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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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bestimmt gewesen wären; fragte sie, ob sie diese
Frechheit wirklich begangen hätten? Sie läugneten
gar nicht. Die Bildhauerin meinte: wofür denn
sonst hätt' ich kuppeln sollen, wenn ich's nicht für's
Geld gethan; und weil meine Christel Dir den Jun-
ker ließ, so durfte sie wohl die Geschenke statt Dei-
ner nehmen. Etwas mußte sie doch haben!

Gut, sagt' ich, wenn Jhr denn schaamlos genug
seid, Eure eigene Schlechtigkeit zu gestehen, so ver-
hehlt die Wahrheit nicht vor der alten Gräfin; gebt
mir eine Schrift, worin Jhr erklärt, daß nichts von
Allem, was durch Eure Hände ging, jemals in die
meinigen kam; bestätigt mir, daß ich auch nicht die
geringste Gabe, nicht das kleinste Geschenk vom Gra-
fen Guido erhielt. Da müßten wir sehr dumm sein,
nahm nun der Bildhauer das Wort, wenn wir eine
solche Schrift ausstellen wollten; die könnte uns
schlecht bekommen; was geschenkt ist, ist einmal
geschenkt und kein Wort mehr davon! Zugleich wies
er mir die Thür.

Christine bat, sie möchten mich bei dem furchtba-
ren Regengusse nicht fortschicken. Jedoch ich ging;
eh' ich das Zimmer verließ, wendete ich mich noch
einmal nach den drei Leuten um und schrie mit dem

beſtimmt geweſen waͤren; fragte ſie, ob ſie dieſe
Frechheit wirklich begangen haͤtten? Sie laͤugneten
gar nicht. Die Bildhauerin meinte: wofuͤr denn
ſonſt haͤtt’ ich kuppeln ſollen, wenn ich’s nicht fuͤr’s
Geld gethan; und weil meine Chriſtel Dir den Jun-
ker ließ, ſo durfte ſie wohl die Geſchenke ſtatt Dei-
ner nehmen. Etwas mußte ſie doch haben!

Gut, ſagt’ ich, wenn Jhr denn ſchaamlos genug
ſeid, Eure eigene Schlechtigkeit zu geſtehen, ſo ver-
hehlt die Wahrheit nicht vor der alten Graͤfin; gebt
mir eine Schrift, worin Jhr erklaͤrt, daß nichts von
Allem, was durch Eure Haͤnde ging, jemals in die
meinigen kam; beſtaͤtigt mir, daß ich auch nicht die
geringſte Gabe, nicht das kleinſte Geſchenk vom Gra-
fen Guido erhielt. Da muͤßten wir ſehr dumm ſein,
nahm nun der Bildhauer das Wort, wenn wir eine
ſolche Schrift ausſtellen wollten; die koͤnnte uns
ſchlecht bekommen; was geſchenkt iſt, iſt einmal
geſchenkt und kein Wort mehr davon! Zugleich wies
er mir die Thuͤr.

Chriſtine bat, ſie moͤchten mich bei dem furchtba-
ren Regenguſſe nicht fortſchicken. Jedoch ich ging;
eh’ ich das Zimmer verließ, wendete ich mich noch
einmal nach den drei Leuten um und ſchrie mit dem

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[218/0222] beſtimmt geweſen waͤren; fragte ſie, ob ſie dieſe Frechheit wirklich begangen haͤtten? Sie laͤugneten gar nicht. Die Bildhauerin meinte: wofuͤr denn ſonſt haͤtt’ ich kuppeln ſollen, wenn ich’s nicht fuͤr’s Geld gethan; und weil meine Chriſtel Dir den Jun- ker ließ, ſo durfte ſie wohl die Geſchenke ſtatt Dei- ner nehmen. Etwas mußte ſie doch haben! Gut, ſagt’ ich, wenn Jhr denn ſchaamlos genug ſeid, Eure eigene Schlechtigkeit zu geſtehen, ſo ver- hehlt die Wahrheit nicht vor der alten Graͤfin; gebt mir eine Schrift, worin Jhr erklaͤrt, daß nichts von Allem, was durch Eure Haͤnde ging, jemals in die meinigen kam; beſtaͤtigt mir, daß ich auch nicht die geringſte Gabe, nicht das kleinſte Geſchenk vom Gra- fen Guido erhielt. Da muͤßten wir ſehr dumm ſein, nahm nun der Bildhauer das Wort, wenn wir eine ſolche Schrift ausſtellen wollten; die koͤnnte uns ſchlecht bekommen; was geſchenkt iſt, iſt einmal geſchenkt und kein Wort mehr davon! Zugleich wies er mir die Thuͤr. Chriſtine bat, ſie moͤchten mich bei dem furchtba- ren Regenguſſe nicht fortſchicken. Jedoch ich ging; eh’ ich das Zimmer verließ, wendete ich mich noch einmal nach den drei Leuten um und ſchrie mit dem

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/222>, abgerufen am 26.11.2024.