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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Zwölfftes Buch/ Holtz und Weidwerck.
[Spaltenumbruch] Preiß/ vor allen andern gehabt. Diese aber werden/
den Sommer über/ in unsern Ländern nicht gesehen/
halten sich in hohen Gebürgen auf/ und nehmen ihren
Strich allein im Winter zu uns/ an Orten/ wo es viel
Kranwetssträuche (davon sie auch den Namen tragen)
gibt/ und werden daher für gesünder und edler gehalten/
weil das Fleisch wolriechend wird von der täglichen
Speise/ deren sie geniessen; sie sind den Mistlern an der
Farbe nicht viel ungleich/ ausser daß sie an der Brust
rothbräunlichter/ und etwas/ doch nur um die Wahl/
kleiner scheinen.

Der Kranwets-Vogel/ wann er des Morgens ei-
ne viertel Stund auf dem Geäse und Kranwetsbeeren
sich gefü[t]tert hat/ sucht er von stundan seine gewöhn-
liche Tränckstätte/ und von dannen eilet er wieder auf
seine Weide/ die er verlassen hat/ daher etliche Weid-
leute nur eine Tränckstätte offen lassen/ und die übri-
gen verdecken/ also daß man sie daselbst mit verdeckten
Schlag-Netzen/ oder Leimspindeln hauffenweise fan-
gen kan.

Wann ein ungestümmer/ stürmichter Herbst ist/
halten etliche dafür/ daß sie in der See am Uberflug er-
säuffen/ daher so wenig zu uns kommen.

Die eingesperrten Vögel/ die man übers Jahr er-
hält/ fressen zu Ausgang des Mayens wenig Kran-
wetbeer mehr/ und bleiben lieber bey ihrem Gerstenbrey/
und was ihnen sonst von Mahen oder Ameiß-Eyren dar-
unter gemenget wird.

Jn unsern Ländern werden sie meistentheils in
Mäschen/ Leim-Bäumen/ auch auf den Wald-Tennen
(davon hernach mehr folgen solle) gefangen/ die wer-
den zwar bald nach Michaelis auf hohe gebürgichte
Vorhöltzer/ wo viel Kranwetbeer wachsen/ und wohin
sie ihren Strich am liebsten nehmen/ gemacht/ dann
wiewol diese Vögel vor den halben October nicht an-
kommen/ fängt man doch unterdessen andere Vögel/ als
Droscheln/ Mistler und Amseln.

Die Kranwets-Vögel fressen auch Holunderbeer/
Würmlein/ Fliegen und Schnecken/ wie auch die Meel-
beer und Bucheckern; in Jtalia fressen sie Myrten und
Oliven/ und thun offt grossen Schaden/ weil sie Hauf-
fenweise einfallen.

Sie lassen sich zimlich wol treiben/ und wann sie nahend
an dem Tenn gebracht/ klopffet man wider einen
Baum/ oder auf die Erden/ so geben sie sich in die Höhe/
und fallen an die Ort/ wo kurtzes Gebüschwercke und
keine hohe Bircken oder andere Bäume stehen/ doch
muß man Bescheidenheit brauchen/ daß sie nicht gar
wegstreichen.

Wann etliche Wochen lang ein harter Frost gewe-
sen/ und wieder anfängt etwas aufzugehen/ suchen die
Kranwets-Vögel auf den feuchten Wiesen und Aen-
gern das Gewürme zusammen/ und zu der Zeit achten
sie sich der Krannwethen wenig/ biß sie vom Gewürme
satt worden; und ob sie schon zu Zeiten Morgens frühe
auf das Gesträuche fallen/ kommen sie doch denselben
gantzen Tage schwerlich wieder zu den Beeren; wann
sie aber wieder Frost und Schnee mercken/ so fallen
sie einen oder zwey Tage vorher gar begierig auf den
Tenne.

Das Männlein unter den Kranwets-Vögeln hat
auf der Brust mehr schwartze Flecklein/ und einen grös-
sern Kopf als das Weiblein/ wie D. Olina bezeuget.
[Spaltenumbruch] Der schreibet auch/ daß sie sich das gantze Jahr durch/
in Jtalia aufzuhalten pflegen; den Sommer über blei-
ben sie im Gebürg; im Herbst in den Gefildern und Hü-
geln; und den Winter durch/ an den Meerküsten/ wo
es viel Myrten und Wachholdersträuche giebt.

