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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Wolfgang. Dabei fand er sich in peinlicher Ver-
legenheit, was er doch beginnen solle, diese alberne
Furcht möglichst zu verscheuchen? Denn es blieben
ihm nur zwei Mittel: die Augen fest zu schließen, --
oder sie weit aufzureißen. That er das letztere, so
setzte sich der schwarze Wolfgang in Person ihm
gegenüber und er sah des Sterbenden Antlitz deutlich,
wie wenn's am hellen Tage wäre. That er das
erstere, so drehten sich grinsende Larven und Fratzen
um sein schwindelndes Hirn, aus deren Kreise die
Züge seiner Lieben entstellt und verzerrt auf ihn
blickten. Weil es ihm gar zu scheußlich war, auch
der Großmutter ehrwürdiges Haupt mit tanzen zu
lassen, entschloß er sich, lieber aufzuschauen. Wolf-
gang wich und wankte nicht vom Platze. Mitten in
seiner Pein dachte Anton doch immer: nun bin ich
nur neugierig, ob so ein Ding auch sprechen kann?
Dieser Gedanke setzte sich auf die Länge fest bei ihm,
daß er ihn zuletzt aussprach und das Phantom end-
lich gar anredete. Bist Du was? rief er hinüber;
bist Du wirklich was? Und willst Du was von mir?
Sag's! Jch hab' ein gut Gewissen gegen Dich.
Was ich Dir geloben mußte, hab' ich erfüllt. Und
mehr als das. Begraben hab' ich Dich; der braunen

Wolfgang. Dabei fand er ſich in peinlicher Ver-
legenheit, was er doch beginnen ſolle, dieſe alberne
Furcht moͤglichſt zu verſcheuchen? Denn es blieben
ihm nur zwei Mittel: die Augen feſt zu ſchließen, —
oder ſie weit aufzureißen. That er das letztere, ſo
ſetzte ſich der ſchwarze Wolfgang in Perſon ihm
gegenuͤber und er ſah des Sterbenden Antlitz deutlich,
wie wenn’s am hellen Tage waͤre. That er das
erſtere, ſo drehten ſich grinſende Larven und Fratzen
um ſein ſchwindelndes Hirn, aus deren Kreiſe die
Zuͤge ſeiner Lieben entſtellt und verzerrt auf ihn
blickten. Weil es ihm gar zu ſcheußlich war, auch
der Großmutter ehrwuͤrdiges Haupt mit tanzen zu
laſſen, entſchloß er ſich, lieber aufzuſchauen. Wolf-
gang wich und wankte nicht vom Platze. Mitten in
ſeiner Pein dachte Anton doch immer: nun bin ich
nur neugierig, ob ſo ein Ding auch ſprechen kann?
Dieſer Gedanke ſetzte ſich auf die Laͤnge feſt bei ihm,
daß er ihn zuletzt ausſprach und das Phantom end-
lich gar anredete. Biſt Du was? rief er hinuͤber;
biſt Du wirklich was? Und willſt Du was von mir?
Sag’s! Jch hab’ ein gut Gewiſſen gegen Dich.
Was ich Dir geloben mußte, hab’ ich erfuͤllt. Und
mehr als das. Begraben hab’ ich Dich; der braunen

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[226/0242] Wolfgang. Dabei fand er ſich in peinlicher Ver- legenheit, was er doch beginnen ſolle, dieſe alberne Furcht moͤglichſt zu verſcheuchen? Denn es blieben ihm nur zwei Mittel: die Augen feſt zu ſchließen, — oder ſie weit aufzureißen. That er das letztere, ſo ſetzte ſich der ſchwarze Wolfgang in Perſon ihm gegenuͤber und er ſah des Sterbenden Antlitz deutlich, wie wenn’s am hellen Tage waͤre. That er das erſtere, ſo drehten ſich grinſende Larven und Fratzen um ſein ſchwindelndes Hirn, aus deren Kreiſe die Zuͤge ſeiner Lieben entſtellt und verzerrt auf ihn blickten. Weil es ihm gar zu ſcheußlich war, auch der Großmutter ehrwuͤrdiges Haupt mit tanzen zu laſſen, entſchloß er ſich, lieber aufzuſchauen. Wolf- gang wich und wankte nicht vom Platze. Mitten in ſeiner Pein dachte Anton doch immer: nun bin ich nur neugierig, ob ſo ein Ding auch ſprechen kann? Dieſer Gedanke ſetzte ſich auf die Laͤnge feſt bei ihm, daß er ihn zuletzt ausſprach und das Phantom end- lich gar anredete. Biſt Du was? rief er hinuͤber; biſt Du wirklich was? Und willſt Du was von mir? Sag’s! Jch hab’ ein gut Gewiſſen gegen Dich. Was ich Dir geloben mußte, hab’ ich erfuͤllt. Und mehr als das. Begraben hab’ ich Dich; der braunen

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/242>, abgerufen am 24.11.2024.