gen, schien ihm so wenig an eine körperliche Form gebunden, daß Anton's Einbildungskraft sich kein Jndividuum dabei vorstellte. Jhm war es die Dicht- kunst selbst, die zu ihm redete durch den lebensreich- sten deutschen Dichter. Und jetzt sollt' er vernehmen, daß in dieser kleinen Stadt, wohin sein Wanderspiel ihn geworfen, dieser noch als Mensch unter gewöhn- lichen Menschen lebende Poet, die armseligen Placke- reien und Qualen anderer Geschöpfe mit erdulde; daß Er es nicht verschmäht habe, dem leichtsinnigen Treiben der Bretterwelt Führer zu sein! daß ein Hund Jhn verdrängt habe! -- Anton hätte den Hausknecht umarmen mögen!
Steht es also um die Götter dieser Erde, rief er aus; sind auch sie dem Elend unterworfen, Staub- gebor'ne zu heißen? Nun, dann wär' es ja Zeit, zu lächeln bei eigenem Jammer und von Allem was sich mit uns begiebt, nur die lustige Seite herauszukeh- ren. Das will ich von nun an, -- aber sehen will ich Jhn, bevor ich meinen Stab weiter setze!
Und er sah ihn; sah ihn des anderen Morgens am Fenster stehen, es öffnen, einen Athemzug aus reiner Winterluft schöpfen, sein Auge zum hellen kal- ten Neujahrshimmel hinauf heben! -- und nachdem
gen, ſchien ihm ſo wenig an eine koͤrperliche Form gebunden, daß Anton’s Einbildungskraft ſich kein Jndividuum dabei vorſtellte. Jhm war es die Dicht- kunſt ſelbſt, die zu ihm redete durch den lebensreich- ſten deutſchen Dichter. Und jetzt ſollt’ er vernehmen, daß in dieſer kleinen Stadt, wohin ſein Wanderſpiel ihn geworfen, dieſer noch als Menſch unter gewoͤhn- lichen Menſchen lebende Poet, die armſeligen Placke- reien und Qualen anderer Geſchoͤpfe mit erdulde; daß Er es nicht verſchmaͤht habe, dem leichtſinnigen Treiben der Bretterwelt Fuͤhrer zu ſein! daß ein Hund Jhn verdraͤngt habe! — Anton haͤtte den Hausknecht umarmen moͤgen!
Steht es alſo um die Goͤtter dieſer Erde, rief er aus; ſind auch ſie dem Elend unterworfen, Staub- gebor’ne zu heißen? Nun, dann waͤr’ es ja Zeit, zu laͤcheln bei eigenem Jammer und von Allem was ſich mit uns begiebt, nur die luſtige Seite herauszukeh- ren. Das will ich von nun an, — aber ſehen will ich Jhn, bevor ich meinen Stab weiter ſetze!
Und er ſah ihn; ſah ihn des anderen Morgens am Fenſter ſtehen, es oͤffnen, einen Athemzug aus reiner Winterluft ſchoͤpfen, ſein Auge zum hellen kal- ten Neujahrshimmel hinauf heben! — und nachdem
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gen, ſchien ihm ſo wenig an eine koͤrperliche Form
gebunden, daß Anton’s Einbildungskraft ſich kein
Jndividuum dabei vorſtellte. Jhm war es die Dicht-
kunſt ſelbſt, die zu ihm redete durch den lebensreich-
ſten deutſchen Dichter. Und jetzt ſollt’ er vernehmen,
daß in dieſer kleinen Stadt, wohin ſein Wanderſpiel
ihn geworfen, dieſer noch als Menſch unter gewoͤhn-
lichen Menſchen lebende Poet, die armſeligen Placke-
reien und Qualen anderer Geſchoͤpfe mit erdulde;
daß Er es nicht verſchmaͤht habe, dem leichtſinnigen
Treiben der Bretterwelt Fuͤhrer zu ſein! daß ein
Hund Jhn verdraͤngt habe! — Anton haͤtte den
Hausknecht umarmen moͤgen!
Steht es alſo um die Goͤtter dieſer Erde, rief er
aus; ſind auch ſie dem Elend unterworfen, Staub-
gebor’ne zu heißen? Nun, dann waͤr’ es ja Zeit, zu
laͤcheln bei eigenem Jammer und von Allem was ſich
mit uns begiebt, nur die luſtige Seite herauszukeh-
ren. Das will ich von nun an, — aber ſehen will
ich Jhn, bevor ich meinen Stab weiter ſetze!
Und er ſah ihn; ſah ihn des anderen Morgens
am Fenſter ſtehen, es oͤffnen, einen Athemzug aus
reiner Winterluft ſchoͤpfen, ſein Auge zum hellen kal-
ten Neujahrshimmel hinauf heben! — und nachdem
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/146>, abgerufen am 26.06.2024.
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