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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] den Brenn-Zeug/ und das thue so lang etwas da ist/
hernach laß alles sauber ausputzen. Also fülle den
Brenn-Zeug nur halb voll/ gib ein gelindes Feuer/ und
laß es also wie vorher distilliren/ nur daß die Hitze nicht
übertrieben sey/ und man mit keinen Liecht dem
Recipienten zu nahe komme/ denn weil die evapori-
renden Geister des Brandweins/ per continuationem
Atomorum,
von einem annahenden Liecht oder Feuer
bald angesteckt werden/ könnte alles darüber zu Stü-
cken gehen. Zum Läutern braucht man nur schlechte
Kohlen/ und darf die Hitze kaum die Helffte so groß
seyn/ als wie man den ersten Brandwein/ mit seinem
Phlegmate abziehet.

Etliche legen/ wann man den Brandwein zum an-
dernmal abzieht und läutert/ zerschnittenes oder gestos-
senes Gewürtz/ nach Belieben/ hinein/ als Nägelein/
Pfeffer/ Jngber/ Parißkörner/ Cubeben/ gesamt oder
sonders/ so kriegt er einen guten Geschmack/ und mehr
Stärcke; man kan auch gleichmässig Anis/ Fenchel/
oder andere Species beyfügen/ den Brandwein desto
lieblicher zu machen.

Wann der Brandwein von guten Wein gebrennt
wird/ ist er ohne Zweifel so wol zur Gesundheit als Artz-
ney tauglicher; vom guten Weinläger aber wird er stär-
cker/ und weil solches sonst zu nichts zu gebrauchen/ ist es
auch der Haus-Wirtschafft fürträglicher/ weil der gu-
te Wein ohne dieses seinen grossen Nutzen hat/ weil
wir auch hier nicht von einem Apothecker/ sondern von
einem gutem Hauswirth reden/ der dahin trachtet/
wie er sein gut recht geniessen könne/ daß nichts um-
komme.

[Spaltenumbruch]

Was aber die köstlichen Schlag-Zimmet- und
starcken Krafft-Wasser antrifft/ muß eine sorgfältige
Hausmutter allein guten Vierdingen edlen Wein zu
Einbeissung der Species nehmen/ welcher dann allein
oder gemischt/ alle von Feuchtigkeit und Kälten herrüh-
rende Gebrechen mit seiner austrocknenden und erwär-
menden Krafft verbessert/ fomentirt das Gehirn/ ver-
mehrt und widerbringt die blöde Gedächtniß/ bekräfftet
die Nerven und Senn-Adern/ macht gutes reines Ge-
blüt/ verhindert die Schlag-Flüsse/ fallende Suchten/
Zittern der Glieder/ erleuchtert die niedergedruckten
Lebens-Geister und natürliche Wärme/ dienet den
schleimichten Mägen. Von den Compositis und treff-
lichen Krafft-Wassern will ich hier nichts gedencken/
weil davon droben im dritten Buch Meldung ge-
schehen.

Wie aber ein Hausvatter aus dem Capite mor-
tuo,
nach gebranntem Brandwein/ erstlich guten Essig
machen; hernach aber aus den reliquiis fecis den Wein-
stein häuffig ziehen/ auch sonst andere Vortheil davon
haben kan/ besihe Glauberum in seinem Bericht/ wie
man aus den Weinhäfen guten Weinstein in grosser
Menge extrahiren soll; so seiner Pharmacopoeae Spa-
gyricae, Anno
1658 zu Franckfort am Mayn beyge-
druckt worden/ welches einen nicht geringen Nutzen von
einer Sachen/ die ohne diß wenig geachtet wird/ schaf-
fen kan/ davon besihe in diesem Buch das 60 Capi-
tel. Der Brandwein wird zu vielen Sachen nützlich
gebraucht/ davon allenthalben bey den Medicis zu finden.
Porta erzehlt/ er habe zu Rom einen Fisch/ den man im
Brandwein gelegt hat/ gesehen/ daß er 25 Jahr so frisch
geblieben ist/ als ob er lebendig wäre.