Die Mistler halten sich gern auf bey den Kranwets-
Vögeln/ leben auch einer Speise/ scheinen aber etwas
grösser/ und haben weißlicht und schwartze Flecken; der
Mistler wird an etlichen Orten auch Zaritzer und Brach-
Vogel genannt/ frisset gern die Beerlein so auf den
Mistlen wachsen/ davon ihm auch der Nahme geschöpfft
worden.

Doctor Gesnerus sagt/ daß die Bauren ihr Loß bey
diesem Vogel also haben/ daß/ wann dieser Vogel im
Ausgang des Winters/ hoch an der Spitzen eines
Baums sitzend und singend gesehen und gehöret werde/
soll es ein Zeichen eines harten Nachwinters seyn; setzet
er sich aber mitten unter die Aeste des Baumes/ also/
daß man ihn kaum sehen mag/ soll er des Sommers ehiste
Ankunfft und also ein frühes Jahr andeuten. Sommers-
Zeit begiebt sich dieser Vogel sehr tieff hinein in die Wäl-
der/ und verrichtet daselbst seine Brut; zur Lock wird er
viel leichter erhalten/ als der Kranwets-Vogel/ lässt sich
mit Kleyen/ Milch/ Topffen und dergleichen vergnügen.
Sie sind gehässig auf einander/ und wo sie einander auf
den Bäumen erblicken/ will einer den andern hinweg
treiben/ daher die Weidleute einen zahmen Mistler in
ein Keficht an einen Baum hencken/ und oben auf ein
Netze oder Leimspindel stellen/ darinn der fremde auf
diesen begierig-stossende Vogel im Herbst gefangen
wird/ und das heisset man den Mistler-Stich/ so bey den
Herrschafften den Vogelfängern nach einem gewissen
Gezirck im Bestand verlassen wird/ darfür sie ein gewis-
ses Geld oder etliche Bändel Vögel geben müssen/ und
werden jeglichem seine Gräntzen aufgezeichnet/ darüber
er nicht greiffen darff. Der Mistler hält sich auch gern
auf den geackerten Feldern/ zweifelsohne Würme zu su-
chen/ sonderlich auf den Brach-Aeckern/ deßwegen sie
etliche die Brach-Vögel nennen/ und sich vor dem
Raubvogel desto weiter umzusehen/ sie werden auch
sehr in den Mäschen mit Beeren und Geäse gefan-
gen.

Die Droscheln sind auch zweyerley Sorten/ die
Zipfdroscheln sind etwas grösser/ und sind unter den Flü-
geln gelb-weißlicht; ihr Strich geht neben den Amseln
bald nach Michaelis/ währt aber gar nicht lang/ und
verliert sich bald wieder; sie fressen gern Holunder- und
Vogelbeer/ daher sie auch mit den Mäschen/ so wol als
auf dem Tenn gefangen werden. Sie fallen gar frühe
ein/ und verweilen sich zimlich lang; in den Häuslen
werden sie erhalten wegen ihres guten Gesangs; man
wird sie auch den Früling durch allenthalben in den
Wäldern singen hören; sie brüten im April/ machen
ihre Nester aussenher aus Mies von Bäumen/ und inn-
wendig aus Letten oder Wurm-Mehl vom faulem
Holtz/ welches sie befeuchten/ gantz eben und glatt
machen.

Die Wein-Droschel aber ist etwas kleiner von
Leib/ ist unter den Flügeln röthlicht/ und nicht so bleich
als die Zipf-Droscheln/ hat auch schwartzbräunere Füsse;
sie fliegen auch mit grossen Hauffen/ wie die Kranwets-
Vögel/ doch nachdem etwan des Jahrs Beschaffenheit
und Witterung mit sich bringet/ sie fallen gern ein/ wo

sie gute

Zwoͤlfftes Buch/ Holtz und Weidwerck.
[Spaltenumbruch] Preiß/ vor allen andern gehabt. Dieſe aber werden/
den Sommer uͤber/ in unſern Laͤndern nicht geſehen/
halten ſich in hohen Gebuͤrgen auf/ und nehmen ihren
Strich allein im Winter zu uns/ an Orten/ wo es viel
Kranwetsſtraͤuche (davon ſie auch den Namen tragen)
gibt/ und werden daher fuͤr geſuͤnder und edler gehalten/
weil das Fleiſch wolriechend wird von der taͤglichen
Speiſe/ deren ſie genieſſen; ſie ſind den Miſtlern an der
Farbe nicht viel ungleich/ auſſer daß ſie an der Bruſt
rothbraͤunlichter/ und etwas/ doch nur um die Wahl/
kleiner ſcheinen.

