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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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dabei zum Vorbilde hätte nehmen können? Wenn
Erfahrung nicht lehrte, daß ein Naturtalent häufig
keines Vorbildes bedarf. Genoveva's Zofe und Ver-
traute wurde durch die Schwägerin; Schmerzensreich
durch den kleinen Rosse-lenkenden Neffen gegeben.
Vom Darsteller des verrätherischen Golo werden wir
späterhin zu sagen haben, wollen jedoch hier nicht
unbemerkt lassen, daß die Mitspielenden (wahrschein-
lich Freunde der deutschen Karte?) ihn Solo zu
nennen beliebten. An Rittern und Knappen lieferten
die jüngeren Landstreicher genügenden Vorrath; sie
verwandelten sich aus halbnackten Raub-Fischern gar
leicht in wackere Kämpen, mit Hülfe einiger buntge-
färbten Federn und Pferdeschwänze auf glanzlederne
Kappen gesteckt.

Für die Hirschkuh, die nicht fehlen durfte, war
man genöthiget gewesen, einen Dilettanten aufzu-
suchen, weil die zur Bande gehörige gelb-braune
Vorsteh-Hündin, welche bisher mit Glück und Ge-
schick dieser wichtigen Rolle vorgestanden, gestern auf
der Reise von unbesiegbarer Jagdlust verlockt, einem
strengen Revierjäger zum blutigen Opfer gefallen.
Die "umsichtige Direktion" hatte in dem an Jahren
weit vorgerückten, halberblindeten Dachsschliefer des

dabei zum Vorbilde haͤtte nehmen koͤnnen? Wenn
Erfahrung nicht lehrte, daß ein Naturtalent haͤufig
keines Vorbildes bedarf. Genoveva’s Zofe und Ver-
traute wurde durch die Schwaͤgerin; Schmerzensreich
durch den kleinen Roſſe-lenkenden Neffen gegeben.
Vom Darſteller des verraͤtheriſchen Golo werden wir
ſpaͤterhin zu ſagen haben, wollen jedoch hier nicht
unbemerkt laſſen, daß die Mitſpielenden (wahrſchein-
lich Freunde der deutſchen Karte?) ihn Solo zu
nennen beliebten. An Rittern und Knappen lieferten
die juͤngeren Landſtreicher genuͤgenden Vorrath; ſie
verwandelten ſich aus halbnackten Raub-Fiſchern gar
leicht in wackere Kaͤmpen, mit Huͤlfe einiger buntge-
faͤrbten Federn und Pferdeſchwaͤnze auf glanzlederne
Kappen geſteckt.

Fuͤr die Hirſchkuh, die nicht fehlen durfte, war
man genoͤthiget geweſen, einen Dilettanten aufzu-
ſuchen, weil die zur Bande gehoͤrige gelb-braune
Vorſteh-Huͤndin, welche bisher mit Gluͤck und Ge-
ſchick dieſer wichtigen Rolle vorgeſtanden, geſtern auf
der Reiſe von unbeſiegbarer Jagdluſt verlockt, einem
ſtrengen Revierjaͤger zum blutigen Opfer gefallen.
Die „umſichtige Direktion“ hatte in dem an Jahren
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[104/0120] dabei zum Vorbilde haͤtte nehmen koͤnnen? Wenn Erfahrung nicht lehrte, daß ein Naturtalent haͤufig keines Vorbildes bedarf. Genoveva’s Zofe und Ver- traute wurde durch die Schwaͤgerin; Schmerzensreich durch den kleinen Roſſe-lenkenden Neffen gegeben. Vom Darſteller des verraͤtheriſchen Golo werden wir ſpaͤterhin zu ſagen haben, wollen jedoch hier nicht unbemerkt laſſen, daß die Mitſpielenden (wahrſchein- lich Freunde der deutſchen Karte?) ihn Solo zu nennen beliebten. An Rittern und Knappen lieferten die juͤngeren Landſtreicher genuͤgenden Vorrath; ſie verwandelten ſich aus halbnackten Raub-Fiſchern gar leicht in wackere Kaͤmpen, mit Huͤlfe einiger buntge- faͤrbten Federn und Pferdeſchwaͤnze auf glanzlederne Kappen geſteckt. Fuͤr die Hirſchkuh, die nicht fehlen durfte, war man genoͤthiget geweſen, einen Dilettanten aufzu- ſuchen, weil die zur Bande gehoͤrige gelb-braune Vorſteh-Huͤndin, welche bisher mit Gluͤck und Ge- ſchick dieſer wichtigen Rolle vorgeſtanden, geſtern auf der Reiſe von unbeſiegbarer Jagdluſt verlockt, einem ſtrengen Revierjaͤger zum blutigen Opfer gefallen. Die „umſichtige Direktion“ hatte in dem an Jahren weit vorgeruͤckten, halberblindeten Dachsſchliefer des

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/120>, abgerufen am 22.11.2024.