Weil Sie mich gestern spielen sahen; weil ich Sie rührte; weil wir uns im Weinhause fanden; weil ich Sie durch einen Spaß a la Garrik über- raschte; deshalb wollen Sie in aller Eil' auch ein Schauspieler sein? Wie die Kinder, wenn sie von der Parade kommen, General spielen; oder Priester, weil sie in einer Kirche waren? Es schauspielert sich nicht so leicht! Gott, wie vielen hab' ich das schon zurufen müssen?! Jch bin müde davon!"
Sie schweigen; -- haben Sie geendet? Unter- brechen wollt' ich Sie nicht; darf ich jetzt noch ein Wort an Sie richten? Jhre scheinbare Härte hat mich weder verletzt, noch gekränkt; ich hörte nur den Ehrenmann reden. Doch nun erlauben Sie mir, meine Einwendungen vorzubringen, die wenn auch nicht Alles doch Einiges widerlegen dürften, was Sie mir entgegengestellt. Jch begreife vollkommen, daß viele junge Männer sich an Sie drängen, um Jhnen, gleich mir, Wünsche zu eröffnen, die den meinigen ähnlich sind. Sie haben gewiß Recht, bei solchen Eröffnungen der Kinder zu gedenken, welche im Spiele nachäffen möchten, was ihnen eben in Wirk- lichkeit erschien und ihre Einbildungskraft erregte. Auch will ich gern glauben, daß bei vielen Jünglin-
Weil Sie mich geſtern ſpielen ſahen; weil ich Sie ruͤhrte; weil wir uns im Weinhauſe fanden; weil ich Sie durch einen Spaß à la Garrik uͤber- raſchte; deshalb wollen Sie in aller Eil’ auch ein Schauſpieler ſein? Wie die Kinder, wenn ſie von der Parade kommen, General ſpielen; oder Prieſter, weil ſie in einer Kirche waren? Es ſchauſpielert ſich nicht ſo leicht! Gott, wie vielen hab’ ich das ſchon zurufen muͤſſen?! Jch bin muͤde davon!“
Sie ſchweigen; — haben Sie geendet? Unter- brechen wollt’ ich Sie nicht; darf ich jetzt noch ein Wort an Sie richten? Jhre ſcheinbare Haͤrte hat mich weder verletzt, noch gekraͤnkt; ich hoͤrte nur den Ehrenmann reden. Doch nun erlauben Sie mir, meine Einwendungen vorzubringen, die wenn auch nicht Alles doch Einiges widerlegen duͤrften, was Sie mir entgegengeſtellt. Jch begreife vollkommen, daß viele junge Maͤnner ſich an Sie draͤngen, um Jhnen, gleich mir, Wuͤnſche zu eroͤffnen, die den meinigen aͤhnlich ſind. Sie haben gewiß Recht, bei ſolchen Eroͤffnungen der Kinder zu gedenken, welche im Spiele nachaͤffen moͤchten, was ihnen eben in Wirk- lichkeit erſchien und ihre Einbildungskraft erregte. Auch will ich gern glauben, daß bei vielen Juͤnglin-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0109"n="107"/>
Weil Sie mich geſtern ſpielen ſahen; weil ich<lb/>
Sie ruͤhrte; weil wir uns im Weinhauſe fanden;<lb/>
weil ich Sie durch einen Spaß <hirendition="#aq">à la</hi> Garrik uͤber-<lb/>
raſchte; deshalb wollen Sie in aller Eil’ auch ein<lb/>
Schauſpieler ſein? Wie die Kinder, wenn ſie von der<lb/>
Parade kommen, General ſpielen; oder Prieſter, weil<lb/>ſie in einer Kirche waren? Es ſchauſpielert ſich nicht<lb/>ſo leicht! Gott, wie vielen hab’ ich das ſchon zurufen<lb/>
muͤſſen?! Jch bin muͤde davon!“</p><lb/><p>Sie ſchweigen; — haben Sie geendet? Unter-<lb/>
brechen wollt’ ich Sie nicht; darf ich jetzt noch ein<lb/>
Wort an Sie richten? Jhre ſcheinbare Haͤrte hat<lb/>
mich weder verletzt, noch gekraͤnkt; ich hoͤrte nur den<lb/>
Ehrenmann reden. Doch nun erlauben Sie mir,<lb/>
meine Einwendungen vorzubringen, die wenn auch<lb/>
nicht Alles doch Einiges widerlegen duͤrften, was Sie<lb/>
mir entgegengeſtellt. Jch begreife vollkommen, daß<lb/>
viele junge Maͤnner ſich an Sie draͤngen, um Jhnen,<lb/>
gleich mir, Wuͤnſche zu eroͤffnen, die den meinigen<lb/>
aͤhnlich ſind. Sie haben gewiß Recht, bei ſolchen<lb/>
Eroͤffnungen der Kinder zu gedenken, welche im<lb/>
Spiele nachaͤffen moͤchten, was ihnen eben in Wirk-<lb/>
lichkeit erſchien und ihre Einbildungskraft erregte.<lb/>
Auch will ich gern glauben, daß bei vielen Juͤnglin-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[107/0109]
Weil Sie mich geſtern ſpielen ſahen; weil ich
Sie ruͤhrte; weil wir uns im Weinhauſe fanden;
weil ich Sie durch einen Spaß à la Garrik uͤber-
raſchte; deshalb wollen Sie in aller Eil’ auch ein
Schauſpieler ſein? Wie die Kinder, wenn ſie von der
Parade kommen, General ſpielen; oder Prieſter, weil
ſie in einer Kirche waren? Es ſchauſpielert ſich nicht
ſo leicht! Gott, wie vielen hab’ ich das ſchon zurufen
muͤſſen?! Jch bin muͤde davon!“
Sie ſchweigen; — haben Sie geendet? Unter-
brechen wollt’ ich Sie nicht; darf ich jetzt noch ein
Wort an Sie richten? Jhre ſcheinbare Haͤrte hat
mich weder verletzt, noch gekraͤnkt; ich hoͤrte nur den
Ehrenmann reden. Doch nun erlauben Sie mir,
meine Einwendungen vorzubringen, die wenn auch
nicht Alles doch Einiges widerlegen duͤrften, was Sie
mir entgegengeſtellt. Jch begreife vollkommen, daß
viele junge Maͤnner ſich an Sie draͤngen, um Jhnen,
gleich mir, Wuͤnſche zu eroͤffnen, die den meinigen
aͤhnlich ſind. Sie haben gewiß Recht, bei ſolchen
Eroͤffnungen der Kinder zu gedenken, welche im
Spiele nachaͤffen moͤchten, was ihnen eben in Wirk-
lichkeit erſchien und ihre Einbildungskraft erregte.
Auch will ich gern glauben, daß bei vielen Juͤnglin-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/109>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.