Der Kranwets-Vogel/ wann er des Morgens ei-
ne viertel Stund auf dem Geaͤſe und Kranwetsbeeren
ſich gefuͤ[t]tert hat/ ſucht er von ſtundan ſeine gewoͤhn-
liche Traͤnckſtaͤtte/ und von dannen eilet er wieder auf
ſeine Weide/ die er verlaſſen hat/ daher etliche Weid-
leute nur eine Traͤnckſtaͤtte offen laſſen/ und die uͤbri-
gen verdecken/ alſo daß man ſie daſelbſt mit verdeckten
Schlag-Netzen/ oder Leimſpindeln hauffenweiſe fan-
gen kan.

Wann ein ungeſtuͤmmer/ ſtuͤrmichter Herbſt iſt/
halten etliche dafuͤr/ daß ſie in der See am Uberflug er-
ſaͤuffen/ daher ſo wenig zu uns kommen.

Die eingeſperrten Voͤgel/ die man uͤbers Jahr er-
haͤlt/ freſſen zu Ausgang des Mayens wenig Kran-
wetbeer mehr/ und bleiben lieber bey ihrem Gerſtenbrey/
und was ihnen ſonſt von Mahen oder Ameiß-Eyren dar-
unter gemenget wird.

Jn unſern Laͤndern werden ſie meiſtentheils in
Maͤſchen/ Leim-Baͤumen/ auch auf den Wald-Tennen
(davon hernach mehr folgen ſolle) gefangen/ die wer-
den zwar bald nach Michaelis auf hohe gebuͤrgichte
Vorhoͤltzer/ wo viel Kranwetbeer wachſen/ und wohin
ſie ihren Strich am liebſten nehmen/ gemacht/ dann
wiewol dieſe Voͤgel vor den halben October nicht an-
kommen/ faͤngt man doch unterdeſſen andere Voͤgel/ als
Droſcheln/ Miſtler und Amſeln.

Die Kranwets-Voͤgel freſſen auch Holunderbeer/
Wuͤrmlein/ Fliegen und Schnecken/ wie auch die Meel-
beer und Bucheckern; in Jtalia freſſen ſie Myrten und
Oliven/ und thun offt groſſen Schaden/ weil ſie Hauf-
fenweiſe einfallen.

Sie laſſen ſich zimlich wol treiben/ und wañ ſie nahend
an dem Tenn gebracht/ klopffet man wider einen
Baum/ oder auf die Erden/ ſo geben ſie ſich in die Hoͤhe/
und fallen an die Ort/ wo kurtzes Gebuͤſchwercke und
keine hohe Bircken oder andere Baͤume ſtehen/ doch
muß man Beſcheidenheit brauchen/ daß ſie nicht gar
wegſtreichen.

Wann etliche Wochen lang ein harter Froſt gewe-
ſen/ und wieder anfaͤngt etwas aufzugehen/ ſuchen die
Kranwets-Voͤgel auf den feuchten Wieſen und Aen-
gern das Gewuͤrme zuſammen/ und zu der Zeit achten
ſie ſich der Krannwethen wenig/ biß ſie vom Gewuͤrme
ſatt worden; und ob ſie ſchon zu Zeiten Morgens fruͤhe
auf das Geſtraͤuche fallen/ kommen ſie doch denſelben
gantzen Tage ſchwerlich wieder zu den Beeren; wann
ſie aber wieder Froſt und Schnee mercken/ ſo fallen
ſie einen oder zwey Tage vorher gar begierig auf den
Tenne.

Das Maͤnnlein unter den Kranwets-Voͤgeln hat
auf der Bruſt mehr ſchwartze Flecklein/ und einen groͤſ-
ſern Kopf als das Weiblein/ wie D. Olina bezeuget.
[Spaltenumbruch] Der ſchreibet auch/ daß ſie ſich das gantze Jahr durch/
in Jtalia aufzuhalten pflegen; den Sommer uͤber blei-
ben ſie im Gebuͤrg; im Herbſt in den Gefildern und Huͤ-
geln; und den Winter durch/ an den Meerkuͤſten/ wo
es viel Myrten und Wachholderſtraͤuche giebt.

