Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

gens zu mir? Jod, der Jude, der Lump, der Schuft,
der uns in W. verrathen und die Gensd'armen über
den Hals geschickt, daß sie das ganze Nest ausnah-
men; weil wir ihn aus der Kompagnie gestoßen.
Jch springe zum Bett heraus und will ihn über die
Treppe werfen. Er schreit mir entgegen: gnädiger
Herr, eh' Sie mich schlagen, hören Sie, was ich
hab' Jhnen vorzuschlagen; nachschlagen können Sie
immer noch!

Bon! Jch denke: Du hast Recht; erst will ich
hören; über die Stufen fliegst Du zeitig genug. Aber
er flog nicht. Denn er kam als Bote des Obristen
U. (ein ächter, konsumirter Grec dieser Obrist, auf
Seele!) und brachte mir von diesem und in dessen
Namen den superbsten Vorschlag, dessen Ausführung
mir anvertraut wurde, den ich annahm, vorbereitete,
siegreich in's Leben setzte, -- und dessen Resultat ich
euch folgendermaßen, wie eine zarte Novelle, kunst-
voll und drastisch vortragen werde; mit dazu gehöri-
gen Chikanen und Effekten, wie ein Romanen-
schmierer.

Jn dem Gebirgsörtchen K., unweit der +++schen
Grenze, langt im Januar, durch tiefen Schnee, ein
einzelner Reisender mit gebrechlichem Wagen an, hält

20 *

gens zu mir? Jod, der Jude, der Lump, der Schuft,
der uns in W. verrathen und die Gensd’armen uͤber
den Hals geſchickt, daß ſie das ganze Neſt ausnah-
men; weil wir ihn aus der Kompagnie geſtoßen.
Jch ſpringe zum Bett heraus und will ihn uͤber die
Treppe werfen. Er ſchreit mir entgegen: gnaͤdiger
Herr, eh’ Sie mich ſchlagen, hoͤren Sie, was ich
hab’ Jhnen vorzuſchlagen; nachſchlagen koͤnnen Sie
immer noch!

Bon! Jch denke: Du haſt Recht; erſt will ich
hoͤren; uͤber die Stufen fliegſt Du zeitig genug. Aber
er flog nicht. Denn er kam als Bote des Obriſten
U. (ein aͤchter, konſumirter Grec dieſer Obriſt, auf
Seele!) und brachte mir von dieſem und in deſſen
Namen den ſuperbſten Vorſchlag, deſſen Ausfuͤhrung
mir anvertraut wurde, den ich annahm, vorbereitete,
ſiegreich in’s Leben ſetzte, — und deſſen Reſultat ich
euch folgendermaßen, wie eine zarte Novelle, kunſt-
voll und draſtiſch vortragen werde; mit dazu gehoͤri-
gen Chikanen und Effekten, wie ein Romanen-
ſchmierer.

Jn dem Gebirgsoͤrtchen K., unweit der †††ſchen
Grenze, langt im Januar, durch tiefen Schnee, ein
einzelner Reiſender mit gebrechlichem Wagen an, haͤlt

20 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0309" n="307"/>
gens zu mir? Jod, der Jude, der Lump, der Schuft,<lb/>
der uns in W. verrathen und die Gensd&#x2019;armen u&#x0364;ber<lb/>
den Hals ge&#x017F;chickt, daß &#x017F;ie das ganze Ne&#x017F;t ausnah-<lb/>
men; weil wir ihn aus der Kompagnie ge&#x017F;toßen.<lb/>
Jch &#x017F;pringe zum Bett heraus und will ihn u&#x0364;ber die<lb/>
Treppe werfen. Er &#x017F;chreit mir entgegen: gna&#x0364;diger<lb/>
Herr, eh&#x2019; Sie mich &#x017F;chlagen, ho&#x0364;ren Sie, was ich<lb/>
hab&#x2019; Jhnen vorzu&#x017F;chlagen; nach&#x017F;chlagen ko&#x0364;nnen Sie<lb/>
immer noch!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Bon!</hi> Jch denke: Du ha&#x017F;t Recht; er&#x017F;t will ich<lb/>
ho&#x0364;ren; u&#x0364;ber die Stufen flieg&#x017F;t Du zeitig genug. Aber<lb/>
er flog nicht. Denn er kam als Bote des Obri&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#aq">U.</hi> (ein a&#x0364;chter, kon&#x017F;umirter <hi rendition="#aq">Grec</hi> die&#x017F;er Obri&#x017F;t, auf<lb/>
Seele!) und brachte mir von die&#x017F;em und in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Namen den &#x017F;uperb&#x017F;ten Vor&#x017F;chlag, de&#x017F;&#x017F;en Ausfu&#x0364;hrung<lb/>
mir anvertraut wurde, den ich annahm, vorbereitete,<lb/>
&#x017F;iegreich in&#x2019;s Leben &#x017F;etzte, &#x2014; und de&#x017F;&#x017F;en Re&#x017F;ultat ich<lb/>
euch folgendermaßen, wie eine zarte Novelle, kun&#x017F;t-<lb/>
voll und dra&#x017F;ti&#x017F;ch vortragen werde; mit dazu geho&#x0364;ri-<lb/>
gen Chikanen und Effekten, wie ein Romanen-<lb/>
&#x017F;chmierer.</p><lb/>
        <p>Jn dem Gebirgso&#x0364;rtchen K., unweit der &#x2020;&#x2020;&#x2020;&#x017F;chen<lb/>
Grenze, langt im Januar, durch tiefen Schnee, ein<lb/>
einzelner Rei&#x017F;ender mit gebrechlichem Wagen an, ha&#x0364;lt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">20 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0309] gens zu mir? Jod, der Jude, der Lump, der Schuft, der uns in W. verrathen und die Gensd’armen uͤber den Hals geſchickt, daß ſie das ganze Neſt ausnah- men; weil wir ihn aus der Kompagnie geſtoßen. Jch ſpringe zum Bett heraus und will ihn uͤber die Treppe werfen. Er ſchreit mir entgegen: gnaͤdiger Herr, eh’ Sie mich ſchlagen, hoͤren Sie, was ich hab’ Jhnen vorzuſchlagen; nachſchlagen koͤnnen Sie immer noch! Bon! Jch denke: Du haſt Recht; erſt will ich hoͤren; uͤber die Stufen fliegſt Du zeitig genug. Aber er flog nicht. Denn er kam als Bote des Obriſten U. (ein aͤchter, konſumirter Grec dieſer Obriſt, auf Seele!) und brachte mir von dieſem und in deſſen Namen den ſuperbſten Vorſchlag, deſſen Ausfuͤhrung mir anvertraut wurde, den ich annahm, vorbereitete, ſiegreich in’s Leben ſetzte, — und deſſen Reſultat ich euch folgendermaßen, wie eine zarte Novelle, kunſt- voll und draſtiſch vortragen werde; mit dazu gehoͤri- gen Chikanen und Effekten, wie ein Romanen- ſchmierer. Jn dem Gebirgsoͤrtchen K., unweit der †††ſchen Grenze, langt im Januar, durch tiefen Schnee, ein einzelner Reiſender mit gebrechlichem Wagen an, haͤlt 20 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/309
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/309>, abgerufen am 25.11.2024.