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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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Das war denn immer die Losung zu abermaligem
Nichtsthun und Verschleudern eines kostbaren Tages.

Bei seinen Spaziergängen war ihm unter Anderen
ein alter Geiger aufgefallen, der täglich an der näm-
lichen Stelle sitzend, auf einer besseren Geige als
derlei Bettelmusikanten zu besitzen pflegen, von Früh
bis in die Nacht ununterbrochen ein und dasselbe
Stückchen aufspielte. Neben ihm stand ein Hut, für
milde Gaben bereit, doch selten lagen mehrere kleine
Münzen darin. Und doch war der Greis ehrwürdig
anzuschauen. Anton verfehlte niemals ihn zu
beschenken, wenn er an ihm vorüberging; sah aber
jedesmal mit Bedauern, daß es fast der Einzige sei,
der sich um den weißlockigen Unglücklichen beküm-
merte. Desto mehr erstaunte er, als er eines schönen
Tages, bei hellem Wetter, einen großen dicht
gedrängten Kreis von Menschen aller Stände um
seinen Schützling versammelt fand und schon von
Weitem laute Zeichen beifälligen Antheils vernahm,
die doch unmöglich dem unreinen Spiele des Bettlers
gelten konnten. Er drängte sich auch hinzu und ver-
nahm von dem Umstehenden, vor einigen Minuten
sei ein eleganter Herr mit einer schöngekleideten Dame
des Weges gekommen, habe erst mit dem Greise

Das war denn immer die Loſung zu abermaligem
Nichtsthun und Verſchleudern eines koſtbaren Tages.

Bei ſeinen Spaziergaͤngen war ihm unter Anderen
ein alter Geiger aufgefallen, der taͤglich an der naͤm-
lichen Stelle ſitzend, auf einer beſſeren Geige als
derlei Bettelmuſikanten zu beſitzen pflegen, von Fruͤh
bis in die Nacht ununterbrochen ein und daſſelbe
Stuͤckchen aufſpielte. Neben ihm ſtand ein Hut, fuͤr
milde Gaben bereit, doch ſelten lagen mehrere kleine
Muͤnzen darin. Und doch war der Greis ehrwuͤrdig
anzuſchauen. Anton verfehlte niemals ihn zu
beſchenken, wenn er an ihm voruͤberging; ſah aber
jedesmal mit Bedauern, daß es faſt der Einzige ſei,
der ſich um den weißlockigen Ungluͤcklichen bekuͤm-
merte. Deſto mehr erſtaunte er, als er eines ſchoͤnen
Tages, bei hellem Wetter, einen großen dicht
gedraͤngten Kreis von Menſchen aller Staͤnde um
ſeinen Schuͤtzling verſammelt fand und ſchon von
Weitem laute Zeichen beifaͤlligen Antheils vernahm,
die doch unmoͤglich dem unreinen Spiele des Bettlers
gelten konnten. Er draͤngte ſich auch hinzu und ver-
nahm von dem Umſtehenden, vor einigen Minuten
ſei ein eleganter Herr mit einer ſchoͤngekleideten Dame
des Weges gekommen, habe erſt mit dem Greiſe

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[270/0272] Das war denn immer die Loſung zu abermaligem Nichtsthun und Verſchleudern eines koſtbaren Tages. Bei ſeinen Spaziergaͤngen war ihm unter Anderen ein alter Geiger aufgefallen, der taͤglich an der naͤm- lichen Stelle ſitzend, auf einer beſſeren Geige als derlei Bettelmuſikanten zu beſitzen pflegen, von Fruͤh bis in die Nacht ununterbrochen ein und daſſelbe Stuͤckchen aufſpielte. Neben ihm ſtand ein Hut, fuͤr milde Gaben bereit, doch ſelten lagen mehrere kleine Muͤnzen darin. Und doch war der Greis ehrwuͤrdig anzuſchauen. Anton verfehlte niemals ihn zu beſchenken, wenn er an ihm voruͤberging; ſah aber jedesmal mit Bedauern, daß es faſt der Einzige ſei, der ſich um den weißlockigen Ungluͤcklichen bekuͤm- merte. Deſto mehr erſtaunte er, als er eines ſchoͤnen Tages, bei hellem Wetter, einen großen dicht gedraͤngten Kreis von Menſchen aller Staͤnde um ſeinen Schuͤtzling verſammelt fand und ſchon von Weitem laute Zeichen beifaͤlligen Antheils vernahm, die doch unmoͤglich dem unreinen Spiele des Bettlers gelten konnten. Er draͤngte ſich auch hinzu und ver- nahm von dem Umſtehenden, vor einigen Minuten ſei ein eleganter Herr mit einer ſchoͤngekleideten Dame des Weges gekommen, habe erſt mit dem Greiſe

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/272>, abgerufen am 24.11.2024.