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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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"Wer seine Pflicht erfüllt, Madame, ist immer in
der Kirche. Das ist der beste Gottesdienst; wie meine
Großmutter, Gott gönn' ihr die Seeligkeit, zu sagen
pflegte."

O Heuchler, der ihr seid! Jst das Pflicht, mit
dem häßlichen Thiere zu spielen?

"Eines geht mit dem andern, Madame. Wäh-
rend ich hier Wache halte, thu' ich meine Schuldig-
keit; und während ich meine Schuldigkeit thue, spiel'
ich mit dem häßlichen Thiere."

Wißt ihr nicht bessere Spiele, als mit so garstigen
Geschöpfen?

"Freilich wohl möcht' ich lieber mit schönen Ge-
schöpfen spielen, aber dann würde die Frage entstehen,
ob diese mit mir --"

Er fürchtete, eine Ungezogenheit begangen zu
haben, weil er bei diesen kühnen Worten Laura fixirt.
Deshalb brach er ab, schlug die Augen nieder und
hielt, während er mit der rechten Hand verlegen an
seiner Uhrkette zupfte, mit der linken dem Pseudo-
Riesenfaulthier den langersehnten Apfel vor. Petz
machte seine lange Schnauze so lang sie reichte, er-
wischte jedoch den Apfel nur halb, ließ ihn, zahnlos
wie sein Rachen fast war, wieder fallen und der Apfel

„Wer ſeine Pflicht erfuͤllt, Madame, iſt immer in
der Kirche. Das iſt der beſte Gottesdienſt; wie meine
Großmutter, Gott goͤnn’ ihr die Seeligkeit, zu ſagen
pflegte.“

O Heuchler, der ihr ſeid! Jſt das Pflicht, mit
dem haͤßlichen Thiere zu ſpielen?

„Eines geht mit dem andern, Madame. Waͤh-
rend ich hier Wache halte, thu’ ich meine Schuldig-
keit; und waͤhrend ich meine Schuldigkeit thue, ſpiel’
ich mit dem haͤßlichen Thiere.“

Wißt ihr nicht beſſere Spiele, als mit ſo garſtigen
Geſchoͤpfen?

„Freilich wohl moͤcht’ ich lieber mit ſchoͤnen Ge-
ſchoͤpfen ſpielen, aber dann wuͤrde die Frage entſtehen,
ob dieſe mit mir —“

Er fuͤrchtete, eine Ungezogenheit begangen zu
haben, weil er bei dieſen kuͤhnen Worten Laura fixirt.
Deshalb brach er ab, ſchlug die Augen nieder und
hielt, waͤhrend er mit der rechten Hand verlegen an
ſeiner Uhrkette zupfte, mit der linken dem Pſeudo-
Rieſenfaulthier den langerſehnten Apfel vor. Petz
machte ſeine lange Schnauze ſo lang ſie reichte, er-
wiſchte jedoch den Apfel nur halb, ließ ihn, zahnlos
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[271/0287] „Wer ſeine Pflicht erfuͤllt, Madame, iſt immer in der Kirche. Das iſt der beſte Gottesdienſt; wie meine Großmutter, Gott goͤnn’ ihr die Seeligkeit, zu ſagen pflegte.“ O Heuchler, der ihr ſeid! Jſt das Pflicht, mit dem haͤßlichen Thiere zu ſpielen? „Eines geht mit dem andern, Madame. Waͤh- rend ich hier Wache halte, thu’ ich meine Schuldig- keit; und waͤhrend ich meine Schuldigkeit thue, ſpiel’ ich mit dem haͤßlichen Thiere.“ Wißt ihr nicht beſſere Spiele, als mit ſo garſtigen Geſchoͤpfen? „Freilich wohl moͤcht’ ich lieber mit ſchoͤnen Ge- ſchoͤpfen ſpielen, aber dann wuͤrde die Frage entſtehen, ob dieſe mit mir —“ Er fuͤrchtete, eine Ungezogenheit begangen zu haben, weil er bei dieſen kuͤhnen Worten Laura fixirt. Deshalb brach er ab, ſchlug die Augen nieder und hielt, waͤhrend er mit der rechten Hand verlegen an ſeiner Uhrkette zupfte, mit der linken dem Pſeudo- Rieſenfaulthier den langerſehnten Apfel vor. Petz machte ſeine lange Schnauze ſo lang ſie reichte, er- wiſchte jedoch den Apfel nur halb, ließ ihn, zahnlos wie ſein Rachen faſt war, wieder fallen und der Apfel

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/287>, abgerufen am 24.11.2024.