Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der Vierten Abhandlung So muß ich ja verziehen/Wiewol ich solte fliehen. Dor. So sterb ich unbewust durch was vor eine Hand? Linc. Silvio hat es gethan. Dor. Silvio, ach! sage mir/ wie man dieses nissen kan? Linc. Sein Pfeil ist mir bekandt. Dor. So schließ ich höchst erfreut der Augen mittes Licht/ Weil Silvio mein trenes Hertze bricht. Linc. Da ist er gleich. Es scheint/ er klagt sich selber an. Der Himmel sey gepreiset/ Du bist in Wäldern nun so lang umher gereiset/ Biß du einen rechten Schuß endlich hast verrichten müssen: So thue mir doch nun zu wissen/ Der du wilst wie Silvio, und nicht wie der Linco leben/ Was ich diesen schönen Schusse soll vor einen Nahmen geben? Du weiser Mensch/ dem nichts zu gleichen/ Hättestu dem alten Jecken nur zu rechter Zeit geglaubet; Denn wird diese hier erbleichen/ So bistu aller Lust beraubet. Jch weiß du wirst mich itzt berichten/ Daß du dir einen Wolff zu treffen hast gedacht. Vorwar/ du wirst die Sache so nicht schlichten. Dann heist das nicht blind zu seyn/ also thöricht hin zu schiessen; Du kennest ja der Hirten Tracht/ Die sich siets grau zu kleiden seyn beflissen. Bilde dir/ Silvio, dieses nur ein: Wer ihm den grünen Schein der Sinnen läst belieben/ Vor den ist reiffe Fruchtdes Jrrthums auch verblieben/ Meinstu denn/ daß dieses Werck ohngefehr so kont entspriessen? Ach nein! Was Hertz und Geist erschreckt/ Geschicht nicht ohngefehr; Es wird durch Gott erweckt/ Und komt von oben her. Schauftu nicht/ Daß dir des Himmels Geist/ Erzörnt vor übel spricht/ Daß du dich ohne Lieb und Welt zu seyn befleist? Die
Der Vierten Abhandlung So muß ich ja verziehen/Wiewol ich ſolte fliehen. Dor. So ſterb ich unbewuſt durch was vor eine Hand? Linc. Silvio hat es gethan. Dor. Silvio, ach! ſage mir/ wie man dieſes niſſen kan? Linc. Sein Pfeil iſt mir bekandt. Dor. So ſchließ ich hoͤchſt erfreut der Augen mittes Licht/ Weil Silvio mein trenes Hertze bricht. Linc. Da iſt er gleich. Es ſcheint/ er klagt ſich ſelber an. Der Himmel ſey gepreiſet/ Du biſt in Waͤldern nun ſo lang umher gereiſet/ Biß du einen rechten Schuß endlich haſt verrichten muͤſſen: So thue mir doch nun zu wiſſen/ Der du wilſt wie Silvio, und nicht wie der Linco leben/ Was ich dieſen ſchoͤnen Schuſſe ſoll vor einen Nahmen geben? Du weiſer Menſch/ dem nichts zu gleichen/ Haͤtteſtu dem alten Jecken nur zu rechter Zeit geglaubet; Denn wird dieſe hier erbleichen/ So biſtu aller Luſt beraubet. Jch weiß du wirſt mich itzt berichten/ Daß du dir einen Wolff zu treffen haſt gedacht. Vorwar/ du wirſt die Sache ſo nicht ſchlichten. Dann heiſt das nicht blind zu ſeyn/ alſo thoͤricht hin zu ſchieſſen; Du kenneſt ja der Hirten Tracht/ Die ſich ſiets grau zu kleiden ſeyn befliſſen. Bilde dir/ Silvio, dieſes nur ein: Wer ihm den gruͤnen Schein der Sinnen laͤſt belieben/ Vor den iſt reiffe Fruchtdes Jrrthums auch verblieben/ Meinſtu denn/ daß dieſes Werck ohngefehr ſo kont entſprieſſen? Ach nein! Was Hertz und Geiſt erſchreckt/ Geſchicht nicht ohngefehr; Es wird durch Gott erweckt/ Und komt von oben her. Schauftu nicht/ Daß dir des Himmels Geiſt/ Erzoͤrnt vor uͤbel ſpricht/ Daß du dich ohne Lieb und Welt zu ſeyn befleiſt? Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#SIL"> <p><pb facs="#f0194" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Vierten Abhandlung</hi></fw><lb/> So muß ich ja verziehen/<lb/> Wiewol ich ſolte fliehen.</p> </sp><lb/> <sp who="#DOR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Dor.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>So ſterb ich unbewuſt durch was vor eine Hand?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Linc.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Silvio</hi></hi> hat es gethan.</p> </sp><lb/> <sp who="#DOR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Dor.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Silvio,</hi></hi> ach! ſage mir/ wie man dieſes niſſen kan?