Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebe und Lebens Lauf Peter Abelards.
Als Engel werd ich dich forthin umbfassen können/
Was Männ-und Weiblich heist/ bedenckt die Seele
nicht/
Es scheint die Sternen selbst belachen mein Beginnen/
Und haben Cronen mir von Strahlen zugericht.
Wir wollen einen Sitz von Tugend-Liljen bauen/
An dem kein schartzer Fleck verwehrter Lüste klebt;
Die Welt wird mich und dich in einem Bande schauen/
Auf den die Kostbarkeit von Zucht-Gewircke schwebt.
Die Seelen werden sich auf eine Weisse küssen/
Die man empfinden kan/ doch nich zu nennen weiß.
Ein süsses Etwas wird von Geist zu Geiste flüssen/
Vor Liebestöckel pflantzt man künftig Ehren-Preiß.
Viel hundert Jahre Rost wird unsern Ruhm nicht
stören;
Gesezte Tugend sprost auch aus der Buhlerey.
Wer allzu eifrig zörnt/ wird diese Worte hören:
Gar wenig Menschen seyn von Lieb und Blattern frey
Jch küsse dich itzund in diesem kurtzen Schreiben/
Die Seele schreibet mehr als diese schwache Hand.
Laß mich nur deine Magd in Ewigkeit verbleiben/
Jch bin dir längst verschenckt/ du darfst kein ferner
Pfand.
Vor deinen Schaden kan ich itzt kein Pflaster senden/
Wenn meine Wehmut man nicht deine Salbe heist.
Hiermit empfehl' ich dich des Himmels treuen Händen/
Der heile deinen Leib/ und stärcke meinen Geist.

ENDE.

Liebe und Lebens Lauf Peter Abelards.
Als Engel werd ich dich forthin umbfaſſen koͤnnen/
Was Maͤnn-uñ Weiblich heiſt/ bedenckt die Seele
nicht/
Es ſcheint die Sternẽ ſelbſt belachen mein Begiñen/
Und haben Cronen mir von Strahlen zugericht.
Wir wollen einen Sitz von Tugend-Liljen bauen/
An dem kein ſchartzer Fleck verwehrter Luͤſte klebt;
Die Welt wird mich uñ dich in einem Bande ſchauẽ/
Auf dẽ die Koſtbarkeit von Zucht-Gewircke ſchwebt.
Die Seelen werden ſich auf eine Weiſſe kuͤſſen/
Die man empfinden kan/ doch nich zu nennen weiß.
Ein ſuͤſſes Etwas wird von Geiſt zu Geiſte fluͤſſen/
Vor Liebeſtoͤckel pflantzt man kuͤnftig Ehren-Preiß.
Viel hundert Jahre Roſt wird unſern Ruhm nicht
ſtoͤren;
Geſezte Tugend ſproſt auch aus der Buhlerey.
Wer allzu eifrig zoͤrnt/ wird dieſe Worte hoͤren:
Gar wenig Menſchẽ ſeyn von Lieb und Blattern frey
Jch kuͤſſe dich itzund in dieſem kurtzen Schreiben/
Die Seele ſchreibet mehr als dieſe ſchwache Hand.
Laß mich nur deine Magd in Ewigkeit verbleiben/
Jch bin dir laͤngſt verſchenckt/ du darfſt kein ferner
Pfand.
Vor deinen Schaden kan ich itzt kein Pflaſter ſendẽ/
Wenn meine Wehmut man nicht deine Salbe heiſt.
Hiermit empfehl’ ich dich des Him̃els treuen Haͤndẽ/
Der heile deinen Leib/ und ſtärcke meinen Geiſt.

