verlangen wolle, daß sie fernerhin dafür arbeiten solle.
Sie erklärte geradezu, daß sie von der unbeding- ten Aufnahme des jungen Mannes, von seinem Zu- sammenleben und Sein mit ihnen, ihre eigene weitere Theilnahme abhängig mache, wobei denn, obgleich nur andeutungsweise, zur Sprache gelangte, daß Frau Dreher keinesweges die Gattin des Herrn Dreher sei. Letzterer wußte zu wohl, was er und seine Pup- pen an der armen sanften Dulderin besaßen. Sie bekleidete seine Könige und Bettler mit Geschmack und Fleiß; sie hielt die Lampen in Ordnung; sie sorgte für's Hauswesen; und sie sprach sämmtliche Frauen- und Mädchen-Rollen mit jenem rührenden, zitternden, verschleierten Tone, der jedes Hörers Herz bewegte.
Jhr, die keine Freude mehr hatte, noch suchte; die keine Forderung machte, Herrn Dreher sonst in Allem gewähren ließ, -- ihr konnte die einzige, erste an ihn gerichtete Bitte nicht verweigert werden. Anton wurde, nachdem er den üblichen Eid abgelegt und unverbrüchliches Schweigen beschworen, in die alt- löbliche Zunft deutscher Puppenspieler als Lehrjunge aufgenommen.
Sie erklaͤrte geradezu, daß ſie von der unbeding- ten Aufnahme des jungen Mannes, von ſeinem Zu- ſammenleben und Sein mit ihnen, ihre eigene weitere Theilnahme abhaͤngig mache, wobei denn, obgleich nur andeutungsweiſe, zur Sprache gelangte, daß Frau Dreher keinesweges die Gattin des Herrn Dreher ſei. Letzterer wußte zu wohl, was er und ſeine Pup- pen an der armen ſanften Dulderin beſaßen. Sie bekleidete ſeine Koͤnige und Bettler mit Geſchmack und Fleiß; ſie hielt die Lampen in Ordnung; ſie ſorgte fuͤr’s Hausweſen; und ſie ſprach ſaͤmmtliche Frauen- und Maͤdchen-Rollen mit jenem ruͤhrenden, zitternden, verſchleierten Tone, der jedes Hoͤrers Herz bewegte.
Jhr, die keine Freude mehr hatte, noch ſuchte; die keine Forderung machte, Herrn Dreher ſonſt in Allem gewaͤhren ließ, — ihr konnte die einzige, erſte an ihn gerichtete Bitte nicht verweigert werden. Anton wurde, nachdem er den uͤblichen Eid abgelegt und unverbruͤchliches Schweigen beſchworen, in die alt- loͤbliche Zunft deutſcher Puppenſpieler als Lehrjunge aufgenommen.
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verlangen wolle, daß ſie fernerhin dafuͤr arbeiten
ſolle.
Sie erklaͤrte geradezu, daß ſie von der unbeding-
ten Aufnahme des jungen Mannes, von ſeinem Zu-
ſammenleben und Sein mit ihnen, ihre eigene weitere
Theilnahme abhaͤngig mache, wobei denn, obgleich
nur andeutungsweiſe, zur Sprache gelangte, daß
Frau Dreher keinesweges die Gattin des Herrn Dreher
ſei. Letzterer wußte zu wohl, was er und ſeine Pup-
pen an der armen ſanften Dulderin beſaßen. Sie
bekleidete ſeine Koͤnige und Bettler mit Geſchmack
und Fleiß; ſie hielt die Lampen in Ordnung; ſie
ſorgte fuͤr’s Hausweſen; und ſie ſprach ſaͤmmtliche
Frauen- und Maͤdchen-Rollen mit jenem ruͤhrenden,
zitternden, verſchleierten Tone, der jedes Hoͤrers Herz
bewegte.
Jhr, die keine Freude mehr hatte, noch ſuchte; die
keine Forderung machte, Herrn Dreher ſonſt in Allem
gewaͤhren ließ, — ihr konnte die einzige, erſte an ihn
gerichtete Bitte nicht verweigert werden. Anton
wurde, nachdem er den uͤblichen Eid abgelegt und
unverbruͤchliches Schweigen beſchworen, in die alt-
loͤbliche Zunft deutſcher Puppenſpieler als Lehrjunge
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/190>, abgerufen am 05.07.2024.
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