lich der jugendliche, unter die Vagabunden gerathene Dorf-Philister, muß sie es denn nicht erfahren, wenn wir vor dem Altare stehen?
"Gott der Götter? est il bete ce garcon la! Antoine, ich glaube Dein Protege, das riesenhafte Faulthier führt mehr Esprit in seinem lang- schnauzigen, dicken Hirnschädel, als Du, Schönster der Schönen! Was predigest Du mir da von einem Altare? Du glaubst, Madame Laura Amelot, Tochter der reichen Simonelli wolle Madame Antoine wer- den? Madame Gamin de Liebenau? Süßer Junge, in welchem Mährchenlande, aus welchem fabelhaften Gewässer hast Du solche Träume herausgefischt? Das kann niemals geschehen. Das ist eben so unmöglich, wie es mir unmöglich, noch länger in diesem Sande zu schwimmen: meine Schuhe sind voll davon, zum ertrinken. Wir wollen die Wagen erwarten; bleib' stehen! Und vernimm in aller Eile noch dies: wärest Du, wie Du zur Stunde unser Diener bist, der reichste Prinz aus Moskau, ich könnte nie und nimmermehr Deine Ge- mahlin sein, denn ich bin verheirathet. Zwar leb' ich getrennt von meinem Gatten, der ein perfides Ungeheuer ist, mit all' seinem Talent; hasse ihn, bei
lich der jugendliche, unter die Vagabunden gerathene Dorf-Philiſter, muß ſie es denn nicht erfahren, wenn wir vor dem Altare ſtehen?
„Gott der Goͤtter? est il bête ce garçon la! Antoine, ich glaube Dein Protegé, das rieſenhafte Faulthier fuͤhrt mehr Esprit in ſeinem lang- ſchnauzigen, dicken Hirnſchaͤdel, als Du, Schoͤnſter der Schoͤnen! Was predigeſt Du mir da von einem Altare? Du glaubſt, Madame Laura Amelot, Tochter der reichen Simonelli wolle Madame Antoine wer- den? Madame Gamin de Liebenau? Suͤßer Junge, in welchem Maͤhrchenlande, aus welchem fabelhaften Gewaͤſſer haſt Du ſolche Traͤume herausgefiſcht? Das kann niemals geſchehen. Das iſt eben ſo unmoͤglich, wie es mir unmoͤglich, noch laͤnger in dieſem Sande zu ſchwimmen: meine Schuhe ſind voll davon, zum ertrinken. Wir wollen die Wagen erwarten; bleib’ ſtehen! Und vernimm in aller Eile noch dies: waͤreſt Du, wie Du zur Stunde unſer Diener biſt, der reichſte Prinz aus Moskau, ich koͤnnte nie und nimmermehr Deine Ge- mahlin ſein, denn ich bin verheirathet. Zwar leb’ ich getrennt von meinem Gatten, der ein perfides Ungeheuer iſt, mit all’ ſeinem Talent; haſſe ihn, bei
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lich der jugendliche, unter die Vagabunden gerathene
Dorf-Philiſter, muß ſie es denn nicht erfahren, wenn
wir vor dem Altare ſtehen?
„Gott der Goͤtter? est il bête ce garçon la!
Antoine, ich glaube Dein Protegé, das rieſenhafte
Faulthier fuͤhrt mehr Esprit in ſeinem lang-
ſchnauzigen, dicken Hirnſchaͤdel, als Du, Schoͤnſter
der Schoͤnen! Was predigeſt Du mir da von einem
Altare? Du glaubſt, Madame Laura Amelot, Tochter
der reichen Simonelli wolle Madame Antoine wer-
den? Madame Gamin de Liebenau? Suͤßer Junge,
in welchem Maͤhrchenlande, aus welchem fabelhaften
Gewaͤſſer haſt Du ſolche Traͤume herausgefiſcht?
Das kann niemals geſchehen. Das iſt eben ſo
unmoͤglich, wie es mir unmoͤglich, noch laͤnger in
dieſem Sande zu ſchwimmen: meine Schuhe ſind voll
davon, zum ertrinken. Wir wollen die Wagen
erwarten; bleib’ ſtehen! Und vernimm in aller
Eile noch dies: waͤreſt Du, wie Du zur Stunde
unſer Diener biſt, der reichſte Prinz aus Moskau,
ich koͤnnte nie und nimmermehr Deine Ge-
mahlin ſein, denn ich bin verheirathet. Zwar leb’
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/331>, abgerufen am 24.11.2024.
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