Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Vierter Auftritt. Der mir ein Bild gezeigt von vielen Wunderdingen/Und hier/ so irgend was/ gewünschten Trost verspricht. Titiro. Ein Traum ist nur ein Traum: Erzehl ihn aber doch. Mont. Du weist es noch; Und wer wolte dis vergessen/ Was einen Theil von uns erbärmlich aufgefressen? Da in einer bösen Nacht Der Ladon sich hat dergestalt ergossen/ Daß/ wo der Vogel vor ihm hatt' ein Nest gemacht/ Dazumal der Fisch geflossen; Da Mensch und Vieh in gleiche Nöthen kam/ Da Heerd und Stall das strenge Wasser nahm. Jn dieser schwartzen Nacht/ O ungemeiner Schmertz! Da ward ich üm mein Hertz Durch der Fluthen Grimm gebracht. Ja was ich mehr als mich verbunden war zu lieben/ Mein Sohn/ der in den Windeln lag/ Den ich beklagen muß bis auf den letzten Tag/ Der ward auch/ ehe wir/ in Nacht und Noth vergraben/ Jhn konten retten aus Gefahr/ Durch die Wellen hingetrieben. Die Wiege selbst/ darinn er war/ Die haben wir nicht wieder können haben/ Jch glaube/ daß itzt Kind und Wiegen Zugleiche da begraben liegen. Titiro. Was kan man anders schlüssen? Mich deucht/ ich habe dis vor diesem auch gehört/ Und wo mich mein Gedächtnis nicht bethört/ So hastu selbst mich solches lassen wissen. Doch billich kräncken dir die Söhne Hertz und Muth/ Den einen hat der Wald/ den andern hat die Fluth. Mont. Es wird vielleicht des grossen Himmels Hand Jn dem/ der übrig is[t] des Todten Platz ersetzen. Die Hoffnung bleib[et] [doch] der Menschen bestes Pfand. Was aber wirstu nun von meinem Traume schätzen? Es war gleich üm die Zeit/ Da der Morgenröhte Pracht Uns B 4
Vierter Auftritt. Der mir ein Bild gezeigt von vielen Wunderdingen/Und hier/ ſo irgend was/ gewuͤnſchten Troſt verſpricht. Titiro. Ein Traum iſt nur ein Traum: Erzehl ihn aber doch. Mont. Du weiſt es noch; Und wer wolte dis vergeſſen/ Was einen Theil von uns erbaͤrmlich aufgefreſſen? Da in einer boͤſen Nacht Der Ladon ſich hat dergeſtalt ergoſſen/ Daß/ wo der Vogel vor ihm hatt’ ein Neſt gemacht/ Dazumal der Fiſch gefloſſen; Da Menſch und Vieh in gleiche Noͤthen kam/ Da Heerd und Stall das ſtrenge Waſſer nahm. Jn dieſer ſchwartzen Nacht/ O ungemeiner Schmertz! Da ward ich uͤm mein Hertz Durch der Fluthen Grimm gebracht. Ja was ich mehr als mich verbunden war zu lieben/ Mein Sohn/ der in den Windeln lag/ Den ich beklagen muß bis auf den letzten Tag/ Der ward auch/ ehe wir/ in Nacht und Noth vergraben/ Jhn konten retten aus Gefahr/ Durch die Wellen hingetrieben. Die Wiege ſelbſt/ darinn er war/ Die haben wir nicht wieder koͤnnen haben/ Jch glaube/ daß itzt Kind und Wiegen Zugleiche da begraben liegen. Titiro. Was kan man anders ſchluͤſſen? Mich deucht/ ich habe dis vor dieſem auch gehoͤrt/ Und wo mich mein Gedaͤchtnis nicht bethoͤrt/ So haſtu ſelbſt mich ſolches laſſen wiſſen. Doch billich kraͤncken dir die Soͤhne Hertz und Muth/ Den einen hat der Wald/ den andern hat die Fluth. Mont. Es wird vielleicht des groſſen Himmels Hand Jn dem/ der uͤbrig iſ[t] des Todten Platz erſetzen. Die Hoffnung bleib[et] [doch] der Menſchen beſtes Pfand. Was aber wirſtu nun von meinem Traume ſchaͤtzen? Es war gleich uͤm die Zeit/ Da der Morgenroͤhte Pracht Uns B 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MON"> <p><pb facs="#f0069" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierter Auftritt.</hi></fw><lb/> Der mir ein Bild gezeigt von vielen Wunderdingen/<lb/> Und hier/ ſo irgend was/ gewuͤnſchten Troſt verſpricht.</p> </sp><lb/> <sp who="#TIT"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Titiro.</hi> </hi> </speaker> <p>Ein Traum iſt nur ein Traum: Erzehl ihn aber doch.