Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiundsechszigstes Kapitel.

Mirabel nimmt seinen Geiger mit auf's Land, wo dieser Belfall findet, jener
den Tod. -- Anton setzet das Geschäft weiter fort. -- Wie er einem alten
Gegner begegnet, der noch sehr jung ist.

Mirabel kam Antons Wünschen zuvor. Der Früh-
ling trieb ihn ohnehin aus der Stadt, auf ländilche
Weide. Sie schlossen einen neuen Vertrag, erneuer-
ten vielmehr den alten und sagten dem lieben E.
Valet.

Von ihrem Leben auf den Landschlössern, in den
Beamtenhäusern, die beide nun wechselnd bezogen
und nach vierwöchentlichem Aufenthalte wieder ver-
ließen, ist wenig zu berichten, was unsern Anton
angeht. Jmmer die alte Leier: gedankenloses Her-
geigen der alten Tanzmelodieen; dann aber, sobald
dieses überstanden: Einsamkeit im Feld, im Freien,
im Grünen. Da lebte der junge Mann recht eigent-
lich seiner männlichen Entwickelung; da lernte er
denken, indem er verglich, erwog, und sinnend an sich
bildete.

Was ihn umgab, ließ ihn gleichgültig. Was er
durchlebt hatte, galt ihm nur in sofern noch für
wichtig, als er die Eindrücke zu erforschen strebte,

Zweiundſechszigſtes Kapitel.

Mirabel nimmt ſeinen Geiger mit auf’s Land, wo dieſer Belfall findet, jener
den Tod. — Anton ſetzet das Geſchäft weiter fort. — Wie er einem alten
Gegner begegnet, der noch ſehr jung iſt.

Mirabel kam Antons Wuͤnſchen zuvor. Der Fruͤh-
ling trieb ihn ohnehin aus der Stadt, auf laͤndilche
Weide. Sie ſchloſſen einen neuen Vertrag, erneuer-
ten vielmehr den alten und ſagten dem lieben E.
Valet.

Von ihrem Leben auf den Landſchloͤſſern, in den
Beamtenhaͤuſern, die beide nun wechſelnd bezogen
und nach vierwoͤchentlichem Aufenthalte wieder ver-
ließen, iſt wenig zu berichten, was unſern Anton
angeht. Jmmer die alte Leier: gedankenloſes Her-
geigen der alten Tanzmelodieen; dann aber, ſobald
dieſes uͤberſtanden: Einſamkeit im Feld, im Freien,
im Gruͤnen. Da lebte der junge Mann recht eigent-
lich ſeiner maͤnnlichen Entwickelung; da lernte er
denken, indem er verglich, erwog, und ſinnend an ſich
bildete.

Was ihn umgab, ließ ihn gleichguͤltig. Was er
durchlebt hatte, galt ihm nur in ſofern noch fuͤr
wichtig, als er die Eindruͤcke zu erforſchen ſtrebte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0158" n="154"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Zweiund&#x017F;echszig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c">Mirabel nimmt &#x017F;einen Geiger mit auf&#x2019;s Land, wo die&#x017F;er Belfall findet, jener<lb/>
den Tod. &#x2014; Anton &#x017F;etzet das Ge&#x017F;chäft weiter fort. &#x2014; Wie er einem alten<lb/>
Gegner begegnet, der noch &#x017F;ehr jung i&#x017F;t.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Mirabel kam Antons Wu&#x0364;n&#x017F;chen zuvor. Der Fru&#x0364;h-<lb/>
ling trieb ihn ohnehin aus der Stadt, auf la&#x0364;ndilche<lb/>
Weide. Sie &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en einen neuen Vertrag, erneuer-<lb/>
ten vielmehr den alten und &#x017F;agten dem lieben E.<lb/>
Valet.</p><lb/>
        <p>Von ihrem Leben auf den Land&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, in den<lb/>
Beamtenha&#x0364;u&#x017F;ern, die beide nun wech&#x017F;elnd bezogen<lb/>
und nach vierwo&#x0364;chentlichem Aufenthalte wieder ver-<lb/>
ließen, i&#x017F;t wenig zu berichten, was un&#x017F;ern Anton<lb/>
angeht. Jmmer die alte Leier: gedankenlo&#x017F;es Her-<lb/>
geigen der alten Tanzmelodieen; dann aber, &#x017F;obald<lb/>
die&#x017F;es u&#x0364;ber&#x017F;tanden: Ein&#x017F;amkeit im Feld, im Freien,<lb/>
im Gru&#x0364;nen. Da lebte der junge Mann recht eigent-<lb/>
lich &#x017F;einer ma&#x0364;nnlichen Entwickelung; da <hi rendition="#g">lernte</hi> er<lb/>
denken, indem er verglich, erwog, und &#x017F;innend an &#x017F;ich<lb/>
bildete.</p><lb/>
        <p>Was ihn umgab, ließ ihn gleichgu&#x0364;ltig. Was er<lb/>
durchlebt <hi rendition="#g">hatte,</hi> galt ihm nur in &#x017F;ofern noch fu&#x0364;r<lb/>
wichtig, als er die Eindru&#x0364;cke zu erfor&#x017F;chen &#x017F;trebte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0158] Zweiundſechszigſtes Kapitel. Mirabel nimmt ſeinen Geiger mit auf’s Land, wo dieſer Belfall findet, jener den Tod. — Anton ſetzet das Geſchäft weiter fort. — Wie er einem alten Gegner begegnet, der noch ſehr jung iſt. Mirabel kam Antons Wuͤnſchen zuvor. Der Fruͤh- ling trieb ihn ohnehin aus der Stadt, auf laͤndilche Weide. Sie ſchloſſen einen neuen Vertrag, erneuer- ten vielmehr den alten und ſagten dem lieben E. Valet. Von ihrem Leben auf den Landſchloͤſſern, in den Beamtenhaͤuſern, die beide nun wechſelnd bezogen und nach vierwoͤchentlichem Aufenthalte wieder ver- ließen, iſt wenig zu berichten, was unſern Anton angeht. Jmmer die alte Leier: gedankenloſes Her- geigen der alten Tanzmelodieen; dann aber, ſobald dieſes uͤberſtanden: Einſamkeit im Feld, im Freien, im Gruͤnen. Da lebte der junge Mann recht eigent- lich ſeiner maͤnnlichen Entwickelung; da lernte er denken, indem er verglich, erwog, und ſinnend an ſich bildete. Was ihn umgab, ließ ihn gleichguͤltig. Was er durchlebt hatte, galt ihm nur in ſofern noch fuͤr wichtig, als er die Eindruͤcke zu erforſchen ſtrebte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/158
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/158>, abgerufen am 17.05.2024.