Cap. LII.
Vom Essig.
[Spaltenumbruch]

WJe nothwendig der Essig in einem Hause sey/
wissen alle Haushalter/ Hausmütter/ Köch/
und Köchinnen/ nicht allein zu Salaten/ Fisch
sieden/ Fleisch einmachen/ und dergleichen/ sondern
auch zu allerhand Artzneyen/ zu Hitz-Kühlungen/ bevor-
aus wann die Infection regiert/ den Unlust zum Essen
zu benehmen/ und guten Appetit zu erwecken. Der Es-
sig ist gut wider alles Gifft/ nach Dioscoridis Bericht/
warm getruncken und wieder von sich gebrochen; auch
wider der Schlangen und gifftiger Thier Biß/ so mit
einer Erkältung beschädigen/ warm gemacht und damit
gebähet/ und meldet Plinius lib. 23. c. 1. daß einer/ der
in einem Geschirr Essig getragen/ von einer Natter sey
gestochen worden/ der habe/ so lang er das Gefässe in
Handen gehabt/ keinen Schmertzen empfunden/ als
ers aber von sich ohngefehr legte/ fühlete er den Natter-
stich/ so bald er das Gefässe wieder nahm/ vergieng der
Schmertzen/ daraus er/ des Essigs Tugend vermer-
ckend/ einen Trunck davon gethan/ und also geheilt
worden.

Die Constabel bey der Artiglerie, wann ein Stuck
von vielen Schiessen sehr erhitzt wird/ haben kein bewähr-
ter Mittel/ es geschwind wieder abzukühlen/ als wann sie
es mit Essig waschen; sein Temperament ist kalt und
trocken. Das Schluchsen oder Hötschetschen ver-
[Spaltenumbruch] treibt ein Trunck Essig/ auch sein Geruch das starcke
Niessen.

Den Essig aber zu machen nimmt man zwey neue
Essig-Fässel von einem halben Eimer/ oder wie man will/
die aus alten Weintaufeln zusammen gebunden worden/
die müssen vorher wol gesäubert/ und aller undienlicher
Geschmack weggenommen werden. Jn dieser Fäßlein
ein jedes giesst man des besten Wein-Essigs also heiß
siedender 4 Maß hinein/ verbailts alsobald/ und lässt
die Fässel über und über waltzen/ daß sich die Säuren
wol in das Holtz ziehe/ das thut man 6 Stund lang/ biß
der Essig kalt worden/ alsdann wird er bey dem Bail
wieder heraus gelassen/ und werden die Fässel an ihre
Stelle gebracht/ an einen warmen Ort/ da sie still
bleiben/ da giesst man dann in jedes 8 Maß guten Es-
sig/ 8 Tag hernach füllt man eine Maß Wein nach;
und die folgende 8 Tage wieder so viel/ doch daß man
vorhero koste/ ob er seine rechte Säuren habe/ sonst
möchte man ihn abstehen machen; ist er aber sauer
gnug/ so fährt man also fort/ biß das Fässel halb voll sey;
wann er so dann gut ist/ füllt man allezeit über den vierd-
ten Tag so viel nach/ nachdem man den Geschmack
seiner Säuren vorher geprüfet hat; wann er nun schier
gefüllt ist/ mag man davon zur Hausnothdurfft davon
herablassen/ ja man kan wol die 2 Drittel davon ablas-
sen/ entweder ein ander Fässel zum Vorrath wieder zu

bereiten/

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] den Brenn-Zeug/ und das thue ſo lang etwas da iſt/
hernach laß alles ſauber ausputzen. Alſo fuͤlle den
Brenn-Zeug nur halb voll/ gib ein gelindes Feuer/ und
laß es alſo wie vorher diſtilliren/ nur daß die Hitze nicht
uͤbertrieben ſey/ und man mit keinen Liecht dem
Recipienten zu nahe komme/ denn weil die evapori-
renden Geiſter des Brandweins/ per continuationem
Atomorum,
von einem annahenden Liecht oder Feuer
bald angeſteckt werden/ koͤnnte alles daruͤber zu Stuͤ-
cken gehen. Zum Laͤutern braucht man nur ſchlechte
Kohlen/ und darf die Hitze kaum die Helffte ſo groß
ſeyn/ als wie man den erſten Brandwein/ mit ſeinem
Phlegmate abziehet.