</p> </sp><lb/> <sp who="#MON"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mont.</hi> </hi> </speaker> <p>Du weiſt es noch;<lb/> Und wer wolte dis vergeſſen/<lb/> Was einen Theil von uns erbaͤrmlich aufgefreſſen?<lb/> Da in einer boͤſen Nacht<lb/> Der <hi rendition="#aq">Ladon</hi> ſich hat dergeſtalt ergoſſen/<lb/> Daß/ wo der Vogel vor ihm hatt’ ein Neſt gemacht/<lb/> Dazumal der Fiſch gefloſſen;<lb/> Da Menſch und Vieh in gleiche Noͤthen kam/<lb/> Da Heerd und Stall das ſtrenge Waſſer nahm.<lb/> Jn dieſer ſchwartzen Nacht/<lb/> O ungemeiner Schmertz!<lb/> Da ward ich uͤm mein Hertz<lb/> Durch der Fluthen Grimm gebracht.<lb/> Ja was ich mehr als mich verbunden war zu lieben/<lb/> Mein Sohn/ der in den Windeln lag/<lb/> Den ich beklagen muß bis auf den letzten Tag/<lb/> Der ward auch/ ehe wir/ in Nacht und Noth vergraben/<lb/> Jhn konten retten aus Gefahr/<lb/> Durch die Wellen hingetrieben.<lb/> Die Wiege ſelbſt/ darinn er war/<lb/> Die haben wir nicht wieder koͤnnen haben/<lb/> Jch glaube/ daß itzt Kind und Wiegen<lb/> Zugleiche da begraben liegen.</p> </sp><lb/> <sp who="#TIT"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Titiro.</hi> </hi> </speaker> <p>Was kan man anders ſchluͤſſen?<lb/> Mich deucht/ ich habe dis vor dieſem auch gehoͤrt/<lb/> Und wo mich mein Gedaͤchtnis nicht bethoͤrt/<lb/> So haſtu ſelbſt mich ſolches laſſen wiſſen.<lb/> Doch billich kraͤncken dir die Soͤhne Hertz und Muth/<lb/> Den einen hat der Wald/ den andern hat die Fluth.</p> </sp><lb/> <sp who="#MON"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mont.</hi> </hi> </speaker> <p>Es wird vielleicht des groſſen Himmels Hand<lb/> Jn dem/ der uͤbrig iſ<supplied>t</supplied> des Todten Platz erſetzen.<lb/> Die Hoffnung bleib<supplied>et</supplied> <supplied>doch</supplied> der Menſchen beſtes Pfand.<lb/> Was aber wirſtu nun von meinem Traume ſchaͤtzen?<lb/> Es war gleich uͤm die Zeit/<lb/> Da der Morgenroͤhte Pracht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Uns</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0069]
Vierter Auftritt.
Der mir ein Bild gezeigt von vielen Wunderdingen/
Und hier/ ſo irgend was/ gewuͤnſchten Troſt verſpricht.
Titiro. Ein Traum iſt nur ein Traum: Erzehl ihn aber doch.
Mont. Du weiſt es noch;
Und wer wolte dis vergeſſen/
Was einen Theil von uns erbaͤrmlich aufgefreſſen?
Da in einer boͤſen Nacht
Der Ladon ſich hat dergeſtalt ergoſſen/
Daß/ wo der Vogel vor ihm hatt’ ein Neſt gemacht/
Dazumal der Fiſch gefloſſen;
Da Menſch und Vieh in gleiche Noͤthen kam/
Da Heerd und Stall das ſtrenge Waſſer nahm.
Jn dieſer ſchwartzen Nacht/
O ungemeiner Schmertz!
Da ward ich uͤm mein Hertz
Durch der Fluthen Grimm gebracht.
Ja was ich mehr als mich verbunden war zu lieben/
Mein Sohn/ der in den Windeln lag/
Den ich beklagen muß bis auf den letzten Tag/
Der ward auch/ ehe wir/ in Nacht und Noth vergraben/
Jhn konten retten aus Gefahr/
Durch die Wellen hingetrieben.
Die Wiege ſelbſt/ darinn er war/
Die haben wir nicht wieder koͤnnen haben/
Jch glaube/ daß itzt Kind und Wiegen
Zugleiche da begraben liegen.
Titiro. Was kan man anders ſchluͤſſen?
Mich deucht/ ich habe dis vor dieſem auch gehoͤrt/
Und wo mich mein Gedaͤchtnis nicht bethoͤrt/
So haſtu ſelbſt mich ſolches laſſen wiſſen.
Doch billich kraͤncken dir die Soͤhne Hertz und Muth/
Den einen hat der Wald/ den andern hat die Fluth.
Mont. Es wird vielleicht des groſſen Himmels Hand
Jn dem/ der uͤbrig iſt des Todten Platz erſetzen.
Die Hoffnung bleibet doch der Menſchen beſtes Pfand.
Was aber wirſtu nun von meinem Traume ſchaͤtzen?
Es war gleich uͤm die Zeit/
Da der Morgenroͤhte Pracht
Uns
B 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |