Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

nothwendig erachtete über ihn klagte, ließ Letzteren
nicht mit Unrecht vermuthen, das Ungeheuer sei noch
nicht gänzlich aus ihrer Gunst verbannt. Deshalb
empfand er, vorzüglich in den Rosenmonden seiner
Liebe zu ihr, nicht selten jene rückwirkende Eifersucht
die um so peinigender quält, wenn sie einem Unbe-
kannten gilt und folglich einer geschäftigen Phantasie
desto weiteren Spielraum darbietet.

Jetzt war nun dieser unbekannte Gegenstand sei-
ner Unruhe anwesend, er sollte ihn persönlich kennen,
sollte zugleich erfahren lernen, wie Madame Amelot
sich Herrn Amelot und ihm gegenüber benehmen
werde. Eine gefährliche Probe, für beide Theile!

Laura empfand dies nur allzusehr und suchte sich
zuvörderst den Rücken zu decken, durch die Erklärung:
sie werde nicht dulden, daß der Direktor das Unge-
heuer engagire, wenn es aber wider ihren Willen
geschehe, werde sie ohne Aufschub abreisen.

Und ich? fragte Anton; was wird mit mir?
Bindet nicht mein Kontrakt mich für noch länger als
zwei Jahre an Guillaume?

"So brich ihn und folge mir."

Niemals, Laura, niemals. Es wäre feig von uns
Beiden. Deine Flucht müßte den Menschen, der

nothwendig erachtete uͤber ihn klagte, ließ Letzteren
nicht mit Unrecht vermuthen, das Ungeheuer ſei noch
nicht gaͤnzlich aus ihrer Gunſt verbannt. Deshalb
empfand er, vorzuͤglich in den Roſenmonden ſeiner
Liebe zu ihr, nicht ſelten jene ruͤckwirkende Eiferſucht
die um ſo peinigender quaͤlt, wenn ſie einem Unbe-
kannten gilt und folglich einer geſchaͤftigen Phantaſie
deſto weiteren Spielraum darbietet.

Jetzt war nun dieſer unbekannte Gegenſtand ſei-
ner Unruhe anweſend, er ſollte ihn perſoͤnlich kennen,
ſollte zugleich erfahren lernen, wie Madame Amelot
ſich Herrn Amelot und ihm gegenuͤber benehmen
werde. Eine gefaͤhrliche Probe, fuͤr beide Theile!

Laura empfand dies nur allzuſehr und ſuchte ſich
zuvoͤrderſt den Ruͤcken zu decken, durch die Erklaͤrung:
ſie werde nicht dulden, daß der Direktor das Unge-
heuer engagire, wenn es aber wider ihren Willen
geſchehe, werde ſie ohne Aufſchub abreiſen.

Und ich? fragte Anton; was wird mit mir?
Bindet nicht mein Kontrakt mich fuͤr noch laͤnger als
zwei Jahre an Guillaume?

„So brich ihn und folge mir.“

Niemals, Laura, niemals. Es waͤre feig von uns
Beiden. Deine Flucht muͤßte den Menſchen, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0045" n="43"/>
nothwendig erachtete u&#x0364;ber ihn klagte, ließ Letzteren<lb/>
nicht mit Unrecht vermuthen, das Ungeheuer &#x017F;ei noch<lb/>
nicht ga&#x0364;nzlich aus ihrer Gun&#x017F;t verbannt. Deshalb<lb/>
empfand er, vorzu&#x0364;glich in den Ro&#x017F;enmonden &#x017F;einer<lb/>
Liebe zu ihr, nicht &#x017F;elten jene ru&#x0364;ckwirkende Eifer&#x017F;ucht<lb/>
die um &#x017F;o peinigender qua&#x0364;lt, wenn &#x017F;ie einem Unbe-<lb/>
kannten gilt und folglich einer ge&#x017F;cha&#x0364;ftigen Phanta&#x017F;ie<lb/>
de&#x017F;to weiteren Spielraum darbietet.</p><lb/>
        <p>Jetzt war nun die&#x017F;er unbekannte Gegen&#x017F;tand &#x017F;ei-<lb/>
ner Unruhe anwe&#x017F;end, er &#x017F;ollte ihn per&#x017F;o&#x0364;nlich kennen,<lb/>
&#x017F;ollte zugleich erfahren lernen, wie Madame Amelot<lb/>
&#x017F;ich Herrn Amelot und ihm gegenu&#x0364;ber benehmen<lb/>
werde. Eine gefa&#x0364;hrliche Probe, fu&#x0364;r beide Theile!</p><lb/>
        <p>Laura empfand dies nur allzu&#x017F;ehr und &#x017F;uchte &#x017F;ich<lb/>
zuvo&#x0364;rder&#x017F;t den Ru&#x0364;cken zu decken, durch die Erkla&#x0364;rung:<lb/>
&#x017F;ie werde nicht dulden, daß der Direktor das Unge-<lb/>
heuer engagire, wenn es aber wider ihren Willen<lb/>
ge&#x017F;chehe, werde &#x017F;ie ohne Auf&#x017F;chub abrei&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Und ich? fragte Anton; was wird mit mir?<lb/>
Bindet nicht mein Kontrakt mich fu&#x0364;r noch la&#x0364;nger als<lb/>
zwei Jahre an Guillaume?</p><lb/>
        <p>&#x201E;So brich ihn und folge mir.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Niemals, Laura, niemals. Es wa&#x0364;re feig von uns<lb/>
Beiden. Deine Flucht mu&#x0364;ßte den Men&#x017F;chen, der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0045] nothwendig erachtete uͤber ihn klagte, ließ Letzteren nicht mit Unrecht vermuthen, das Ungeheuer ſei noch nicht gaͤnzlich aus ihrer Gunſt verbannt. Deshalb empfand er, vorzuͤglich in den Roſenmonden ſeiner Liebe zu ihr, nicht ſelten jene ruͤckwirkende Eiferſucht die um ſo peinigender quaͤlt, wenn ſie einem Unbe- kannten gilt und folglich einer geſchaͤftigen Phantaſie deſto weiteren Spielraum darbietet. Jetzt war nun dieſer unbekannte Gegenſtand ſei- ner Unruhe anweſend, er ſollte ihn perſoͤnlich kennen, ſollte zugleich erfahren lernen, wie Madame Amelot ſich Herrn Amelot und ihm gegenuͤber benehmen werde. Eine gefaͤhrliche Probe, fuͤr beide Theile! Laura empfand dies nur allzuſehr und ſuchte ſich zuvoͤrderſt den Ruͤcken zu decken, durch die Erklaͤrung: ſie werde nicht dulden, daß der Direktor das Unge- heuer engagire, wenn es aber wider ihren Willen geſchehe, werde ſie ohne Aufſchub abreiſen. Und ich? fragte Anton; was wird mit mir? Bindet nicht mein Kontrakt mich fuͤr noch laͤnger als zwei Jahre an Guillaume? „So brich ihn und folge mir.“ Niemals, Laura, niemals. Es waͤre feig von uns Beiden. Deine Flucht muͤßte den Menſchen, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/45
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/45>, abgerufen am 03.10.2024.