Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.legen wollen, mit heiler Haut und unausgekratzten Hier wehete ihm ein anderer Geist entgegen. Von legen wollen, mit heiler Haut und unausgekratzten Hier wehete ihm ein anderer Geiſt entgegen. Von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0166" n="162"/> legen wollen, mit heiler Haut und unausgekratzten<lb/> Augen entkommen zu ſein und begab ſich nach dem<lb/> Orte ſeiner neuen Beſtimmung, wo er im Oktober<lb/> anlangte.</p><lb/> <p>Hier wehete ihm ein anderer Geiſt entgegen. Von<lb/> Frivolitaͤt, wie er ſie kuͤrzlich kennen gelernt, ſchien<lb/> hier keine Spur zu entdecken; vielmehr waltete eine<lb/> faſt herrnhutiſche Neigung zu froͤmmelnder Strenge<lb/> vor, in welcher aber durchaus keine Heuchelei zu be-<lb/> merken war. Der ernſte Ton des Hauſes reichte bis<lb/> auf die Dienſtboten, die ſaͤmmtlich ein wenig erſtaunt<lb/> d’rein blickten, einen Juͤnger ſuͤndlicher Tanzluſt auf-<lb/> nehmen zu muͤſſen. Das Raͤthſel loͤſete ſich doch<lb/> bald. Die mittlere Tochter des Gutsherren (Anton<lb/> fand ſich durch die Dreizahl der Toͤchter an Liebenau<lb/> erinnert, wiewohl ſonſt nicht die geringſte Aehnlich-<lb/> keit der Verhaͤltniſſe auffiel) ſollte Braut werden;<lb/> der Braͤutigam wurde, wie die Dienſtboten ſich<lb/> ausdruͤckten: auf Brautſchau erwartet. Und da dieſe<lb/> Verbindung, des unſeligen Geldes wegen, erwuͤnſcht,<lb/> — ja nothwendig erſchien, ſo hatten ſich die frommen<lb/> Eltern entſchloſſen, von ihren religioͤſen Anſichten<lb/> einmal abzugehen und den Toͤchtern in aller Eil’<lb/> einen Anhauch von weltlichem Firniß zukommen zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [162/0166]
legen wollen, mit heiler Haut und unausgekratzten
Augen entkommen zu ſein und begab ſich nach dem
Orte ſeiner neuen Beſtimmung, wo er im Oktober
anlangte.
Hier wehete ihm ein anderer Geiſt entgegen. Von
Frivolitaͤt, wie er ſie kuͤrzlich kennen gelernt, ſchien
hier keine Spur zu entdecken; vielmehr waltete eine
faſt herrnhutiſche Neigung zu froͤmmelnder Strenge
vor, in welcher aber durchaus keine Heuchelei zu be-
merken war. Der ernſte Ton des Hauſes reichte bis
auf die Dienſtboten, die ſaͤmmtlich ein wenig erſtaunt
d’rein blickten, einen Juͤnger ſuͤndlicher Tanzluſt auf-
nehmen zu muͤſſen. Das Raͤthſel loͤſete ſich doch
bald. Die mittlere Tochter des Gutsherren (Anton
fand ſich durch die Dreizahl der Toͤchter an Liebenau
erinnert, wiewohl ſonſt nicht die geringſte Aehnlich-
keit der Verhaͤltniſſe auffiel) ſollte Braut werden;
der Braͤutigam wurde, wie die Dienſtboten ſich
ausdruͤckten: auf Brautſchau erwartet. Und da dieſe
Verbindung, des unſeligen Geldes wegen, erwuͤnſcht,
— ja nothwendig erſchien, ſo hatten ſich die frommen
Eltern entſchloſſen, von ihren religioͤſen Anſichten
einmal abzugehen und den Toͤchtern in aller Eil’
einen Anhauch von weltlichem Firniß zukommen zu
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