Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Pfeifen von den hintern Plätzen, welches bisweilen
so anhaltend wurde, daß die Beifallspendenden sich
einschüchtern ließen und verstummten; worauf dann
die Erstaunte verlegen und beschämt nach Hause
wandern mußte.

Anton, der sich unverhohlen über diese vollkom-
men ungerechten Feindseligkeiten ausgesprochen und
sich darüber empört erklärt hatte, weil er die Jartour
und ihr Talent achtete, legte sich jetzt auf's Beobach-
ten und gerieth bald auf den Zusammenhang des
Komplottes. So bemerkte er zuerst, daß ein junges
Herrlein, wie ihm schien um mehrere Jahre jünger
als er selbst, den Zischern im dritten Range öfters
Zeichen und Winke gab. Einer derselben war es
denn auch der eines Abends, mitten in den Tumult
hinein, nach der Reiterin einen Blumenstrauß warf,
wie sie eben vom Pferde stieg. Sie blickte schüchtern
auf die unerwartete Gabe, zögernd, ob sie wagen
dürfe, sich derselben zu bemächtigen. Doch als sie es
endlich that und eine große Anzahl von Zuschauern
Beifall dazu klatschte, erhob sich das böswillige
Gezisch mit solcher Energie daß kein Zweifel blieb:
die Blumenspende war nur angeordnet gewesen,
damit sich eine neue Schmach daran knüpfen lasse.

Pfeifen von den hintern Plaͤtzen, welches bisweilen
ſo anhaltend wurde, daß die Beifallſpendenden ſich
einſchuͤchtern ließen und verſtummten; worauf dann
die Erſtaunte verlegen und beſchaͤmt nach Hauſe
wandern mußte.

Anton, der ſich unverhohlen uͤber dieſe vollkom-
men ungerechten Feindſeligkeiten ausgeſprochen und
ſich daruͤber empoͤrt erklaͤrt hatte, weil er die Jartour
und ihr Talent achtete, legte ſich jetzt auf’s Beobach-
ten und gerieth bald auf den Zuſammenhang des
Komplottes. So bemerkte er zuerſt, daß ein junges
Herrlein, wie ihm ſchien um mehrere Jahre juͤnger
als er ſelbſt, den Ziſchern im dritten Range oͤfters
Zeichen und Winke gab. Einer derſelben war es
denn auch der eines Abends, mitten in den Tumult
hinein, nach der Reiterin einen Blumenſtrauß warf,
wie ſie eben vom Pferde ſtieg. Sie blickte ſchuͤchtern
auf die unerwartete Gabe, zoͤgernd, ob ſie wagen
duͤrfe, ſich derſelben zu bemaͤchtigen. Doch als ſie es
endlich that und eine große Anzahl von Zuſchauern
Beifall dazu klatſchte, erhob ſich das boͤswillige
Geziſch mit ſolcher Energie daß kein Zweifel blieb:
die Blumenſpende war nur angeordnet geweſen,
damit ſich eine neue Schmach daran knuͤpfen laſſe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="23"/>
Pfeifen von den hintern Pla&#x0364;tzen, welches bisweilen<lb/>
&#x017F;o anhaltend wurde, daß die Beifall&#x017F;pendenden &#x017F;ich<lb/>
ein&#x017F;chu&#x0364;chtern ließen und ver&#x017F;tummten; worauf dann<lb/>
die Er&#x017F;taunte verlegen und be&#x017F;cha&#x0364;mt nach Hau&#x017F;e<lb/>
wandern mußte.</p><lb/>
        <p>Anton, der &#x017F;ich unverhohlen u&#x0364;ber die&#x017F;e vollkom-<lb/>
men ungerechten Feind&#x017F;eligkeiten ausge&#x017F;prochen und<lb/>
&#x017F;ich daru&#x0364;ber empo&#x0364;rt erkla&#x0364;rt hatte, weil er die Jartour<lb/>
und ihr Talent achtete, legte &#x017F;ich jetzt auf&#x2019;s Beobach-<lb/>
ten und gerieth bald auf den Zu&#x017F;ammenhang des<lb/>
Komplottes. So bemerkte er zuer&#x017F;t, daß ein junges<lb/>
Herrlein, wie ihm &#x017F;chien um mehrere Jahre ju&#x0364;nger<lb/>
als er &#x017F;elb&#x017F;t, den Zi&#x017F;chern im dritten Range o&#x0364;fters<lb/>
Zeichen und Winke gab. Einer der&#x017F;elben war es<lb/>
denn auch der eines Abends, mitten in den Tumult<lb/>
hinein, nach der Reiterin einen Blumen&#x017F;trauß warf,<lb/>
wie &#x017F;ie eben vom Pferde &#x017F;tieg. Sie blickte &#x017F;chu&#x0364;chtern<lb/>
auf die unerwartete Gabe, zo&#x0364;gernd, ob &#x017F;ie wagen<lb/>
du&#x0364;rfe, &#x017F;ich der&#x017F;elben zu bema&#x0364;chtigen. Doch als &#x017F;ie es<lb/>
endlich that und eine große Anzahl von Zu&#x017F;chauern<lb/>
Beifall dazu klat&#x017F;chte, erhob &#x017F;ich das bo&#x0364;swillige<lb/>
Gezi&#x017F;ch mit &#x017F;olcher Energie daß kein Zweifel blieb:<lb/>
die Blumen&#x017F;pende war nur angeordnet gewe&#x017F;en,<lb/>
damit &#x017F;ich eine neue Schmach daran knu&#x0364;pfen la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0025] Pfeifen von den hintern Plaͤtzen, welches bisweilen ſo anhaltend wurde, daß die Beifallſpendenden ſich einſchuͤchtern ließen und verſtummten; worauf dann die Erſtaunte verlegen und beſchaͤmt nach Hauſe wandern mußte. Anton, der ſich unverhohlen uͤber dieſe vollkom- men ungerechten Feindſeligkeiten ausgeſprochen und ſich daruͤber empoͤrt erklaͤrt hatte, weil er die Jartour und ihr Talent achtete, legte ſich jetzt auf’s Beobach- ten und gerieth bald auf den Zuſammenhang des Komplottes. So bemerkte er zuerſt, daß ein junges Herrlein, wie ihm ſchien um mehrere Jahre juͤnger als er ſelbſt, den Ziſchern im dritten Range oͤfters Zeichen und Winke gab. Einer derſelben war es denn auch der eines Abends, mitten in den Tumult hinein, nach der Reiterin einen Blumenſtrauß warf, wie ſie eben vom Pferde ſtieg. Sie blickte ſchuͤchtern auf die unerwartete Gabe, zoͤgernd, ob ſie wagen duͤrfe, ſich derſelben zu bemaͤchtigen. Doch als ſie es endlich that und eine große Anzahl von Zuſchauern Beifall dazu klatſchte, erhob ſich das boͤswillige Geziſch mit ſolcher Energie daß kein Zweifel blieb: die Blumenſpende war nur angeordnet geweſen, damit ſich eine neue Schmach daran knuͤpfen laſſe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/25
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/25>, abgerufen am 04.10.2024.