ENDE.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0584" n="160"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Liebe und Lebens Lauf Peter Abelards.</hi> </fw><lb/>
              <l>Als Engel werd ich dich forthin umbfa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen/</l><lb/>
              <l>Was Ma&#x0364;nn-un&#x0303; Weiblich hei&#x017F;t/ bedenckt die Seele</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">nicht/</hi> </l><lb/>
              <l>Es &#x017F;cheint die Sterne&#x0303; &#x017F;elb&#x017F;t belachen mein Begin&#x0303;en/</l><lb/>
              <l>Und haben Cronen mir von Strahlen zugericht.</l><lb/>
              <l>Wir wollen einen Sitz von Tugend-Liljen bauen/</l><lb/>
              <l>An dem kein &#x017F;chartzer Fleck verwehrter Lu&#x0364;&#x017F;te klebt;</l><lb/>
              <l>Die Welt wird mich un&#x0303; dich in einem Bande &#x017F;chaue&#x0303;/</l><lb/>
              <l>Auf de&#x0303; die Ko&#x017F;tbarkeit von Zucht-Gewircke &#x017F;chwebt.</l><lb/>
              <l>Die Seelen werden &#x017F;ich auf eine Wei&#x017F;&#x017F;e ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
              <l>Die man empfinden kan/ doch nich zu nennen weiß.</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;es Etwas wird von Gei&#x017F;t zu Gei&#x017F;te flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
              <l>Vor Liebe&#x017F;to&#x0364;ckel pflantzt man ku&#x0364;nftig Ehren-Preiß.</l><lb/>
              <l>Viel hundert Jahre Ro&#x017F;t wird un&#x017F;ern Ruhm nicht</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;to&#x0364;ren;</hi> </l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;ezte Tugend &#x017F;pro&#x017F;t auch aus der Buhlerey.</l><lb/>
              <l>Wer allzu eifrig zo&#x0364;rnt/ wird die&#x017F;e Worte ho&#x0364;ren:</l><lb/>
              <l>Gar wenig Men&#x017F;che&#x0303; &#x017F;eyn von Lieb und Blattern frey</l><lb/>
              <l>Jch ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;e dich itzund in die&#x017F;em kurtzen Schreiben/</l><lb/>
              <l>Die Seele &#x017F;chreibet mehr als die&#x017F;e &#x017F;chwache Hand.</l><lb/>
              <l>Laß mich nur deine Magd in Ewigkeit verbleiben/</l><lb/>
              <l>Jch bin dir la&#x0364;ng&#x017F;t ver&#x017F;chenckt/ du darf&#x017F;t kein ferner</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Pfand.</hi> </l><lb/>
              <l>Vor deinen Schaden kan ich itzt kein Pfla&#x017F;ter &#x017F;ende&#x0303;/</l><lb/>
              <l>Wenn meine Wehmut man nicht deine Salbe hei&#x017F;t.</l><lb/>
              <l>Hiermit empfehl&#x2019; ich dich des Him&#x0303;els treuen Ha&#x0364;nde&#x0303;/</l><lb/>
              <l>Der heile deinen Leib/ und &#x017F;tärcke meinen Gei&#x017F;t.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">ENDE</hi>.</hi> </p>
        </div>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0584] Liebe und Lebens Lauf Peter Abelards. Als Engel werd ich dich forthin umbfaſſen koͤnnen/ Was Maͤnn-uñ Weiblich heiſt/ bedenckt die Seele nicht/ Es ſcheint die Sternẽ ſelbſt belachen mein Begiñen/ Und haben Cronen mir von Strahlen zugericht. Wir wollen einen Sitz von Tugend-Liljen bauen/ An dem kein ſchartzer Fleck verwehrter Luͤſte klebt; Die Welt wird mich uñ dich in einem Bande ſchauẽ/ Auf dẽ die Koſtbarkeit von Zucht-Gewircke ſchwebt. Die Seelen werden ſich auf eine Weiſſe kuͤſſen/ Die man empfinden kan/ doch nich zu nennen weiß. Ein ſuͤſſes Etwas wird von Geiſt zu Geiſte fluͤſſen/ Vor Liebeſtoͤckel pflantzt man kuͤnftig Ehren-Preiß. Viel hundert Jahre Roſt wird unſern Ruhm nicht ſtoͤren; Geſezte Tugend ſproſt auch aus der Buhlerey. Wer allzu eifrig zoͤrnt/ wird dieſe Worte hoͤren: Gar wenig Menſchẽ ſeyn von Lieb und Blattern frey Jch kuͤſſe dich itzund in dieſem kurtzen Schreiben/ Die Seele ſchreibet mehr als dieſe ſchwache Hand. Laß mich nur deine Magd in Ewigkeit verbleiben/ Jch bin dir laͤngſt verſchenckt/ du darfſt kein ferner Pfand. Vor deinen Schaden kan ich itzt kein Pflaſter ſendẽ/ Wenn meine Wehmut man nicht deine Salbe heiſt. Hiermit empfehl’ ich dich des Him̃els treuen Haͤndẽ/ Der heile deinen Leib/ und ſtärcke meinen Geiſt. ENDE.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/584
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/584>, abgerufen am 13.05.2024.