Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.er sich gerade noch aus drohender Gefahr retten konnte, ehe die gefürchtete Revision verhängt wurde. Lene und Fritzel fielen, wie einst über Wawerle's Näschereien, so jetzt habgierig über deren kleine Kostbarkeiten her. Herr und Frau Diesel eigneten sich die besseren Möbel und gute Wäsche zu. Alle übrigen Habseligkeiten waren bald verschleudert. An Gustel dachte Niemand, und er dachte nicht an sich bei diesem Raubanfalle auf die Verlassenschaft. Hatte er doch genugsam zu denken an die geliebte mütterliche Freundin. Wie er, um dies recht ungestört zu thun und sich noch einmal von Herzen auszuweinen, die geplünderten Räume allein betrat . . . o welch ein Anblick! Nichts als kahle Wände! . . . Nur bort in der Nische, wo ihr Bett gestanden, wo sie ihm sterbend Lebewohl gesagt, was hing da? -- Mein Gott, was Keines der seinigen gemocht,' was ihnen nicht der Mühe werth geschienen, den Arm darnach auszustrecken, was Gustav tausendmal küßte, sorglich heimtrug, um es einem Heiligthume gleich auf dem Grunde seines Kastens zu verbergen; -- nichts Anderes, als das Muhme-Lieutnant-Saloppel. Das ist mein Erbstück, sagte er, da er es einschloß. er sich gerade noch aus drohender Gefahr retten konnte, ehe die gefürchtete Revision verhängt wurde. Lene und Fritzel fielen, wie einst über Wawerle's Näschereien, so jetzt habgierig über deren kleine Kostbarkeiten her. Herr und Frau Diesel eigneten sich die besseren Möbel und gute Wäsche zu. Alle übrigen Habseligkeiten waren bald verschleudert. An Gustel dachte Niemand, und er dachte nicht an sich bei diesem Raubanfalle auf die Verlassenschaft. Hatte er doch genugsam zu denken an die geliebte mütterliche Freundin. Wie er, um dies recht ungestört zu thun und sich noch einmal von Herzen auszuweinen, die geplünderten Räume allein betrat . . . o welch ein Anblick! Nichts als kahle Wände! . . . Nur bort in der Nische, wo ihr Bett gestanden, wo sie ihm sterbend Lebewohl gesagt, was hing da? — Mein Gott, was Keines der seinigen gemocht,' was ihnen nicht der Mühe werth geschienen, den Arm darnach auszustrecken, was Gustav tausendmal küßte, sorglich heimtrug, um es einem Heiligthume gleich auf dem Grunde seines Kastens zu verbergen; — nichts Anderes, als das Muhme-Lieutnant-Saloppel. Das ist mein Erbstück, sagte er, da er es einschloß. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0034"/> er sich gerade noch aus drohender Gefahr retten konnte, ehe die gefürchtete Revision verhängt wurde.</p><lb/> <p>Lene und Fritzel fielen, wie einst über Wawerle's Näschereien, so jetzt habgierig über deren kleine Kostbarkeiten her. Herr und Frau Diesel eigneten sich die besseren Möbel und gute Wäsche zu. Alle übrigen Habseligkeiten waren bald verschleudert. An Gustel dachte Niemand, und er dachte nicht an sich bei diesem Raubanfalle auf die Verlassenschaft. Hatte er doch genugsam zu denken an die geliebte mütterliche Freundin. Wie er, um dies recht ungestört zu thun und sich noch einmal von Herzen auszuweinen, die geplünderten Räume allein betrat . . . o welch ein Anblick! Nichts als kahle Wände! . . . Nur bort in der Nische, wo ihr Bett gestanden, wo sie ihm sterbend Lebewohl gesagt, was hing da? — Mein Gott, was Keines der seinigen gemocht,' was ihnen nicht der Mühe werth geschienen, den Arm darnach auszustrecken, was Gustav tausendmal küßte, sorglich heimtrug, um es einem Heiligthume gleich auf dem Grunde seines Kastens zu verbergen; — nichts Anderes, als das Muhme-Lieutnant-Saloppel.</p><lb/> <p>Das ist mein Erbstück, sagte er, da er es einschloß.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
er sich gerade noch aus drohender Gefahr retten konnte, ehe die gefürchtete Revision verhängt wurde.
Lene und Fritzel fielen, wie einst über Wawerle's Näschereien, so jetzt habgierig über deren kleine Kostbarkeiten her. Herr und Frau Diesel eigneten sich die besseren Möbel und gute Wäsche zu. Alle übrigen Habseligkeiten waren bald verschleudert. An Gustel dachte Niemand, und er dachte nicht an sich bei diesem Raubanfalle auf die Verlassenschaft. Hatte er doch genugsam zu denken an die geliebte mütterliche Freundin. Wie er, um dies recht ungestört zu thun und sich noch einmal von Herzen auszuweinen, die geplünderten Räume allein betrat . . . o welch ein Anblick! Nichts als kahle Wände! . . . Nur bort in der Nische, wo ihr Bett gestanden, wo sie ihm sterbend Lebewohl gesagt, was hing da? — Mein Gott, was Keines der seinigen gemocht,' was ihnen nicht der Mühe werth geschienen, den Arm darnach auszustrecken, was Gustav tausendmal küßte, sorglich heimtrug, um es einem Heiligthume gleich auf dem Grunde seines Kastens zu verbergen; — nichts Anderes, als das Muhme-Lieutnant-Saloppel.
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: 's Muhme-Leutnant-Saloppel. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_saloppel_1910/34>, abgerufen am 26.07.2024. |