durch ein ehrlicher Deutscher und ein treuer Preuße bleibe!) -- wir Franzosen sagen: "embrasser un metier." Das ist ein schöner Ausdruck; man soll, was man einmal zum Beruf erwählt fest umhalsen, an's Herz drücken, wie eine Geliebte; nicht loslassen, nicht wechseln, nicht von Einem auf's Andere äugeln. Folglich bleib' im Stalle, in Deiner Reitbahn. Dort blühn auch Röschen, wenn keine Rosen -- und Dornen stechen überall. Fühlst Du Dich aber manch- mal niedergedrückt von den Mühen Deines Hand- werks, -- oder nennen wir's Kunst meinetwegen, -- bist Du recht verdrossen und abgemattet vom Staube des Tages, vom Lärm eurer Abende, dann gedenke dieser Stunde, gedenke meiner, Du ehrlicher Bursche, meiner, der Dich und Deine treuen Augen nie ver- gessen wird; bedenke, daß der arme Ludwig auch sein Bündel trägt, daß er keucht unter dieser Last, daß er jede frohe oder wilde Stunde der Nacht mit bittern Qualen bezahlt; daß jeder Abend des sogenannten Triumphes ein Jahr seines zerstörten Lebens kostet; daß er nicht selten den ganzen Plunder von Beifall, Ehrenbezeugungen, Berühmtheit zum Henker wünscht, weil er nichts davon hat, als die Schmerzen!"
Bei diesen Worten reichte er Anton die Hand
durch ein ehrlicher Deutſcher und ein treuer Preuße bleibe!) — wir Franzoſen ſagen: „embrasser un métier.“ Das iſt ein ſchoͤner Ausdruck; man ſoll, was man einmal zum Beruf erwaͤhlt feſt umhalſen, an’s Herz druͤcken, wie eine Geliebte; nicht loslaſſen, nicht wechſeln, nicht von Einem auf’s Andere aͤugeln. Folglich bleib’ im Stalle, in Deiner Reitbahn. Dort bluͤhn auch Roͤschen, wenn keine Roſen — und Dornen ſtechen uͤberall. Fuͤhlſt Du Dich aber manch- mal niedergedruͤckt von den Muͤhen Deines Hand- werks, — oder nennen wir’s Kunſt meinetwegen, — biſt Du recht verdroſſen und abgemattet vom Staube des Tages, vom Laͤrm eurer Abende, dann gedenke dieſer Stunde, gedenke meiner, Du ehrlicher Burſche, meiner, der Dich und Deine treuen Augen nie ver- geſſen wird; bedenke, daß der arme Ludwig auch ſein Buͤndel traͤgt, daß er keucht unter dieſer Laſt, daß er jede frohe oder wilde Stunde der Nacht mit bittern Qualen bezahlt; daß jeder Abend des ſogenannten Triumphes ein Jahr ſeines zerſtoͤrten Lebens koſtet; daß er nicht ſelten den ganzen Plunder von Beifall, Ehrenbezeugungen, Beruͤhmtheit zum Henker wuͤnſcht, weil er nichts davon hat, als die Schmerzen!“
Bei dieſen Worten reichte er Anton die Hand
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durch ein ehrlicher Deutſcher und ein treuer Preuße
bleibe!) — wir Franzoſen ſagen: „embrasser un
métier.“ Das iſt ein ſchoͤner Ausdruck; man ſoll,
was man einmal zum Beruf erwaͤhlt feſt umhalſen,
an’s Herz druͤcken, wie eine Geliebte; nicht loslaſſen,
nicht wechſeln, nicht von Einem auf’s Andere aͤugeln.
Folglich bleib’ im Stalle, in Deiner Reitbahn. Dort
bluͤhn auch Roͤschen, wenn keine Roſen — und
Dornen ſtechen uͤberall. Fuͤhlſt Du Dich aber manch-
mal niedergedruͤckt von den Muͤhen Deines Hand-
werks, — oder nennen wir’s Kunſt meinetwegen, —
biſt Du recht verdroſſen und abgemattet vom Staube
des Tages, vom Laͤrm eurer Abende, dann gedenke
dieſer Stunde, gedenke meiner, Du ehrlicher Burſche,
meiner, der Dich und Deine treuen Augen nie ver-
geſſen wird; bedenke, daß der arme Ludwig auch ſein
Buͤndel traͤgt, daß er keucht unter dieſer Laſt, daß er
jede frohe oder wilde Stunde der Nacht mit bittern
Qualen bezahlt; daß jeder Abend des ſogenannten
Triumphes ein Jahr ſeines zerſtoͤrten Lebens koſtet;
daß er nicht ſelten den ganzen Plunder von Beifall,
Ehrenbezeugungen, Beruͤhmtheit zum Henker wuͤnſcht,
weil er nichts davon hat, als die Schmerzen!“
Bei dieſen Worten reichte er Anton die Hand
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/118>, abgerufen am 25.11.2024.
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