Die Miſtler halten ſich gern auf bey den Kranwets-
Voͤgeln/ leben auch einer Speiſe/ ſcheinen aber etwas
groͤſſer/ und haben weißlicht und ſchwartze Flecken; der
Miſtler wird an etlichen Orten auch Zaritzer und Brach-
Vogel genannt/ friſſet gern die Beerlein ſo auf den
Miſtlen wachſen/ davon ihm auch der Nahme geſchoͤpfft
worden.

Doctor Geſnerus ſagt/ daß die Bauren ihr Loß bey
dieſem Vogel alſo haben/ daß/ wann dieſer Vogel im
Ausgang des Winters/ hoch an der Spitzen eines
Baums ſitzend und ſingend geſehen und gehoͤret werde/
ſoll es ein Zeichen eines harten Nachwinters ſeyn; ſetzet
er ſich aber mitten unter die Aeſte des Baumes/ alſo/
daß man ihn kaum ſehen mag/ ſoll er des Som̃ers ehiſte
Ankunfft und alſo ein fruͤhes Jahr andeuten. Sommers-
Zeit begiebt ſich dieſer Vogel ſehr tieff hinein in die Waͤl-
der/ und verrichtet daſelbſt ſeine Brut; zur Lock wird er
viel leichter erhalten/ als der Kranwets-Vogel/ laͤſſt ſich
mit Kleyen/ Milch/ Topffen und dergleichen vergnuͤgen.
Sie ſind gehaͤſſig auf einander/ und wo ſie einander auf
den Baͤumen erblicken/ will einer den andern hinweg
treiben/ daher die Weidleute einen zahmen Miſtler in
ein Keficht an einen Baum hencken/ und oben auf ein
Netze oder Leimſpindel ſtellen/ darinn der fremde auf
dieſen begierig-ſtoſſende Vogel im Herbſt gefangen
wird/ und das heiſſet man den Miſtler-Stich/ ſo bey den
Herrſchafften den Vogelfaͤngern nach einem gewiſſen
Gezirck im Beſtand verlaſſen wird/ darfuͤr ſie ein gewiſ-
ſes Geld oder etliche Baͤndel Voͤgel geben muͤſſen/ und
werden jeglichem ſeine Graͤntzen aufgezeichnet/ daruͤber
er nicht greiffen darff. Der Miſtler haͤlt ſich auch gern
auf den geackerten Feldern/ zweifelsohne Wuͤrme zu ſu-
chen/ ſonderlich auf den Brach-Aeckern/ deßwegen ſie
etliche die Brach-Voͤgel nennen/ und ſich vor dem
Raubvogel deſto weiter umzuſehen/ ſie werden auch
ſehr in den Maͤſchen mit Beeren und Geaͤſe gefan-
gen.

Die Droſcheln ſind auch zweyerley Sorten/ die
Zipfdroſcheln ſind etwas groͤſſer/ und ſind unter den Fluͤ-
geln gelb-weißlicht; ihr Strich geht neben den Amſeln
bald nach Michaelis/ waͤhrt aber gar nicht lang/ und
verliert ſich bald wieder; ſie freſſen gern Holunder- und
Vogelbeer/ daher ſie auch mit den Maͤſchen/ ſo wol als
auf dem Tenn gefangen werden. Sie fallen gar fruͤhe
ein/ und verweilen ſich zimlich lang; in den Haͤuslen
werden ſie erhalten wegen ihres guten Geſangs; man
wird ſie auch den Fruͤling durch allenthalben in den
Waͤldern ſingen hoͤren; ſie bruͤten im April/ machen
ihre Neſter auſſenher aus Mies von Baͤumen/ und inn-
wendig aus Letten oder Wurm-Mehl vom faulem
Holtz/ welches ſie befeuchten/ gantz eben und glatt
machen.

Die Wein-Droſchel aber iſt etwas kleiner von
Leib/ iſt unter den Fluͤgeln roͤthlicht/ und nicht ſo bleich
als die Zipf-Droſcheln/ hat auch ſchwartzbraͤunere Fuͤſſe;
ſie fliegen auch mit groſſen Hauffen/ wie die Kranwets-
Voͤgel/ doch nachdem etwan des Jahrs Beſchaffenheit
und Witterung mit ſich bringet/ ſie fallen gern ein/ wo

