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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Liebe und Lebens Lauf
Es wird ein kleiner Brief dich umb Verzeihung
bitten
Daß ich forthin als Mann/ dich nicht bedienen kan.
Dein Abelard ist nicht/ was er zuvor gewesen/
Er flöst dir künftig nicht die Zucker-Tropfen ein
Du kanst bey mir nicht mehr die Liebes-Apfel lesen.
Dich heist man ohne Lust/ mich ohne Kräften seyn.
Kein fleischlich Jubel-Jahr ist mehr von mir zu hoffen
Nach dem ich lebenslang die Faste halten muß/
Das Messer/ so mich schnied/ das hat dich auch ge-
troffen
Man gönnt dir ferner nichts als einen schlaffen Kuß
Helisse meynt vielleicht/ daß ich ein Retzel schreibe
Und ein verwörrter Schertz den Brieff bekleiden soll/
Nein! was die Seele qvält/ das qvilt aus meinem
Leibe/
Sie ist der kalten Angst/ er heisser Schmertzen voll.
Wo ist der edle Lentz/ wo bleibt die süsse Stunde/
Als mich der heisse Strahl der Liebes Sonne stach/
Als ich die Negeln dir auf dem Zinober Munde/
Und in der engen Schoß die Zucker-Rosen brach.
Jch kan im Geiste noch den süssen Honig schmecken/
Der mir aus deinem Mund auf meinen Lippen floß.
Was eingeschlafen lag/ das kontest du erwecken/
Du warst mein Seelen Zug und ich dein Leibgenoß.
Die süsse Kützelung die spielt mir noch im Hertzen/
Als in dem warmen Schnee ich rothe Beeren laß/
Recht satt von Buhlerey/ und voll von Liebes-
Schertzen/
Auf des Gelückes Schoß/ und auch auf deiner saß.
Mein Frühling ist verblüth/ es ist mein Winter kommen
Die nackte Liebe scheut erkalten Reif und Schnee/

Dein

Liebe und Lebens Lauf
Es wird ein kleiner Brief dich umb Verzeihung
bitten
Daß ich forthin als Mann/ dich nicht bedienen kan.
Dein Abelard iſt nicht/ was er zuvor geweſen/
Er floͤſt dir kuͤnftig nicht die Zucker-Tropfen ein
Du kanſt bey mir nicht mehr die Liebes-Apfel leſen.
Dich heiſt man ohne Luſt/ mich ohne Kräften ſeyn.
Kein fleiſchlich Jubel-Jahr iſt mehr von mir zu hoffẽ
Nach dem ich lebenslang die Faſte halten muß/
Das Meſſer/ ſo mich ſchnied/ das hat dich auch ge-
troffen
Man goͤnnt dir ferner nichts als einen ſchlaffen Kuß
Heliſſe meynt vielleicht/ daß ich ein Retzel ſchreibe
Und ein verwoͤrrter Schertz den Brieff bekleiden ſoll/
Nein! was die Seele qvält/ das qvilt aus meinem
Leibe/
Sie iſt der kalten Angſt/ er heiſſer Schmertzen voll.
Wo iſt der edle Lentz/ wo bleibt die ſuͤſſe Stunde/
Als mich der heiſſe Strahl der Liebes Sonne ſtach/
Als ich die Negeln dir auf dem Zinober Munde/
Und in der engen Schoß die Zucker-Roſen brach.
Jch kan im Geiſte noch den ſuͤſſen Honig ſchmecken/
Der mir aus deinem Mund auf meinen Lippen floß.
Was eingeſchlafen lag/ das konteſt du erwecken/
Du warſt mein Seelen Zug und ich dein Leibgenoß.
Die ſuͤſſe Kuͤtzelung die ſpielt mir noch im Hertzen/
Als in dem warmen Schnee ich rothe Beeren laß/
Recht ſatt von Buhlerey/ und voll von Liebes-
Schertzen/
Auf des Geluͤckes Schoß/ und auch auf deiner ſaß.
Mein Fruͤhling iſt veꝛbluͤth/ es iſt mein Winteꝛ kom̃ẽ
Die nackte Liebe ſcheut erkalten Reif und Schnee/

Dein
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[154/0578] Liebe und Lebens Lauf Es wird ein kleiner Brief dich umb Verzeihung bitten Daß ich forthin als Mann/ dich nicht bedienen kan. Dein Abelard iſt nicht/ was er zuvor geweſen/ Er floͤſt dir kuͤnftig nicht die Zucker-Tropfen ein Du kanſt bey mir nicht mehr die Liebes-Apfel leſen. Dich heiſt man ohne Luſt/ mich ohne Kräften ſeyn. Kein fleiſchlich Jubel-Jahr iſt mehr von mir zu hoffẽ Nach dem ich lebenslang die Faſte halten muß/ Das Meſſer/ ſo mich ſchnied/ das hat dich auch ge- troffen Man goͤnnt dir ferner nichts als einen ſchlaffen Kuß Heliſſe meynt vielleicht/ daß ich ein Retzel ſchreibe Und ein verwoͤrrter Schertz den Brieff bekleiden ſoll/ Nein! was die Seele qvält/ das qvilt aus meinem Leibe/ Sie iſt der kalten Angſt/ er heiſſer Schmertzen voll. Wo iſt der edle Lentz/ wo bleibt die ſuͤſſe Stunde/ Als mich der heiſſe Strahl der Liebes Sonne ſtach/ Als ich die Negeln dir auf dem Zinober Munde/ Und in der engen Schoß die Zucker-Roſen brach. Jch kan im Geiſte noch den ſuͤſſen Honig ſchmecken/ Der mir aus deinem Mund auf meinen Lippen floß. Was eingeſchlafen lag/ das konteſt du erwecken/ Du warſt mein Seelen Zug und ich dein Leibgenoß. Die ſuͤſſe Kuͤtzelung die ſpielt mir noch im Hertzen/ Als in dem warmen Schnee ich rothe Beeren laß/ Recht ſatt von Buhlerey/ und voll von Liebes- Schertzen/ Auf des Geluͤckes Schoß/ und auch auf deiner ſaß. Mein Fruͤhling iſt veꝛbluͤth/ es iſt mein Winteꝛ kom̃ẽ Die nackte Liebe ſcheut erkalten Reif und Schnee/ Dein

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/578>, abgerufen am 12.05.2024.