Unglück wäre! Es wird ohne ihn auch gehen und wir haben doch den Hund gehabt, so gut wie jede andere Residenz und brauchen uns nicht mehr zu schämen, daß wir zurückgeblieben sind!"
Jst der abgegangene Direktor auch ein Schau- spieler? fragte Anton, ziemlich gleichgültig.
Gott behüte, erwiederte der Hausknecht; der ist ein Dichter: der -- -- Und jetzt hörte unser Freund einen Namen, an dessen Klang sich für ihn der zwie- fache Zauber: jugendlicher Liebesträume und erster poetischer Eindrückte knüpfte; einen Namen, in dessen Gefolge eine Welt von Liedern wach wurde, die nur im Gedächtniß schlummernd eines Wortes bedurften, um frisch aufzuleben; einen Namen, den Anton tau- send- und aber tausendmal gedacht, ausgesprochen, seitdem er ihn kannte, ohne daran zu denken, daß er einem Lebenden gehöre; daß Derjenige, der ihn trug, überhaupt jemals gleich anderen Menschen auf Erden gelebt habe! Wenn Anton auf dem Titelblatt eines gedruckten Buches diesen Namen gelesen, war ihm stets unmöglich gewesen, denselben in seiner Phan- tasie mit irgend einer Persönlichkeit in Verbindung zu bringen; dieser Geist, gerade weil derselbe das Rein- Menschliche in allen Tiefen und Höhen durchdrun-
Ungluͤck waͤre! Es wird ohne ihn auch gehen und wir haben doch den Hund gehabt, ſo gut wie jede andere Reſidenz und brauchen uns nicht mehr zu ſchaͤmen, daß wir zuruͤckgeblieben ſind!“
Jſt der abgegangene Direktor auch ein Schau- ſpieler? fragte Anton, ziemlich gleichguͤltig.
Gott behuͤte, erwiederte der Hausknecht; der iſt ein Dichter: der — — Und jetzt hoͤrte unſer Freund einen Namen, an deſſen Klang ſich fuͤr ihn der zwie- fache Zauber: jugendlicher Liebestraͤume und erſter poetiſcher Eindruͤckte knuͤpfte; einen Namen, in deſſen Gefolge eine Welt von Liedern wach wurde, die nur im Gedaͤchtniß ſchlummernd eines Wortes bedurften, um friſch aufzuleben; einen Namen, den Anton tau- ſend- und aber tauſendmal gedacht, ausgeſprochen, ſeitdem er ihn kannte, ohne daran zu denken, daß er einem Lebenden gehoͤre; daß Derjenige, der ihn trug, uͤberhaupt jemals gleich anderen Menſchen auf Erden gelebt habe! Wenn Anton auf dem Titelblatt eines gedruckten Buches dieſen Namen geleſen, war ihm ſtets unmoͤglich geweſen, denſelben in ſeiner Phan- taſie mit irgend einer Perſoͤnlichkeit in Verbindung zu bringen; dieſer Geiſt, gerade weil derſelbe das Rein- Menſchliche in allen Tiefen und Hoͤhen durchdrun-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="141"/>
Ungluͤck waͤre! Es wird ohne ihn auch gehen und wir<lb/>
haben doch den Hund gehabt, ſo gut wie jede andere<lb/>
Reſidenz und brauchen uns nicht mehr zu ſchaͤmen,<lb/>
daß wir zuruͤckgeblieben ſind!“</p><lb/><p>Jſt der abgegangene Direktor auch ein Schau-<lb/>ſpieler? fragte Anton, ziemlich gleichguͤltig.</p><lb/><p>Gott behuͤte, erwiederte der Hausknecht; der iſt<lb/>
ein Dichter: der —— Und jetzt hoͤrte unſer Freund<lb/>
einen Namen, an deſſen Klang ſich fuͤr ihn der zwie-<lb/>
fache Zauber: jugendlicher Liebestraͤume und erſter<lb/>
poetiſcher Eindruͤckte knuͤpfte; einen Namen, in deſſen<lb/>
Gefolge eine Welt von Liedern wach wurde, die nur<lb/>
im Gedaͤchtniß ſchlummernd eines Wortes bedurften,<lb/>
um friſch aufzuleben; einen Namen, den Anton tau-<lb/>ſend- und aber tauſendmal gedacht, ausgeſprochen,<lb/>ſeitdem er ihn kannte, ohne <hirendition="#g">daran</hi> zu denken, daß<lb/>
er einem Lebenden gehoͤre; daß Derjenige, der ihn<lb/>
trug, uͤberhaupt jemals gleich anderen Menſchen auf<lb/>
Erden gelebt habe! Wenn Anton auf dem Titelblatt<lb/>
eines gedruckten Buches <hirendition="#g">dieſen</hi> Namen geleſen, war<lb/>
ihm ſtets unmoͤglich geweſen, denſelben in ſeiner Phan-<lb/>
taſie mit irgend einer Perſoͤnlichkeit in Verbindung zu<lb/>
bringen; dieſer Geiſt, gerade weil derſelbe das Rein-<lb/>
Menſchliche in allen Tiefen und Hoͤhen durchdrun-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[141/0145]
Ungluͤck waͤre! Es wird ohne ihn auch gehen und wir
haben doch den Hund gehabt, ſo gut wie jede andere
Reſidenz und brauchen uns nicht mehr zu ſchaͤmen,
daß wir zuruͤckgeblieben ſind!“
Jſt der abgegangene Direktor auch ein Schau-
ſpieler? fragte Anton, ziemlich gleichguͤltig.
Gott behuͤte, erwiederte der Hausknecht; der iſt
ein Dichter: der — — Und jetzt hoͤrte unſer Freund
einen Namen, an deſſen Klang ſich fuͤr ihn der zwie-
fache Zauber: jugendlicher Liebestraͤume und erſter
poetiſcher Eindruͤckte knuͤpfte; einen Namen, in deſſen
Gefolge eine Welt von Liedern wach wurde, die nur
im Gedaͤchtniß ſchlummernd eines Wortes bedurften,
um friſch aufzuleben; einen Namen, den Anton tau-
ſend- und aber tauſendmal gedacht, ausgeſprochen,
ſeitdem er ihn kannte, ohne daran zu denken, daß
er einem Lebenden gehoͤre; daß Derjenige, der ihn
trug, uͤberhaupt jemals gleich anderen Menſchen auf
Erden gelebt habe! Wenn Anton auf dem Titelblatt
eines gedruckten Buches dieſen Namen geleſen, war
ihm ſtets unmoͤglich geweſen, denſelben in ſeiner Phan-
taſie mit irgend einer Perſoͤnlichkeit in Verbindung zu
bringen; dieſer Geiſt, gerade weil derſelbe das Rein-
Menſchliche in allen Tiefen und Hoͤhen durchdrun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/145>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.