Etliche legen/ wann man den Brandwein zum an-
dernmal abzieht und laͤutert/ zerſchnittenes oder geſtoſ-
ſenes Gewuͤrtz/ nach Belieben/ hinein/ als Naͤgelein/
Pfeffer/ Jngber/ Parißkoͤrner/ Cubeben/ geſamt oder
ſonders/ ſo kriegt er einen guten Geſchmack/ und mehr
Staͤrcke; man kan auch gleichmaͤſſig Anis/ Fenchel/
oder andere Species beyfuͤgen/ den Brandwein deſto
lieblicher zu machen.

Wann der Brandwein von guten Wein gebrennt
wird/ iſt er ohne Zweifel ſo wol zur Geſundheit als Artz-
ney tauglicher; vom guten Weinlaͤger aber wird er ſtaͤr-
cker/ und weil ſolches ſonſt zu nichts zu gebrauchen/ iſt es
auch der Haus-Wirtſchafft fuͤrtraͤglicher/ weil der gu-
te Wein ohne dieſes ſeinen groſſen Nutzen hat/ weil
wir auch hier nicht von einem Apothecker/ ſondern von
einem gutem Hauswirth reden/ der dahin trachtet/
wie er ſein gut recht genieſſen koͤnne/ daß nichts um-
komme.

[Spaltenumbruch]

Was aber die koͤſtlichen Schlag-Zimmet- und
ſtarcken Krafft-Waſſer antrifft/ muß eine ſorgfaͤltige
Hausmutter allein guten Vierdingen edlen Wein zu
Einbeiſſung der Species nehmen/ welcher dann allein
oder gemiſcht/ alle von Feuchtigkeit und Kaͤlten herruͤh-
rende Gebrechen mit ſeiner austrocknenden und erwaͤr-
menden Krafft verbeſſert/ fomentirt das Gehirn/ ver-
mehrt und widerbringt die bloͤde Gedaͤchtniß/ bekraͤfftet
die Nerven und Senn-Adern/ macht gutes reines Ge-
bluͤt/ verhindert die Schlag-Fluͤſſe/ fallende Suchten/
Zittern der Glieder/ erleuchtert die niedergedruckten
Lebens-Geiſter und natuͤrliche Waͤrme/ dienet den
ſchleimichten Maͤgen. Von den Compoſitis und treff-
lichen Krafft-Waſſern will ich hier nichts gedencken/
weil davon droben im dritten Buch Meldung ge-
ſchehen.

Wie aber ein Hausvatter aus dem Capite mor-
tuo,
nach gebranntem Brandwein/ erſtlich guten Eſſig
machen; hernach aber aus den reliquiis fecis den Wein-
ſtein haͤuffig ziehen/ auch ſonſt andere Vortheil davon
haben kan/ beſihe Glauberum in ſeinem Bericht/ wie
man aus den Weinhaͤfen guten Weinſtein in groſſer
Menge extrahiren ſoll; ſo ſeiner Pharmacopœæ Spa-
gyricæ, Anno
1658 zu Franckfort am Mayn beyge-
druckt worden/ welches einen nicht geringen Nutzen von
einer Sachen/ die ohne diß wenig geachtet wird/ ſchaf-
fen kan/ davon beſihe in dieſem Buch das 60 Capi-
tel. Der Brandwein wird zu vielen Sachen nuͤtzlich
gebraucht/ davon allenthalben bey den Medicis zu finden.
Porta erzehlt/ er habe zu Rom einen Fiſch/ den man im
Brandwein gelegt hat/ geſehen/ daß er 25 Jahr ſo friſch
geblieben iſt/ als ob er lebendig waͤre.

