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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Erster Auftritt.
Das Vieh bleckt in dem Stalle/
Das muß der Aufbot seyn zu ihrer Buhlerey;
Der Löw bezeuget selbst mit seinem rauhen Schalle/
Daß nun sein alter Grimm der Liebe dienstbar sey.
So ist die gantze Welt ein starck verliebtes Heer.
Weiß hier denn Silvio alleine nicht zu brennen/
Und soll dann Silvio im Himmel/ Erd und Meer/
Die Seele/ so nicht liebt/ alleine seyn zu nennen?
Laß doch die Wälder seyn/
Und stelle dich beym meisten Hauffen ein.
Silv. Wer hat dir meine Jugend
Zu führen heimgestellt?
Daß ihr an statt der Tugend
Die Buhlerey sey zugestellt.
Und kennest du nicht mich und dich?
Linc. Ein ieder prüfe selber sich:
Jch bin ein Mensch/ und wüntsch' ein Mensch zu bleiben/
Und wil mit dir als einem Menschenkinde/
Mit menschlichem Gespräch auch itzt die Zeit vertreiben;
Und daß ich mich noch dis zu melden unterwinde/
Weil du dich der Menschlichkeit allzueifrig wilst erwehren/
So gedencke/ daß die Zeit dich kan in ein Wild verkehren.
Silv. Durch dessen Hand die Ungeheuer storben/
Aus welchem Quell mein Blut entsprungen;
Der hätte nimmer mehr so grossen Ruhm erworben/
Hätt er zuvor die Liebe nicht bezwungen.
Linc. Ach blinder selbst-Betrug/
Wo wärest du itzund/ wenn dein Alcides nicht
Jn Liebes-flammen kommen/
Daß er den Sieg erworben/ und Ungeheuer schlug/
Hat mehrentheils die Liebe zugericht.
Und hastu nicht vernommen/
Daß er der Omphale in allem gleich zu leben
Nicht allein die Leuenhaut in ein Frauen-Kleid verkehret/
Sondern auch vor seine Keul Rock und Spindel selbst begehret.
Er wüntsch in derer Schoß/ als in einem Port zu schweben/
Und nach vieler Noth und Leiden
Hier zu ärnten Lust und Freuden/
Die
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Erſter Auftritt.
Das Vieh bleckt in dem Stalle/
Das muß der Aufbot ſeyn zu ihrer Buhlerey;
Der Loͤw bezeuget ſelbſt mit ſeinem rauhen Schalle/
Daß nun ſein alter Grimm der Liebe dienſtbar ſey.
So iſt die gantze Welt ein ſtarck verliebtes Heer.
Weiß hier denn Silvio alleine nicht zu brennen/
Und ſoll dann Silvio im Himmel/ Erd und Meer/
Die Seele/ ſo nicht liebt/ alleine ſeyn zu nennen?
Laß doch die Waͤlder ſeyn/
Und ſtelle dich beym meiſten Hauffen ein.
Silv. Wer hat dir meine Jugend
Zu fuͤhren heimgeſtellt?
Daß ihr an ſtatt der Tugend
Die Buhlerey ſey zugeſtellt.
Und kenneſt du nicht mich und dich?
Linc. Ein ieder pruͤfe ſelber ſich:
Jch bin ein Menſch/ und wuͤntſch’ ein Menſch zu bleiben/
Und wil mit dir als einem Menſchenkinde/
Mit menſchlichem Geſpraͤch auch itzt die Zeit vertreiben;
Und daß ich mich noch dis zu melden unterwinde/
Weil du dich der Menſchlichkeit allzueifrig wilſt erwehren/
So gedencke/ daß die Zeit dich kan in ein Wild verkehren.
Silv. Durch deſſen Hand die Ungeheuer ſtorben/
Aus welchem Quell mein Blut entſprungen;
Der haͤtte nimmer mehr ſo groſſen Ruhm erworben/
Haͤtt er zuvor die Liebe nicht bezwungen.
Linc. Ach blinder ſelbſt-Betrug/
Wo waͤreſt du itzund/ wenn dein Alcides nicht
Jn Liebes-flammen kommen/
Daß er den Sieg erworben/ und Ungeheuer ſchlug/
Hat mehrentheils die Liebe zugericht.
Und haſtu nicht vernommen/
Daß er der Omphale in allem gleich zu leben
Nicht allein die Leuenhaut in ein Frauen-Kleid verkehret/
Sondern auch vor ſeine Keul Rock und Spindel ſelbſt begehret.
Er wuͤntſch in derer Schoß/ als in einem Port zu ſchweben/
Und nach vieler Noth und Leiden
Hier zu aͤrnten Luſt und Freuden/
Die
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[7/0053] Erſter Auftritt. Das Vieh bleckt in dem Stalle/ Das muß der Aufbot ſeyn zu ihrer Buhlerey; Der Loͤw bezeuget ſelbſt mit ſeinem rauhen Schalle/ Daß nun ſein alter Grimm der Liebe dienſtbar ſey. So iſt die gantze Welt ein ſtarck verliebtes Heer. Weiß hier denn Silvio alleine nicht zu brennen/ Und ſoll dann Silvio im Himmel/ Erd und Meer/ Die Seele/ ſo nicht liebt/ alleine ſeyn zu nennen? Laß doch die Waͤlder ſeyn/ Und ſtelle dich beym meiſten Hauffen ein. Silv. Wer hat dir meine Jugend Zu fuͤhren heimgeſtellt? Daß ihr an ſtatt der Tugend Die Buhlerey ſey zugeſtellt. Und kenneſt du nicht mich und dich? Linc. Ein ieder pruͤfe ſelber ſich: Jch bin ein Menſch/ und wuͤntſch’ ein Menſch zu bleiben/ Und wil mit dir als einem Menſchenkinde/ Mit menſchlichem Geſpraͤch auch itzt die Zeit vertreiben; Und daß ich mich noch dis zu melden unterwinde/ Weil du dich der Menſchlichkeit allzueifrig wilſt erwehren/ So gedencke/ daß die Zeit dich kan in ein Wild verkehren. Silv. Durch deſſen Hand die Ungeheuer ſtorben/ Aus welchem Quell mein Blut entſprungen; Der haͤtte nimmer mehr ſo groſſen Ruhm erworben/ Haͤtt er zuvor die Liebe nicht bezwungen. Linc. Ach blinder ſelbſt-Betrug/ Wo waͤreſt du itzund/ wenn dein Alcides nicht Jn Liebes-flammen kommen/ Daß er den Sieg erworben/ und Ungeheuer ſchlug/ Hat mehrentheils die Liebe zugericht. Und haſtu nicht vernommen/ Daß er der Omphale in allem gleich zu leben Nicht allein die Leuenhaut in ein Frauen-Kleid verkehret/ Sondern auch vor ſeine Keul Rock und Spindel ſelbſt begehret. Er wuͤntſch in derer Schoß/ als in einem Port zu ſchweben/ Und nach vieler Noth und Leiden Hier zu aͤrnten Luſt und Freuden/ Die A 4

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/53>, abgerufen am 28.04.2024.