ſie gute
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[679/0697] Zwoͤlfftes Buch/ Holtz und Weidwerck. Preiß/ vor allen andern gehabt. Dieſe aber werden/ den Sommer uͤber/ in unſern Laͤndern nicht geſehen/ halten ſich in hohen Gebuͤrgen auf/ und nehmen ihren Strich allein im Winter zu uns/ an Orten/ wo es viel Kranwetsſtraͤuche (davon ſie auch den Namen tragen) gibt/ und werden daher fuͤr geſuͤnder und edler gehalten/ weil das Fleiſch wolriechend wird von der taͤglichen Speiſe/ deren ſie genieſſen; ſie ſind den Miſtlern an der Farbe nicht viel ungleich/ auſſer daß ſie an der Bruſt rothbraͤunlichter/ und etwas/ doch nur um die Wahl/ kleiner ſcheinen. Der Kranwets-Vogel/ wann er des Morgens ei- ne viertel Stund auf dem Geaͤſe und Kranwetsbeeren ſich gefuͤttert hat/ ſucht er von ſtundan ſeine gewoͤhn- liche Traͤnckſtaͤtte/ und von dannen eilet er wieder auf ſeine Weide/ die er verlaſſen hat/ daher etliche Weid- leute nur eine Traͤnckſtaͤtte offen laſſen/ und die uͤbri- gen verdecken/ alſo daß man ſie daſelbſt mit verdeckten Schlag-Netzen/ oder Leimſpindeln hauffenweiſe fan- gen kan. Wann ein ungeſtuͤmmer/ ſtuͤrmichter Herbſt iſt/ halten etliche dafuͤr/ daß ſie in der See am Uberflug er- ſaͤuffen/ daher ſo wenig zu uns kommen. Die eingeſperrten Voͤgel/ die man uͤbers Jahr er- haͤlt/ freſſen zu Ausgang des Mayens wenig Kran- wetbeer mehr/ und bleiben lieber bey ihrem Gerſtenbrey/ und was ihnen ſonſt von Mahen oder Ameiß-Eyren dar- unter gemenget wird. Jn unſern Laͤndern werden ſie meiſtentheils in Maͤſchen/ Leim-Baͤumen/ auch auf den Wald-Tennen (davon hernach mehr folgen ſolle) gefangen/ die wer- den zwar bald nach Michaelis auf hohe gebuͤrgichte Vorhoͤltzer/ wo viel Kranwetbeer wachſen/ und wohin ſie ihren Strich am liebſten nehmen/ gemacht/ dann wiewol dieſe Voͤgel vor den halben October nicht an- kommen/ faͤngt man doch unterdeſſen andere Voͤgel/ als Droſcheln/ Miſtler und Amſeln. Die Kranwets-Voͤgel freſſen auch Holunderbeer/ Wuͤrmlein/ Fliegen und Schnecken/ wie auch die Meel- beer und Bucheckern; in Jtalia freſſen ſie Myrten und Oliven/ und thun offt groſſen Schaden/ weil ſie Hauf- fenweiſe einfallen. Sie laſſen ſich zimlich wol treiben/ und wañ ſie nahend an dem Tenn gebracht/ klopffet man wider einen Baum/ oder auf die Erden/ ſo geben ſie ſich in die Hoͤhe/ und fallen an die Ort/ wo kurtzes Gebuͤſchwercke und keine hohe Bircken oder andere Baͤume ſtehen/ doch muß man Beſcheidenheit brauchen/ daß ſie nicht gar wegſtreichen. Wann etliche Wochen lang ein harter Froſt gewe- ſen/ und wieder anfaͤngt etwas aufzugehen/ ſuchen die Kranwets-Voͤgel auf den feuchten Wieſen und Aen- gern das Gewuͤrme zuſammen/ und zu der Zeit achten ſie ſich der Krannwethen wenig/ biß ſie vom Gewuͤrme ſatt worden; und ob ſie ſchon zu Zeiten Morgens fruͤhe auf das Geſtraͤuche fallen/ kommen ſie doch denſelben gantzen Tage ſchwerlich wieder zu den Beeren; wann ſie aber wieder Froſt und Schnee mercken/ ſo fallen ſie einen oder zwey Tage vorher gar begierig auf den Tenne. Das Maͤnnlein unter den Kranwets-Voͤgeln hat auf der Bruſt mehr ſchwartze Flecklein/ und einen groͤſ- ſern Kopf als das Weiblein/ wie D. Olina bezeuget. Der ſchreibet auch/ daß ſie ſich das gantze Jahr durch/ in Jtalia aufzuhalten pflegen; den