Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Poetische LXVIII. Eines einfältigen Schulmeisters. Hier liegt Hortensius ein alt Parnassus Kind/ Er wolte Führer seyn/ und war doch selbsten blind. Wer auff den Grabestein sich nur wird wollen se- tzen/ Dem wird die dürre Faust den Sessel weidlich fetzen. LXIX. Eines Sechswochen Kindes. Jch grüste kaum die Welt und derer weite Pracht/ So zwang mich meine Schuld zu geben gute Nacht. Das Frühstück hatt' ich kaum in meinen Mund ge- nommen/ So war der Paßport mir auch in die Hände kom- men. LXX. Eines alten Bräutigams. Cupido jagte mir die Pfeile nach dem Hertzen/ Es gab mir wenig Krafft und nicht geringe Schmer- tzen. Der Wille war bereit/ die Sehnen fehlten mir/ Mein Lieb küst frisches Fleisch/ ich faule schon al- hier. LXXI. Eines Verliebten. Der hier begraben liegt/ ist aus der Buhler Orden/ Nicht wunder dich zu sehr/ daß er zur Asche worden/ Sein Leib war voller Glut und voller Flammenschein/ Wie solte denn der Mann nicht Asche worden seyn. Zwey-
Poetiſche LXVIII. Eines einfaͤltigen Schulmeiſters. Hier liegt Hortenſius ein alt Parnaſſus Kind/ Er wolte Fuͤhrer ſeyn/ und war doch ſelbſten blind. Wer auff den Grabeſtein ſich nur wird wollen ſe- tzen/ Dem wird die duͤrre Fauſt den Seſſel weidlich fetzen. LXIX. Eines Sechswochen Kindes. Jch gruͤſte kaum die Welt und derer weite Pracht/ So zwang mich meine Schuld zu geben gute Nacht. Das Fruͤhſtuͤck hatt’ ich kaum in meinen Mund ge- nommen/ So war der Paßport mir auch in die Haͤnde kom- men. LXX. Eines alten Braͤutigams. Cupido jagte mir die Pfeile nach dem Hertzen/ Es gab mir wenig Krafft und nicht geringe Schmer- tzen. Der Wille war bereit/ die Sehnen fehlten mir/ Mein Lieb kuͤſt friſches Fleiſch/ ich faule ſchon al- hier. LXXI. Eines Verliebten. Der hier begraben liegt/ iſt aus der Buhler Orden/ Nicht wunder dich zu ſehr/ daß er zur Aſche worden/ Sein Leib war voller Glut und voller Flam̃enſchein/ Wie ſolte denn der Mann nicht Aſche worden ſeyn. Zwey-
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Poetiſche
LXVIII.
Eines einfaͤltigen Schulmeiſters.
Hier liegt Hortenſius ein alt Parnaſſus Kind/
Er wolte Fuͤhrer ſeyn/ und war doch ſelbſten blind.
Wer auff den Grabeſtein ſich nur wird wollen ſe-
tzen/
Dem wird die duͤrre Fauſt den Seſſel weidlich fetzen.
LXIX.
Eines Sechswochen Kindes.
Jch gruͤſte kaum die Welt und derer weite Pracht/
So zwang mich meine Schuld zu geben gute Nacht.
Das Fruͤhſtuͤck hatt’ ich kaum in meinen Mund ge-
nommen/
So war der Paßport mir auch in die Haͤnde kom-
men.
LXX.
Eines alten Braͤutigams.
Cupido jagte mir die Pfeile nach dem Hertzen/
Es gab mir wenig Krafft und nicht geringe Schmer-
tzen.
Der Wille war bereit/ die Sehnen fehlten mir/
Mein Lieb kuͤſt friſches Fleiſch/ ich faule ſchon al-
hier.
LXXI.
Eines Verliebten.
Der hier begraben liegt/ iſt aus der Buhler Orden/
Nicht wunder dich zu ſehr/ daß er zur Aſche worden/
Sein Leib war voller Glut und voller Flam̃enſchein/
Wie ſolte denn der Mann nicht Aſche worden ſeyn.
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