-
keitssinn und sein Ehrgefühl über seinem Stolze. Er
würde mir, wenn er gewußt, wie niederträchtig und
falsch ich an Dir handelte, Antoinette, nur freigestellt
haben, mir eine Kugel durch den Kopf zu schießen,
oder Dich zum Altare zu führen. Meine Liebe für
Comtesse Julie ist so rein, so innig, so unbesieglich,
daß ich, nachdem einer Deiner Briefe in meines
Vaters Hände fiel, mir keinen andern Rath wußte,
als dies Verhältniß zu Dir wie eine flüchtige leicht-
erkaufte Liebelei darzustellen, für welche man geneigt
war, mir Verzeihung zu gönnen. Das konnte nicht
geschehen, ohne Dich schmählich zu verleumden;
das habe ich gethan. -- Du kommst, Dich zu
rächen? Thu' es. Jn Deiner Macht liegt es, meines
Lebens und meiner Liebe Glück zu vernichten. Folge
Deinem gerechten Zorn. An meinem Leben liegt mir
nichts, ohne Julie; meine Liebe zu dieser kann nur
mit meinem Leben erlöschen.

gung ihrer und meiner Eltern Braut nennen darf,
waͤre niemals die Meinige geworden, wenn mein
Vater geahnet haͤtte, daß fruͤhere Verſprechungen und
Geluͤbde auf mir laſten. So adelſtolz mein wuͤrdiger
Vater immer ſein mag, ſtehen doch ſein Gerechtig-
keitsſinn und ſein Ehrgefuͤhl uͤber ſeinem Stolze. Er
wuͤrde mir, wenn er gewußt, wie niedertraͤchtig und
falſch ich an Dir handelte, Antoinette, nur freigeſtellt
haben, mir eine Kugel durch den Kopf zu ſchießen,
oder Dich zum Altare zu fuͤhren. Meine Liebe fuͤr
Comteſſe Julie iſt ſo rein, ſo innig, ſo unbeſieglich,
daß ich, nachdem einer Deiner Briefe in meines
Vaters Haͤnde fiel, mir keinen andern Rath wußte,
als dies Verhaͤltniß zu Dir wie eine fluͤchtige leicht-
erkaufte Liebelei darzuſtellen, fuͤr welche man geneigt
war, mir Verzeihung zu goͤnnen. Das konnte nicht
geſchehen, ohne Dich ſchmaͤhlich zu verleumden;
das habe ich gethan. — Du kommſt, Dich zu
raͤchen? Thu’ es. Jn Deiner Macht liegt es, meines
Lebens und meiner Liebe Gluͤck zu vernichten. Folge
Deinem gerechten Zorn. An meinem Leben liegt mir
nichts, ohne Julie; meine Liebe zu dieſer kann nur
mit meinem Leben erloͤſchen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="233"/>
gung ihrer und meiner Eltern Braut nennen darf,<lb/>
wa&#x0364;re niemals die Meinige geworden, wenn mein<lb/>
Vater geahnet ha&#x0364;tte, daß fru&#x0364;here Ver&#x017F;prechungen und<lb/>
Gelu&#x0364;bde auf mir la&#x017F;ten. So adel&#x017F;tolz mein wu&#x0364;rdiger<lb/>
Vater immer &#x017F;ein mag, &#x017F;tehen doch &#x017F;ein Gerechtig-<lb/>
keits&#x017F;inn und &#x017F;ein Ehrgefu&#x0364;hl u&#x0364;ber &#x017F;einem Stolze. Er<lb/>
wu&#x0364;rde mir, wenn er gewußt, wie niedertra&#x0364;chtig und<lb/>
fal&#x017F;ch ich an Dir handelte, Antoinette, nur freige&#x017F;tellt<lb/>
haben, mir eine Kugel durch den Kopf zu &#x017F;chießen,<lb/>
oder Dich zum Altare zu fu&#x0364;hren. Meine Liebe fu&#x0364;r<lb/>
Comte&#x017F;&#x017F;e Julie i&#x017F;t &#x017F;o rein, &#x017F;o innig, &#x017F;o unbe&#x017F;ieglich,<lb/>
daß ich, nachdem einer Deiner Briefe in meines<lb/>
Vaters Ha&#x0364;nde fiel, mir keinen andern Rath wußte,<lb/>
als dies Verha&#x0364;ltniß zu Dir wie eine flu&#x0364;chtige leicht-<lb/>
erkaufte Liebelei darzu&#x017F;tellen, fu&#x0364;r welche man geneigt<lb/>
war, mir Verzeihung zu go&#x0364;nnen. Das konnte nicht<lb/>
ge&#x017F;chehen, ohne Dich &#x017F;chma&#x0364;hlich zu verleumden;<lb/>
das habe ich gethan. &#x2014; Du komm&#x017F;t, Dich zu<lb/>
ra&#x0364;chen? Thu&#x2019; es. Jn Deiner Macht liegt es, meines<lb/>
Lebens und meiner Liebe Glu&#x0364;ck zu vernichten. Folge<lb/>
Deinem gerechten Zorn. An meinem Leben liegt mir<lb/>
nichts, ohne Julie; meine Liebe zu die&#x017F;er kann nur<lb/>
mit meinem Leben erlo&#x0364;&#x017F;chen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0237] gung ihrer und meiner Eltern Braut nennen darf, waͤre niemals die Meinige geworden, wenn mein Vater geahnet haͤtte, daß fruͤhere Verſprechungen und Geluͤbde auf mir laſten. So adelſtolz mein wuͤrdiger Vater immer ſein mag, ſtehen doch ſein Gerechtig- keitsſinn und ſein Ehrgefuͤhl uͤber ſeinem Stolze. Er wuͤrde mir, wenn er gewußt, wie niedertraͤchtig und falſch ich an Dir handelte, Antoinette, nur freigeſtellt haben, mir eine Kugel durch den Kopf zu ſchießen, oder Dich zum Altare zu fuͤhren. Meine Liebe fuͤr Comteſſe Julie iſt ſo rein, ſo innig, ſo unbeſieglich, daß ich, nachdem einer Deiner Briefe in meines Vaters Haͤnde fiel, mir keinen andern Rath wußte, als dies Verhaͤltniß zu Dir wie eine fluͤchtige leicht- erkaufte Liebelei darzuſtellen, fuͤr welche man geneigt war, mir Verzeihung zu goͤnnen. Das konnte nicht geſchehen, ohne Dich ſchmaͤhlich zu verleumden; das habe ich gethan. — Du kommſt, Dich zu raͤchen? Thu’ es. Jn Deiner Macht liegt es, meines Lebens und meiner Liebe Gluͤck zu vernichten. Folge Deinem gerechten Zorn. An meinem Leben liegt mir nichts, ohne Julie; meine Liebe zu dieſer kann nur mit meinem Leben erloͤſchen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/237
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/237>, abgerufen am 18.05.2024.