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Linc.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Sein Pfeil iſt mir bekandt.</p> </sp><lb/> <sp who="#DOR"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Dor.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>So ſchließ ich hoͤchſt erfreut der Augen mittes Licht/<lb/> Weil <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Silvio</hi></hi> mein trenes Hertze bricht.</p> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Linc.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Da iſt er gleich. Es ſcheint/ er klagt ſich ſelber an.<lb/> Der Himmel ſey gepreiſet/<lb/> Du biſt in Waͤldern nun ſo lang umher gereiſet/<lb/> Biß du einen rechten Schuß endlich haſt verrichten muͤſſen:<lb/> So thue mir doch nun zu wiſſen/<lb/> Der du wilſt wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Silvio,</hi></hi> und nicht wie der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Linco</hi></hi> leben/<lb/> Was ich dieſen ſchoͤnen Schuſſe ſoll vor einen Nahmen geben?<lb/> Du weiſer Menſch/ dem nichts zu gleichen/<lb/> Haͤtteſtu dem alten Jecken nur zu rechter Zeit geglaubet;<lb/> Denn wird dieſe hier erbleichen/<lb/> So biſtu aller Luſt beraubet.<lb/> Jch weiß du wirſt mich itzt berichten/<lb/> Daß du dir einen Wolff zu treffen haſt gedacht.<lb/> Vorwar/ du wirſt die Sache ſo nicht ſchlichten.<lb/> Dann heiſt das nicht blind zu ſeyn/ alſo thoͤricht hin zu ſchieſſen;<lb/> Du kenneſt ja der Hirten Tracht/<lb/> Die ſich ſiets grau zu kleiden ſeyn befliſſen.<lb/> Bilde dir/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Silvio,</hi></hi> dieſes nur ein:<lb/> Wer ihm den gruͤnen Schein der Sinnen laͤſt belieben/<lb/> Vor den iſt reiffe Fruchtdes Jrrthums auch verblieben/<lb/> Meinſtu denn/ daß dieſes Werck ohngefehr ſo kont entſprieſſen?<lb/> Ach nein!<lb/> Was Hertz und Geiſt erſchreckt/<lb/> Geſchicht nicht ohngefehr;<lb/> Es wird durch Gott erweckt/<lb/> Und komt von oben her.<lb/> Schauftu nicht/<lb/> Daß dir des Himmels Geiſt/<lb/> Erzoͤrnt vor uͤbel ſpricht/<lb/> Daß du dich ohne Lieb und Welt zu ſeyn befleiſt?<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0194]
Der Vierten Abhandlung
So muß ich ja verziehen/
Wiewol ich ſolte fliehen.
Dor. So ſterb ich unbewuſt durch was vor eine Hand?
Linc. Silvio hat es gethan.
Dor. Silvio, ach! ſage mir/ wie man dieſes niſſen kan?
Linc. Sein Pfeil iſt mir bekandt.
Dor. So ſchließ ich hoͤchſt erfreut der Augen mittes Licht/
Weil Silvio mein trenes Hertze bricht.
Linc. Da iſt er gleich. Es ſcheint/ er klagt ſich ſelber an.
Der Himmel ſey gepreiſet/
Du biſt in Waͤldern nun ſo lang umher gereiſet/
Biß du einen rechten Schuß endlich haſt verrichten muͤſſen:
So thue mir doch nun zu wiſſen/
Der du wilſt wie Silvio, und nicht wie der Linco leben/
Was ich dieſen ſchoͤnen Schuſſe ſoll vor einen Nahmen geben?
Du weiſer Menſch/ dem nichts zu gleichen/
Haͤtteſtu dem alten Jecken nur zu rechter Zeit geglaubet;
Denn wird dieſe hier erbleichen/
So biſtu aller Luſt beraubet.
Jch weiß du wirſt mich itzt berichten/
Daß du dir einen Wolff zu treffen haſt gedacht.
Vorwar/ du wirſt die Sache ſo nicht ſchlichten.
Dann heiſt das nicht blind zu ſeyn/ alſo thoͤricht hin zu ſchieſſen;
Du kenneſt ja der Hirten Tracht/
Die ſich ſiets grau zu kleiden ſeyn befliſſen.
Bilde dir/ Silvio, dieſes nur ein:
Wer ihm den gruͤnen Schein der Sinnen laͤſt belieben/
Vor den iſt reiffe Fruchtdes Jrrthums auch verblieben/
Meinſtu denn/ daß dieſes Werck ohngefehr ſo kont entſprieſſen?
Ach nein!
Was Hertz und Geiſt erſchreckt/
Geſchicht nicht ohngefehr;
Es wird durch Gott erweckt/
Und komt von oben her.
Schauftu nicht/
Daß dir des Himmels Geiſt/
Erzoͤrnt vor uͤbel ſpricht/
Daß du dich ohne Lieb und Welt zu ſeyn befleiſt?
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/194 |
Zitationshilfe: | Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/194>, abgerufen am 15.08.2024. |