Cap. LII.
Vom Eſſig.
[Spaltenumbruch]

WJe nothwendig der Eſſig in einem Hauſe ſey/
wiſſen alle Haushalter/ Hausmuͤtter/ Koͤch/
und Koͤchinnen/ nicht allein zu Salaten/ Fiſch
ſieden/ Fleiſch einmachen/ und dergleichen/ ſondern
auch zu allerhand Artzneyen/ zu Hitz-Kuͤhlungen/ bevor-
aus wann die Infection regiert/ den Unluſt zum Eſſen
zu benehmen/ und guten Appetit zu erwecken. Der Eſ-
ſig iſt gut wider alles Gifft/ nach Dioſcoridis Bericht/
warm getruncken und wieder von ſich gebrochen; auch
wider der Schlangen und gifftiger Thier Biß/ ſo mit
einer Erkaͤltung beſchaͤdigen/ warm gemacht und damit
gebaͤhet/ und meldet Plinius lib. 23. c. 1. daß einer/ der
in einem Geſchirr Eſſig getragen/ von einer Natter ſey
geſtochen worden/ der habe/ ſo lang er das Gefaͤſſe in
Handen gehabt/ keinen Schmertzen empfunden/ als
ers aber von ſich ohngefehr legte/ fuͤhlete er den Natter-
ſtich/ ſo bald er das Gefaͤſſe wieder nahm/ vergieng der
Schmertzen/ daraus er/ des Eſſigs Tugend vermer-
ckend/ einen Trunck davon gethan/ und alſo geheilt
worden.

Die Conſtabel bey der Artiglerie, wann ein Stuck
von vielen Schieſſen ſehr erhitzt wird/ haben kein bewaͤhr-
ter Mittel/ es geſchwind wieder abzukuͤhlen/ als wann ſie
es mit Eſſig waſchen; ſein Temperament iſt kalt und
trocken. Das Schluchſen oder Hoͤtſchetſchen ver-
[Spaltenumbruch] treibt ein Trunck Eſſig/ auch ſein Geruch das ſtarcke
Nieſſen.

Den Eſſig aber zu machen nimmt man zwey neue
Eſſig-Faͤſſel von einem halben Eimer/ oder wie man will/
die aus alten Weintaufeln zuſam̃en gebunden worden/
die muͤſſen vorher wol geſaͤubert/ und aller undienlicher
Geſchmack weggenommen werden. Jn dieſer Faͤßlein
ein jedes gieſſt man des beſten Wein-Eſſigs alſo heiß
ſiedender 4 Maß hinein/ verbailts alſobald/ und laͤſſt
die Faͤſſel uͤber und uͤber waltzen/ daß ſich die Saͤuren
wol in das Holtz ziehe/ das thut man 6 Stund lang/ biß
der Eſſig kalt worden/ alsdann wird er bey dem Bail
wieder heraus gelaſſen/ und werden die Faͤſſel an ihre
Stelle gebracht/ an einen warmen Ort/ da ſie ſtill
bleiben/ da gieſſt man dann in jedes 8 Maß guten Eſ-
ſig/ 8 Tag hernach fuͤllt man eine Maß Wein nach;
und die folgende 8 Tage wieder ſo viel/ doch daß man
vorhero koſte/ ob er ſeine rechte Saͤuren habe/ ſonſt
moͤchte man ihn abſtehen machen; iſt er aber ſauer
gnug/ ſo faͤhrt man alſo fort/ biß das Faͤſſel halb voll ſey;
wann er ſo dann gut iſt/ fuͤllt man allezeit uͤber den vierd-
ten Tag ſo viel nach/ nachdem man den Geſchmack
ſeiner Saͤuren vorher gepruͤfet hat; wann er nun ſchier
gefuͤllt iſt/ mag man davon zur Hausnothdurfft davon
herablaſſen/ ja man kan wol die 2 Drittel davon ablaſ-
ſen/ entweder ein ander Faͤſſel zum Vorrath wieder zu

