Salon seines Schwagers, des Herrn Ministers Ex- cellenz gegen Kneipen und Spiel-Spelunken zu ver- tauschen. Seine Eigenschaft als Spieler von Pro- fession zieht ihn zum Hauptmann, der dies auch ist, den er aber daneben vollständig verachtet und für einen gemeinen Kerl erklärt. Jener bleibt ihm nichts schuldig und nennt ihn einen Säufer, was sich leider auch bestätiget. So leben diese Menschen in stetem Kampfe, ohne sich entbehren zu können und belustigen ihre Gefährten, durch die witzigen Bitterkeiten, die sie sich in's Gesicht werfen. Während der Sommer- monate der Bade-Saison, vagabundiren sie auf Raub am grünen Tische im Lande umher. Der freundlich- ernste Mann auf der anderen Seite der Tafel, dem Sie leicht abmerken werden, daß er zu Jhnen nicht paßt, und daß er halb und halb wider seinen Willen in ihrer Gesellschaft weilt, ist ein Re[ch]tsgelehrter, ein würdiger Beamter, bei dem sogar fromme Richtungen vorherrschen, der aber daneben eine so leidenschaftliche Vorliebe für Poesie und Literatur besitzt, daß er Die- jenigen, die darin etwas leisten, aufsuchen müßte, wenn sie auch schon in der Hölle schwitzten. Jn die- ser sch witzt nun gewissermaßen der neben ihm aus einem scharfen Vogelgesicht herausglurende kleine
Salon ſeines Schwagers, des Herrn Miniſters Ex- cellenz gegen Kneipen und Spiel-Spelunken zu ver- tauſchen. Seine Eigenſchaft als Spieler von Pro- feſſion zieht ihn zum Hauptmann, der dies auch iſt, den er aber daneben vollſtaͤndig verachtet und fuͤr einen gemeinen Kerl erklaͤrt. Jener bleibt ihm nichts ſchuldig und nennt ihn einen Saͤufer, was ſich leider auch beſtaͤtiget. So leben dieſe Menſchen in ſtetem Kampfe, ohne ſich entbehren zu koͤnnen und beluſtigen ihre Gefaͤhrten, durch die witzigen Bitterkeiten, die ſie ſich in’s Geſicht werfen. Waͤhrend der Sommer- monate der Bade-Saiſon, vagabundiren ſie auf Raub am gruͤnen Tiſche im Lande umher. Der freundlich- ernſte Mann auf der anderen Seite der Tafel, dem Sie leicht abmerken werden, daß er zu Jhnen nicht paßt, und daß er halb und halb wider ſeinen Willen in ihrer Geſellſchaft weilt, iſt ein Re[ch]tsgelehrter, ein wuͤrdiger Beamter, bei dem ſogar fromme Richtungen vorherrſchen, der aber daneben eine ſo leidenſchaftliche Vorliebe fuͤr Poeſie und Literatur beſitzt, daß er Die- jenigen, die darin etwas leiſten, aufſuchen muͤßte, wenn ſie auch ſchon in der Hoͤlle ſchwitzten. Jn die- ſer ſch witzt nun gewiſſermaßen der neben ihm aus einem ſcharfen Vogelgeſicht herausglurende kleine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0076"n="74"/>
Salon ſeines Schwagers, des Herrn Miniſters Ex-<lb/>
cellenz gegen Kneipen und Spiel-Spelunken zu ver-<lb/>
tauſchen. Seine Eigenſchaft als Spieler von Pro-<lb/>
feſſion zieht ihn zum Hauptmann, der dies auch iſt,<lb/>
den er aber daneben vollſtaͤndig verachtet und fuͤr<lb/>
einen gemeinen Kerl erklaͤrt. Jener bleibt ihm nichts<lb/>ſchuldig und nennt ihn einen Saͤufer, was ſich leider<lb/>
auch beſtaͤtiget. So leben dieſe Menſchen in ſtetem<lb/>
Kampfe, ohne ſich entbehren zu koͤnnen und beluſtigen<lb/>
ihre Gefaͤhrten, durch die witzigen Bitterkeiten, die<lb/>ſie ſich in’s Geſicht werfen. Waͤhrend der Sommer-<lb/>
monate der Bade-Saiſon, vagabundiren ſie auf Raub<lb/>
am gruͤnen Tiſche im Lande umher. Der freundlich-<lb/>
ernſte Mann auf der anderen Seite der Tafel, dem<lb/>
Sie leicht abmerken werden, daß er zu Jhnen nicht<lb/>
paßt, und daß er halb und halb wider ſeinen Willen<lb/>
in ihrer Geſellſchaft weilt, iſt ein Re<supplied>ch</supplied>tsgelehrter, ein<lb/>
wuͤrdiger Beamter, bei dem ſogar fromme Richtungen<lb/>
vorherrſchen, der aber daneben eine ſo leidenſchaftliche<lb/>
Vorliebe fuͤr Poeſie und Literatur beſitzt, daß er Die-<lb/>
jenigen, die darin etwas leiſten, aufſuchen muͤßte,<lb/>
wenn ſie auch ſchon in der Hoͤlle ſchwitzten. Jn die-<lb/>ſer ſch witzt nun gewiſſermaßen der neben ihm aus<lb/>
einem ſcharfen Vogelgeſicht herausglurende kleine<lb/></p></div></body></text></TEI>
[74/0076]
Salon ſeines Schwagers, des Herrn Miniſters Ex-
cellenz gegen Kneipen und Spiel-Spelunken zu ver-
tauſchen. Seine Eigenſchaft als Spieler von Pro-
feſſion zieht ihn zum Hauptmann, der dies auch iſt,
den er aber daneben vollſtaͤndig verachtet und fuͤr
einen gemeinen Kerl erklaͤrt. Jener bleibt ihm nichts
ſchuldig und nennt ihn einen Saͤufer, was ſich leider
auch beſtaͤtiget. So leben dieſe Menſchen in ſtetem
Kampfe, ohne ſich entbehren zu koͤnnen und beluſtigen
ihre Gefaͤhrten, durch die witzigen Bitterkeiten, die
ſie ſich in’s Geſicht werfen. Waͤhrend der Sommer-
monate der Bade-Saiſon, vagabundiren ſie auf Raub
am gruͤnen Tiſche im Lande umher. Der freundlich-
ernſte Mann auf der anderen Seite der Tafel, dem
Sie leicht abmerken werden, daß er zu Jhnen nicht
paßt, und daß er halb und halb wider ſeinen Willen
in ihrer Geſellſchaft weilt, iſt ein Rechtsgelehrter, ein
wuͤrdiger Beamter, bei dem ſogar fromme Richtungen
vorherrſchen, der aber daneben eine ſo leidenſchaftliche
Vorliebe fuͤr Poeſie und Literatur beſitzt, daß er Die-
jenigen, die darin etwas leiſten, aufſuchen muͤßte,
wenn ſie auch ſchon in der Hoͤlle ſchwitzten. Jn die-
ſer ſch witzt nun gewiſſermaßen der neben ihm aus
einem ſcharfen Vogelgeſicht herausglurende kleine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/76>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.