Sommer uͤber blei- ben ſie im Gebuͤrg; im Herbſt in den Gefildern und Huͤ- geln; und den Winter durch/ an den Meerkuͤſten/ wo es viel Myrten und Wachholderſtraͤuche giebt. Die Miſtler halten ſich gern auf bey den Kranwets- Voͤgeln/ leben auch einer Speiſe/ ſcheinen aber etwas groͤſſer/ und haben weißlicht und ſchwartze Flecken; der Miſtler wird an etlichen Orten auch Zaritzer und Brach- Vogel genannt/ friſſet gern die Beerlein ſo auf den Miſtlen wachſen/ davon ihm auch der Nahme geſchoͤpfft worden. Doctor Geſnerus ſagt/ daß die Bauren ihr Loß bey dieſem Vogel alſo haben/ daß/ wann dieſer Vogel im Ausgang des Winters/ hoch an der Spitzen eines Baums ſitzend und ſingend geſehen und gehoͤret werde/ ſoll es ein Zeichen eines harten Nachwinters ſeyn; ſetzet er ſich aber mitten unter die Aeſte des Baumes/ alſo/ daß man ihn kaum ſehen mag/ ſoll er des Som̃ers ehiſte Ankunfft und alſo ein fruͤhes Jahr andeuten. Sommers- Zeit begiebt ſich dieſer Vogel ſehr tieff hinein in die Waͤl- der/ und verrichtet daſelbſt ſeine Brut; zur Lock wird er viel leichter erhalten/ als der Kranwets-Vogel/ laͤſſt ſich mit Kleyen/ Milch/ Topffen und dergleichen vergnuͤgen. Sie ſind gehaͤſſig auf einander/ und wo ſie einander auf den Baͤumen erblicken/ will einer den andern hinweg treiben/ daher die Weidleute einen zahmen Miſtler in ein Keficht an einen Baum hencken/ und oben auf ein Netze oder Leimſpindel ſtellen/ darinn der fremde auf dieſen begierig-ſtoſſende Vogel im Herbſt gefangen wird/ und das heiſſet man den Miſtler-Stich/ ſo bey den Herrſchafften den Vogelfaͤngern nach einem gewiſſen Gezirck im Beſtand verlaſſen wird/ darfuͤr ſie ein gewiſ- ſes Geld oder etliche Baͤndel Voͤgel geben muͤſſen/ und werden jeglichem ſeine Graͤntzen aufgezeichnet/ daruͤber er nicht greiffen darff. Der Miſtler haͤlt ſich auch gern auf den geackerten Feldern/ zweifelsohne Wuͤrme zu ſu- chen/ ſonderlich auf den Brach-Aeckern/ deßwegen ſie etliche die Brach-Voͤgel nennen/ und ſich vor dem Raubvogel deſto weiter umzuſehen/ ſie werden auch ſehr in den Maͤſchen mit Beeren und Geaͤſe gefan- gen. Die Droſcheln ſind auch zweyerley Sorten/ die Zipfdroſcheln ſind etwas groͤſſer/ und ſind unter den Fluͤ- geln gelb-weißlicht; ihr Strich geht neben den Amſeln bald nach Michaelis/ waͤhrt aber gar nicht lang/ und verliert ſich bald wieder; ſie freſſen gern Holunder- und Vogelbeer/ daher ſie auch mit den Maͤſchen/ ſo wol als auf dem Tenn gefangen werden. Sie fallen gar fruͤhe ein/ und verweilen ſich zimlich lang; in den Haͤuslen werden ſie erhalten wegen ihres guten Geſangs; man wird ſie auch den Fruͤling durch allenthalben in den Waͤldern ſingen hoͤren; ſie bruͤten im April/ machen ihre Neſter auſſenher aus Mies von Baͤumen/ und inn- wendig aus Letten oder Wurm-Mehl vom faulem Holtz/ welches ſie befeuchten/ gantz eben und glatt machen. Die Wein-Droſchel aber iſt etwas kleiner von Leib/ iſt unter den Fluͤgeln roͤthlicht/ und nicht ſo bleich als die Zipf-Droſcheln/ hat auch ſchwartzbraͤunere Fuͤſſe; ſie fliegen auch mit groſſen Hauffen/ wie die Kranwets- Voͤgel/ doch nachdem etwan des Jahrs Beſchaffenheit und Witterung mit ſich bringet/ ſie fallen gern ein/ wo ſie gute

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/697>, abgerufen am 24.11.2024.