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[374/0392] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens den Brenn-Zeug/ und das thue ſo lang etwas da iſt/ hernach laß alles ſauber ausputzen. Alſo fuͤlle den Brenn-Zeug nur halb voll/ gib ein gelindes Feuer/ und laß es alſo wie vorher diſtilliren/ nur daß die Hitze nicht uͤbertrieben ſey/ und man mit keinen Liecht dem Recipienten zu nahe komme/ denn weil die evapori- renden Geiſter des Brandweins/ per continuationem Atomorum, von einem annahenden Liecht oder Feuer bald angeſteckt werden/ koͤnnte alles daruͤber zu Stuͤ- cken gehen. Zum Laͤutern braucht man nur ſchlechte Kohlen/ und darf die Hitze kaum die Helffte ſo groß ſeyn/ als wie man den erſten Brandwein/ mit ſeinem Phlegmate abziehet. Etliche legen/ wann man den Brandwein zum an- dernmal abzieht und laͤutert/ zerſchnittenes oder geſtoſ- ſenes Gewuͤrtz/ nach Belieben/ hinein/ als Naͤgelein/ Pfeffer/ Jngber/ Parißkoͤrner/ Cubeben/ geſamt oder ſonders/ ſo kriegt er einen guten Geſchmack/ und mehr Staͤrcke; man kan auch gleichmaͤſſig Anis/ Fenchel/ oder andere Species beyfuͤgen/ den Brandwein deſto lieblicher zu machen. Wann der Brandwein von guten Wein gebrennt wird/ iſt er ohne Zweifel ſo wol zur Geſundheit als Artz- ney tauglicher; vom guten Weinlaͤger aber wird er ſtaͤr- cker/ und weil ſolches ſonſt zu nichts zu gebrauchen/ iſt es auch der Haus-Wirtſchafft fuͤrtraͤglicher/ weil der gu- te Wein ohne dieſes ſeinen groſſen Nutzen hat/ weil wir auch hier nicht von einem Apothecker/ ſondern von einem gutem Hauswirth reden/ der dahin trachtet/ wie er ſein gut recht genieſſen koͤnne/ daß nichts um- komme. Was aber die koͤſtlichen Schlag-Zimmet- und ſtarcken Krafft-Waſſer antrifft/ muß eine ſorgfaͤltige Hausmutter allein guten Vierdingen edlen Wein zu Einbeiſſung der Species nehmen/ welcher dann allein oder gemiſcht/ alle von Feuchtigkeit und Kaͤlten herruͤh- rende Gebrechen mit ſeiner austrocknenden und erwaͤr- menden Krafft verbeſſert/ fomentirt das Gehirn/ ver- mehrt und widerbringt die bloͤde Gedaͤchtniß/ bekraͤfftet die Nerven und Senn-Adern/ macht gutes reines Ge- bluͤt/ verhindert die Schlag-Fluͤſſe/ fallende Suchten/ Zittern der Glieder/ erleuchtert die niedergedruckten Lebens-Geiſter und natuͤrliche Waͤrme/ dienet den ſchleimichten Maͤgen. Von den Compoſitis und treff- lichen Krafft-Waſſern will ich hier nichts gedencken/ weil davon droben im dritten Buch Meldung ge- ſchehen. Wie aber ein Hausvatter aus dem Capite mor- tuo, nach gebranntem Brandwein/ erſtlich guten Eſſig machen; hernach aber aus den reliquiis fecis den Wein- ſtein haͤuffig ziehen/ auch ſonſt andere Vortheil davon haben kan/ beſihe Glauberum in ſeinem Bericht/ wie man aus den Weinhaͤfen guten Weinſtein in groſſer Menge extrahiren ſoll; ſo ſeiner Pharmacopœæ Spa- gyricæ, Anno 1658 zu Franckfort am Mayn beyge- druckt worden/ welches einen nicht geringen Nutzen von einer Sachen/ die ohne diß wenig geachtet wird/ ſchaf- fen kan/ davon beſihe in dieſem Buch das 60 