ein, ließen Pferde, Hirsche, Hasen die alten Künste machen, erholten sich bei einem Glase Dünnbier, spiel- ten unterweilen eine Partie langen Puff, gingen mit den Hühnern schlafen und Anton Hahn lernte sogar aus einer langen langen Tabak-Pfeife schmauchen.
O, wenn Laura ihn so gesehen! ...
Ja, wenn er sich nur selbst hätte sehen können, wie man einen Dritten sieht! ... Welchen Effekt würde er auf sich selbst hervorgebracht haben!
Wohl sagte er bisweilen, wenn er die Gegenwart mit seiner Vergangenheit verglich: es kommt nur noch auf ein Jahr an, bis ich völlig verdumme; dann ist Alles in Ordnung und ich hege dann weiter keine Wünsche mehr, und habe kein Bedürfniß; -- höch- stens etwa einen Hund. Es müßte aber ein solider Hund sein, wie ich.
Kästner zeigte sich um so zufriedener mit Anton, je ähnlicher sich dieser ihm zeigte. Sie führten ein friedfertiges, stilles, gähnendes Dasein mit einander. Auch bezahlte der Herr den Diener gut, -- seinen Umständen gemäß. Weil aber die Umstände den Ein- nahmen gemäß gewöhnlich schlecht waren, so konnte auch die gute Bezahlung nur eine schlechte sein. An- ton klagte nicht. Er hatte Alles frei und erhielt bis-
ein, ließen Pferde, Hirſche, Haſen die alten Kuͤnſte machen, erholten ſich bei einem Glaſe Duͤnnbier, ſpiel- ten unterweilen eine Partie langen Puff, gingen mit den Huͤhnern ſchlafen und Anton Hahn lernte ſogar aus einer langen langen Tabak-Pfeife ſchmauchen.
O, wenn Laura ihn ſo geſehen! ...
Ja, wenn er ſich nur ſelbſt haͤtte ſehen koͤnnen, wie man einen Dritten ſieht! ... Welchen Effekt wuͤrde er auf ſich ſelbſt hervorgebracht haben!
Wohl ſagte er bisweilen, wenn er die Gegenwart mit ſeiner Vergangenheit verglich: es kommt nur noch auf ein Jahr an, bis ich voͤllig verdumme; dann iſt Alles in Ordnung und ich hege dann weiter keine Wuͤnſche mehr, und habe kein Beduͤrfniß; — hoͤch- ſtens etwa einen Hund. Es muͤßte aber ein ſolider Hund ſein, wie ich.
Kaͤſtner zeigte ſich um ſo zufriedener mit Anton, je aͤhnlicher ſich dieſer ihm zeigte. Sie fuͤhrten ein friedfertiges, ſtilles, gaͤhnendes Daſein mit einander. Auch bezahlte der Herr den Diener gut, — ſeinen Umſtaͤnden gemaͤß. Weil aber die Umſtaͤnde den Ein- nahmen gemaͤß gewoͤhnlich ſchlecht waren, ſo konnte auch die gute Bezahlung nur eine ſchlechte ſein. An- ton klagte nicht. Er hatte Alles frei und erhielt bis-
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ein, ließen Pferde, Hirſche, Haſen die alten Kuͤnſte
machen, erholten ſich bei einem Glaſe Duͤnnbier, ſpiel-
ten unterweilen eine Partie langen Puff, gingen mit
den Huͤhnern ſchlafen und Anton Hahn lernte ſogar
aus einer langen langen Tabak-Pfeife ſchmauchen.
O, wenn Laura ihn ſo geſehen! ...
Ja, wenn er ſich nur ſelbſt haͤtte ſehen koͤnnen,
wie man einen Dritten ſieht! ... Welchen Effekt wuͤrde
er auf ſich ſelbſt hervorgebracht haben!
Wohl ſagte er bisweilen, wenn er die Gegenwart
mit ſeiner Vergangenheit verglich: es kommt nur
noch auf ein Jahr an, bis ich voͤllig verdumme; dann
iſt Alles in Ordnung und ich hege dann weiter keine
Wuͤnſche mehr, und habe kein Beduͤrfniß; — hoͤch-
ſtens etwa einen Hund. Es muͤßte aber ein ſolider
Hund ſein, wie ich.
Kaͤſtner zeigte ſich um ſo zufriedener mit Anton,
je aͤhnlicher ſich dieſer ihm zeigte. Sie fuͤhrten ein
friedfertiges, ſtilles, gaͤhnendes Daſein mit einander.
Auch bezahlte der Herr den Diener gut, — ſeinen
Umſtaͤnden gemaͤß. Weil aber die Umſtaͤnde den Ein-
nahmen gemaͤß gewoͤhnlich ſchlecht waren, ſo konnte
auch die gute Bezahlung nur eine ſchlechte ſein. An-
ton klagte nicht. Er hatte Alles frei und erhielt bis-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/111>, abgerufen am 05.07.2024.
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