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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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-- ein Seufzer blies die alten Lippen auf; -- ein
Druck der Hände begleitete ihn -- -- --

Anton's Großmutter war todt.



Siebzehntes Kapitel.

Onkel Nasus und Mutter Goksch werden begraben.

Jch weiß nicht woher es kommt und welche Art
von Ehre die sogenannten Vornehmen darein setzen,
daß sie ihre Verstorbenen so spät als möglich begraben
lassen! Jn manchen Gegenden wenigstens hegt man
diese seltsame Gattung von Eitelkeit. Sollt' es Furcht
vor dem Scheintode sein? Jch glaube kaum; denn
ich selbst habe oft genug Leichenbegängnissen beiwoh-
nen müssen, wo man sich schon einige Tage vorher,
durch allzu kräftig duftende Beweise, von der unzwei-
felhaften Auflösung alles Jrdischen überzeugen können.
Es mag wohl daher kommen, daß Zurückbleibende
entweder wirklich wünschen, die leiblichen Ueberreste
der Jhrigen noch in ihrer Nähe zu wissen, oder, daß
sie es für schicklich halten, diesen Wunsch mindestens
voraussetzen zu lassen. Und weil denen, welche ihren
Verhältnissen gemäß, größere Räume, bequemere
Wohnungen inne haben, es leichter wird, ein abge-

— ein Seufzer blies die alten Lippen auf; — ein
Druck der Haͤnde begleitete ihn — — —

Anton’s Großmutter war todt.



Siebzehntes Kapitel.

Onkel Naſus und Mutter Gokſch werden begraben.

Jch weiß nicht woher es kommt und welche Art
von Ehre die ſogenannten Vornehmen darein ſetzen,
daß ſie ihre Verſtorbenen ſo ſpaͤt als moͤglich begraben
laſſen! Jn manchen Gegenden wenigſtens hegt man
dieſe ſeltſame Gattung von Eitelkeit. Sollt’ es Furcht
vor dem Scheintode ſein? Jch glaube kaum; denn
ich ſelbſt habe oft genug Leichenbegaͤngniſſen beiwoh-
nen muͤſſen, wo man ſich ſchon einige Tage vorher,
durch allzu kraͤftig duftende Beweiſe, von der unzwei-
felhaften Aufloͤſung alles Jrdiſchen uͤberzeugen koͤnnen.
Es mag wohl daher kommen, daß Zuruͤckbleibende
entweder wirklich wuͤnſchen, die leiblichen Ueberreſte
der Jhrigen noch in ihrer Naͤhe zu wiſſen, oder, daß
ſie es fuͤr ſchicklich halten, dieſen Wunſch mindeſtens
vorausſetzen zu laſſen. Und weil denen, welche ihren
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[206/0222] — ein Seufzer blies die alten Lippen auf; — ein Druck der Haͤnde begleitete ihn — — — Anton’s Großmutter war todt. Siebzehntes Kapitel. Onkel Naſus und Mutter Gokſch werden begraben. Jch weiß nicht woher es kommt und welche Art von Ehre die ſogenannten Vornehmen darein ſetzen, daß ſie ihre Verſtorbenen ſo ſpaͤt als moͤglich begraben laſſen! Jn manchen Gegenden wenigſtens hegt man dieſe ſeltſame Gattung von Eitelkeit. Sollt’ es Furcht vor dem Scheintode ſein? Jch glaube kaum; denn ich ſelbſt habe oft genug Leichenbegaͤngniſſen beiwoh- nen muͤſſen, wo man ſich ſchon einige Tage vorher, durch allzu kraͤftig duftende Beweiſe, von der unzwei- felhaften Aufloͤſung alles Jrdiſchen uͤberzeugen koͤnnen. Es mag wohl daher kommen, daß Zuruͤckbleibende entweder wirklich wuͤnſchen, die leiblichen Ueberreſte der Jhrigen noch in ihrer Naͤhe zu wiſſen, oder, daß ſie es fuͤr ſchicklich halten, dieſen Wunſch mindeſtens vorausſetzen zu laſſen. Und weil denen, welche ihren Verhaͤltniſſen gemaͤß, groͤßere Raͤume, bequemere Wohnungen inne haben, es leichter wird, ein abge-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/222>, abgerufen am 22.11.2024.