Capi- tel. Der Brandwein wird zu vielen Sachen nuͤtzlich gebraucht/ davon allenthalben bey den Medicis zu finden. Porta erzehlt/ er habe zu Rom einen Fiſch/ den man im Brandwein gelegt hat/ geſehen/ daß er 25 Jahr ſo friſch geblieben iſt/ als ob er lebendig waͤre. Cap. LII. Vom Eſſig. WJe nothwendig der Eſſig in einem Hauſe ſey/ wiſſen alle Haushalter/ Hausmuͤtter/ Koͤch/ und Koͤchinnen/ nicht allein zu Salaten/ Fiſch ſieden/ Fleiſch einmachen/ und dergleichen/ ſondern auch zu allerhand Artzneyen/ zu Hitz-Kuͤhlungen/ bevor- aus wann die Infection regiert/ den Unluſt zum Eſſen zu benehmen/ und guten Appetit zu erwecken. Der Eſ- ſig iſt gut wider alles Gifft/ nach Dioſcoridis Bericht/ warm getruncken und wieder von ſich gebrochen; auch wider der Schlangen und gifftiger Thier Biß/ ſo mit einer Erkaͤltung beſchaͤdigen/ warm gemacht und damit gebaͤhet/ und meldet Plinius lib. 23. c. 1. daß einer/ der in einem Geſchirr Eſſig getragen/ von einer Natter ſey geſtochen worden/ der habe/ ſo lang er das Gefaͤſſe in Handen gehabt/ keinen Schmertzen empfunden/ als ers aber von ſich ohngefehr legte/ fuͤhlete er den Natter- ſtich/ ſo bald er das Gefaͤſſe wieder nahm/ vergieng der Schmertzen/ daraus er/ des Eſſigs Tugend vermer- ckend/ einen Trunck davon gethan/ und alſo geheilt worden. Die Conſtabel bey der Artiglerie, wann ein Stuck von vielen Schieſſen ſehr erhitzt wird/ haben kein bewaͤhr- ter Mittel/ es geſchwind wieder abzukuͤhlen/ als wann ſie es mit Eſſig waſchen; ſein Temperament iſt kalt und trocken. Das Schluchſen oder Hoͤtſchetſchen ver- treibt ein Trunck Eſſig/ auch ſein Geruch das ſtarcke Nieſſen. Den Eſſig aber zu machen nimmt man zwey neue Eſſig-Faͤſſel von einem halben Eimer/ oder wie man will/ die aus alten Weintaufeln zuſam̃en gebunden worden/ die muͤſſen vorher wol geſaͤubert/ und aller undienlicher Geſchmack weggenommen werden. Jn dieſer Faͤßlein ein jedes gieſſt man des beſten Wein-Eſſigs alſo heiß ſiedender 4 Maß hinein/ verbailts alſobald/ und laͤſſt die Faͤſſel uͤber und uͤber waltzen/ daß ſich die Saͤuren wol in das Holtz ziehe/ das thut man 6 Stund lang/ biß der Eſſig kalt worden/ alsdann wird er bey dem Bail wieder heraus gelaſſen/ und werden die Faͤſſel an ihre Stelle gebracht/ an einen warmen Ort/ da ſie ſtill bleiben/ da gieſſt man dann in jedes 8 Maß guten Eſ- ſig/ 8 Tag hernach fuͤllt man eine Maß Wein nach; und die folgende 8 Tage wieder ſo viel/ doch daß man vorhero koſte/ ob er ſeine rechte Saͤuren habe/ ſonſt moͤchte man ihn abſtehen machen; iſt er aber ſauer gnug/ ſo faͤhrt man alſo fort/ biß das Faͤſſel halb voll ſey; wann er ſo dann gut iſt/ fuͤllt man allezeit uͤber den vierd- ten Tag ſo viel nach/ nachdem man den Geſchmack ſeiner Saͤuren vorher gepruͤfet hat; wann er nun ſchier gefuͤllt iſt/ mag man davon zur Hausnothdurfft davon herablaſſen/ ja man kan wol die 2 Drittel davon ablaſ- ſen/ entweder ein ander Faͤſſel zum Vorrath wieder zu bereiten/

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/392>, abgerufen am 25.11.2024.