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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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Er ging zu öffnen, .... und Käthchen drang
herein.

Jhr Abscheu vor Allem was dort zu sehen, war
so groß, daß sie gezwungen wurde, jenen Anblick zu
erwählen, der ihr der gefährlichste blieb. Sie hob
ihr feuchtes blaues Auge zu ihm auf. Schweigend
standen sie sich gegenüber; Anton in verlegenem,
bangem Erstaunen.

Der Abend dämmerte schon.

Einzelne Regentropfen schlugen gegen das kleine
Fenster.

Sonst vernahm man kein Geräusch.

Anton hörte sein eigenes Herz pochen.

Er fürchtete einen heftigen Auftritt; jenem ähnlich,
der ihn in Laura's Arme geführt.

Allerdings bot die Situation einige Aehnlichkeiten.
Doch war die blonde Britin kein Kind des Südens
und ihr ganzes Thun und Lassen mag sich zu jenem
der feurig-entschlossenen Madame Amelot verhalten
haben, wie es den nächsten Umgebungen anzupassen
schien: hier unbewegliche, stumme Menschenbilder, --
dort wilde, brüllende Thiere. Womit aber nicht
gesagt sein will, daß Laura's Empfindungen etwa

Er ging zu oͤffnen, .... und Kaͤthchen drang
herein.

Jhr Abſcheu vor Allem was dort zu ſehen, war
ſo groß, daß ſie gezwungen wurde, jenen Anblick zu
erwaͤhlen, der ihr der gefaͤhrlichſte blieb. Sie hob
ihr feuchtes blaues Auge zu ihm auf. Schweigend
ſtanden ſie ſich gegenuͤber; Anton in verlegenem,
bangem Erſtaunen.

Der Abend daͤmmerte ſchon.

Einzelne Regentropfen ſchlugen gegen das kleine
Fenſter.

Sonſt vernahm man kein Geraͤuſch.

Anton hoͤrte ſein eigenes Herz pochen.

Er fuͤrchtete einen heftigen Auftritt; jenem aͤhnlich,
der ihn in Laura’s Arme gefuͤhrt.

Allerdings bot die Situation einige Aehnlichkeiten.
Doch war die blonde Britin kein Kind des Suͤdens
und ihr ganzes Thun und Laſſen mag ſich zu jenem
der feurig-entſchloſſenen Madame Amelot verhalten
haben, wie es den naͤchſten Umgebungen anzupaſſen
ſchien: hier unbewegliche, ſtumme Menſchenbilder, —
dort wilde, bruͤllende Thiere. Womit aber nicht
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[250/0252] Er ging zu oͤffnen, .... und Kaͤthchen drang herein. Jhr Abſcheu vor Allem was dort zu ſehen, war ſo groß, daß ſie gezwungen wurde, jenen Anblick zu erwaͤhlen, der ihr der gefaͤhrlichſte blieb. Sie hob ihr feuchtes blaues Auge zu ihm auf. Schweigend ſtanden ſie ſich gegenuͤber; Anton in verlegenem, bangem Erſtaunen. Der Abend daͤmmerte ſchon. Einzelne Regentropfen ſchlugen gegen das kleine Fenſter. Sonſt vernahm man kein Geraͤuſch. Anton hoͤrte ſein eigenes Herz pochen. Er fuͤrchtete einen heftigen Auftritt; jenem aͤhnlich, der ihn in Laura’s Arme gefuͤhrt. Allerdings bot die Situation einige Aehnlichkeiten. Doch war die blonde Britin kein Kind des Suͤdens und ihr ganzes Thun und Laſſen mag ſich zu jenem der feurig-entſchloſſenen Madame Amelot verhalten haben, wie es den naͤchſten Umgebungen anzupaſſen ſchien: hier unbewegliche, ſtumme Menſchenbilder, — dort wilde, bruͤllende Thiere. Womit aber nicht geſagt ſein will, daß Laura’s Empfindungen etwa

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/252>, abgerufen am 28.07.2024.