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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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macherjunge. Linz und Miez standen ihm fern, auch
bei ihren Kinderspielen, die beide in gleichem Alter
mit Puschel und Rubs, folglich als Mädchen schon
reifer wie Knaben, nur aus Herablassung mitmachten.
Tieletunke aber, fast um ein Jahr jünger als Anton,
fand dessen Namen zu hübsch, um daß sie ihn hätte
umstülpen sollen. Sie rief ihn folglich Anton! und
wenn sie gut aufgelegt war, wurde manchmal Toni
daraus; was wohl eigentlich keine Verzerrung, viel-
mehr eine verkürzende Uebertragung des lateinischen
Antonius in's Deutsche ist; nach welcher ihr, wie sie
zu äußern liebte, blos Kopf und Schwanz, nämlich:
An- und us übrig blieb. Und mit An-us wisse sie
nichts weiter anzufangen. Denn der Pastorsöhne
Vorschlag: asinus daraus zu machen, gab sie zornig
zurück, sobald ihr der Herr Pastor die Bedeutung
dieses Wortes beigebracht.

Der Pastor nun hatte Schloßfräulein und eigene
Söhne vorbereitend unterrichtet, so gut und so
schlecht er dieß bei redlichem Willen im Stande gewe-
sen. Anton, der nur als halbgeduldeter Freiwilliger
an jenen Lehrstunden naschen dürfen, hatte das Beste
davon in sich aufgenommen und das Meiste, weil er
von allen der Begabteste gewesen. Das entging der

macherjunge. Linz und Miez ſtanden ihm fern, auch
bei ihren Kinderſpielen, die beide in gleichem Alter
mit Puſchel und Rubs, folglich als Maͤdchen ſchon
reifer wie Knaben, nur aus Herablaſſung mitmachten.
Tieletunke aber, faſt um ein Jahr juͤnger als Anton,
fand deſſen Namen zu huͤbſch, um daß ſie ihn haͤtte
umſtuͤlpen ſollen. Sie rief ihn folglich Anton! und
wenn ſie gut aufgelegt war, wurde manchmal Toni
daraus; was wohl eigentlich keine Verzerrung, viel-
mehr eine verkuͤrzende Uebertragung des lateiniſchen
Antonius in’s Deutſche iſt; nach welcher ihr, wie ſie
zu aͤußern liebte, blos Kopf und Schwanz, naͤmlich:
An- und us uͤbrig blieb. Und mit An-us wiſſe ſie
nichts weiter anzufangen. Denn der Paſtorſoͤhne
Vorſchlag: asinus daraus zu machen, gab ſie zornig
zuruͤck, ſobald ihr der Herr Paſtor die Bedeutung
dieſes Wortes beigebracht.

Der Paſtor nun hatte Schloßfraͤulein und eigene
Soͤhne vorbereitend unterrichtet, ſo gut und ſo
ſchlecht er dieß bei redlichem Willen im Stande gewe-
ſen. Anton, der nur als halbgeduldeter Freiwilliger
an jenen Lehrſtunden naſchen duͤrfen, hatte das Beſte
davon in ſich aufgenommen und das Meiſte, weil er
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[47/0063] macherjunge. Linz und Miez ſtanden ihm fern, auch bei ihren Kinderſpielen, die beide in gleichem Alter mit Puſchel und Rubs, folglich als Maͤdchen ſchon reifer wie Knaben, nur aus Herablaſſung mitmachten. Tieletunke aber, faſt um ein Jahr juͤnger als Anton, fand deſſen Namen zu huͤbſch, um daß ſie ihn haͤtte umſtuͤlpen ſollen. Sie rief ihn folglich Anton! und wenn ſie gut aufgelegt war, wurde manchmal Toni daraus; was wohl eigentlich keine Verzerrung, viel- mehr eine verkuͤrzende Uebertragung des lateiniſchen Antonius in’s Deutſche iſt; nach welcher ihr, wie ſie zu aͤußern liebte, blos Kopf und Schwanz, naͤmlich: An- und us uͤbrig blieb. Und mit An-us wiſſe ſie nichts weiter anzufangen. Denn der Paſtorſoͤhne Vorſchlag: asinus daraus zu machen, gab ſie zornig zuruͤck, ſobald ihr der Herr Paſtor die Bedeutung dieſes Wortes beigebracht. Der Paſtor nun hatte Schloßfraͤulein und eigene Soͤhne vorbereitend unterrichtet, ſo gut und ſo ſchlecht er dieß bei redlichem Willen im Stande gewe- ſen. Anton, der nur als halbgeduldeter Freiwilliger an jenen Lehrſtunden naſchen duͤrfen, hatte das Beſte davon in ſich aufgenommen und das Meiſte, weil er von allen der Begabteſte geweſen. Das entging der

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/63>, abgerufen am 28.11.2024.