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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der Andern Abhandlung
Daß aber dis ümsonst/ das wirstu ja allhier
Dar aus genug erblicken/
Weil auch der Mund/ der doch geküst/
Und die gewünschte Lust gebüst/
Zu der Erzehlung sich nicht füglich weiß zu schicken.
Was Hiebels Bienstock trägt/ und Cyperns Rohr läst fliessen/
Wird vor der Süssigkeit der Küsse weichen müssen.
Erg. O süsser Kuß und Liebe Dieberey!
Mirt. Doch war die Süssigkeit nicht aller Mängel frey.
Dann dis ermangelte zu völligem Gelücke/
Die Liebe gab sie nur/ und nahm sie nicht zurücke.
Erg. Als nun dich der Kuß erreichte/ war denn deine Lust sehr groß?
Mirt. Jch empfand/ wie meine Seele gantz auf ihre Lippen floß:
Und durch der Anmuth Uberfluß
So war mein Leben hier nichts anders als ein Kuß;
Wie dann die Glieder mir auch todt zu seyn begunten/
Und nur durch Zittern sich noch etwas rühren kunten.
Als ich nun nahe kam/
Und ihrer Blicke Blitz betrachte/
Theils den Betrug auch recht bedachte/
So spürt ich/ wie ihr Glantz mich gantz gefangen nahm.
Doch durch ein heiteres Lachen erqvicket/
So bin ich endlich noch behertzt herfür gerücket.
Die Liebe wolt ihr itzt auf beyden Lippen schweben/
Wie man eine Biene schaut zwischen zweyen Rosen kleben;
Und weil noch der geküste Mund
Geschlossen stund/
So troff mir nichts als Honig auf das Hertze.
Als sie aber ihre Rosen kam an meinen Mund zu reiben/
(Dem Zufall/ keiner Gunst/ ist dieses zuzuschreiben)
Und Kuß auf Küsse schnellte;
Wenn durch ein befeuchtes Schmatzen Mund zu Munde sich gesellte/
(Ach daß ich dis verlieren kan und leben!)
So ward mein Hertz ümzirckt mit neuem Schmertze:
Welches damals mir zur Pein gleichsam wieder war gegeben.
Mir nun/ bis auf den Tod verwnndet und geschlagen/
Wäre gewiß die Gedult hier entrissen/
Daß ich die mörderschen Lippen gebissen/
Wenn
Der Andern Abhandlung
Daß aber dis uͤmſonſt/ das wirſtu ja allhier
Dar aus genug erblicken/
Weil auch der Mund/ der doch gekuͤſt/
Und die gewuͤnſchte Luſt gebuͤſt/
Zu der Erzehlung ſich nicht fuͤglich weiß zu ſchicken.
Was Hiebels Bienſtock traͤgt/ und Cyperns Rohr laͤſt flieſſen/
Wird vor der Suͤſſigkeit der Kuͤſſe weichen muͤſſen.
Erg. O ſuͤſſer Kuß und Liebe Dieberey!
Mirt. Doch war die Suͤſſigkeit nicht aller Maͤngel frey.
Dann dis ermangelte zu voͤlligem Geluͤcke/
Die Liebe gab ſie nur/ und nahm ſie nicht zuruͤcke.
Erg. Als nun dich der Kuß erreichte/ war denn deine Luſt ſehr groß?
Mirt. Jch empfand/ wie meine Seele gantz auf ihre Lippen floß:
Und durch der Anmuth Uberfluß
So war mein Leben hier nichts anders als ein Kuß;
Wie dann die Glieder mir auch todt zu ſeyn begunten/
Und nur durch Zittern ſich noch etwas ruͤhren kunten.
Als ich nun nahe kam/
Und ihrer Blicke Blitz betrachte/
Theils den Betrug auch recht bedachte/
So ſpuͤrt ich/ wie ihr Glantz mich gantz gefangen nahm.
Doch durch ein heiteres Lachen erqvicket/
So bin ich endlich noch behertzt herfuͤr geruͤcket.
Die Liebe wolt ihr itzt auf beyden Lippen ſchweben/
Wie man eine Biene ſchaut zwiſchen zweyen Roſen kleben;
Und weil noch der gekuͤſte Mund
Geſchloſſen ſtund/
So troff mir nichts als Honig auf das Hertze.
Als ſie aber ihre Roſen kam an meinen Mund zu reiben/
(Dem Zufall/ keiner Gunſt/ iſt dieſes zuzuſchreiben)
Und Kuß auf Kuͤſſe ſchnellte;
Wenn durch ein befeuchtes Schmatzen Mund zu Munde ſich geſellte/
(Ach daß ich dis verlieren kan und leben!)
So ward mein Hertz uͤmzirckt mit neuem Schmertze:
Welches damals mir zur Pein gleichſam wieder war gegeben.
Mir nun/ bis auf den Tod verwnndet und geſchlagen/
Waͤre gewiß die Gedult hier entriſſen/
Daß ich die moͤrderſchen Lippen gebiſſen/
Wenn
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[40/0086] Der Andern Abhandlung Daß aber dis uͤmſonſt/ das wirſtu ja allhier Dar aus genug erblicken/ Weil auch der Mund/ der doch gekuͤſt/ Und die gewuͤnſchte Luſt gebuͤſt/ Zu der Erzehlung ſich nicht fuͤglich weiß zu ſchicken. Was Hiebels Bienſtock traͤgt/ und Cyperns Rohr laͤſt flieſſen/ Wird vor der Suͤſſigkeit der Kuͤſſe weichen muͤſſen. Erg. O ſuͤſſer Kuß und Liebe Dieberey! Mirt. Doch war die Suͤſſigkeit nicht aller Maͤngel frey. Dann dis ermangelte zu voͤlligem Geluͤcke/ Die Liebe gab ſie nur/ und nahm ſie nicht zuruͤcke. Erg. Als nun dich der Kuß erreichte/ war denn deine Luſt ſehr groß? Mirt. Jch empfand/ wie meine Seele gantz auf ihre Lippen floß: Und durch der Anmuth Uberfluß So war mein Leben hier nichts anders als ein Kuß; Wie dann die Glieder mir auch todt zu ſeyn begunten/ Und nur durch Zittern ſich noch etwas ruͤhren kunten. Als ich nun nahe kam/ Und ihrer Blicke Blitz betrachte/ Theils den Betrug auch recht bedachte/ So ſpuͤrt ich/ wie ihr Glantz mich gantz gefangen nahm. Doch durch ein heiteres Lachen erqvicket/ So bin ich endlich noch behertzt herfuͤr geruͤcket. Die Liebe wolt ihr itzt auf beyden Lippen ſchweben/ Wie man eine Biene ſchaut zwiſchen zweyen Roſen kleben; Und weil noch der gekuͤſte Mund Geſchloſſen ſtund/ So troff mir nichts als Honig auf das Hertze. Als ſie aber ihre Roſen kam an meinen Mund zu reiben/ (Dem Zufall/ keiner Gunſt/ iſt dieſes zuzuſchreiben) Und Kuß auf Kuͤſſe ſchnellte; Wenn durch ein befeuchtes Schmatzen Mund zu Munde ſich geſellte/ (Ach daß ich dis verlieren kan und leben!) So ward mein Hertz uͤmzirckt mit neuem Schmertze: Welches damals mir zur Pein gleichſam wieder war gegeben. Mir nun/ bis auf den Tod verwnndet und geſchlagen/ Waͤre gewiß die Gedult hier entriſſen/ Daß ich die moͤrderſchen Lippen gebiſſen/ Wenn

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/86>, abgerufen am 27.04.2024.