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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.

Des höchsten liebe läst den thron des himmels stehn,
Und will mir unverhofft mit trost entgegen gehn.

8.
So ist es: GOtt erniedrigt sich,
Und wird, o wunder-werck! ein armer mensch, wie ich.
Das wort nimmt fleisch und blut in einer jungfrau an:
Damit ich durch das wort im geiste leben kan.
9.
O unvergleichlicher entschluß!
Das leben kommt und stirbt, weil ich sonst sterben muß.
GOtt nimmt durch seinen tod dem tode seine macht,
Und stürtzt der schlangen wuth, die mich zu fall gebracht.
10.
Die unschuld selbst zahlt meine schuld,
Und GOttes eyfer stillt die leidende geduld,
Den eyfer, den mein fleisch, den meine missethat,
Und mein verruchtes hertz allein entzündet hat.
11.
Die lust, den ehrgeitz, und den neid,
(Damit die sünde mich zu ihrem priester weiht,)

Büßt JEsus, der mich liebt durch unverdiente schmach,
Durch strenge dürfftigkeit und hartes ungemach.
12.
Nun schau ich recht, o Heilge Drey!
Daß deines hertzens grund ein brunn der liebe sey:
Jndem du deinen feind so unaussprechlich liebst,
Und dich dem büssenden in Christo wiedergiebst.
13.
Wiewohl ich bleib ein klotz und scheit,
Wo mir dein starcker geist nicht krafft zur busse leiht:
Denn satan bildet sich durch hochmuth, geitz und lust
Noch immer, wie zuvor, in meiner offnen brust.
14.
Drum hilff, daß des erlösers geist
Jn mir den götzen-bau des teufels niederreist:
Daß ich durch busse, glaub und liebe davon frey,
Und dir zum ebenbild aufs neu geschaffen sey.

Bey
VI. Theil. X

Vermiſchte Getichte.

Des hoͤchſten liebe laͤſt den thron des himmels ſtehn,
Und will mir unverhofft mit troſt entgegen gehn.

8.
So iſt es: GOtt erniedrigt ſich,
Und wird, o wunder-werck! ein armer menſch, wie ich.
Das wort nimmt fleiſch und blut in einer jungfrau an:
Damit ich durch das wort im geiſte leben kan.
9.
O unvergleichlicher entſchluß!
Das leben kommt und ſtirbt, weil ich ſonſt ſterben muß.
GOtt nimmt durch ſeinen tod dem tode ſeine macht,
Und ſtuͤrtzt der ſchlangen wuth, die mich zu fall gebracht.
10.
Die unſchuld ſelbſt zahlt meine ſchuld,
Und GOttes eyfer ſtillt die leidende geduld,
Den eyfer, den mein fleiſch, den meine miſſethat,
Und mein verruchtes hertz allein entzuͤndet hat.
11.
Die luſt, den ehrgeitz, und den neid,
(Damit die ſuͤnde mich zu ihrem prieſter weiht,)

Buͤßt JEſus, der mich liebt durch unverdiente ſchmach,
Durch ſtrenge duͤrfftigkeit und hartes ungemach.
12.
Nun ſchau ich recht, o Heilge Drey!
Daß deines hertzens grund ein brunn der liebe ſey:
Jndem du deinen feind ſo unausſprechlich liebſt,
Und dich dem buͤſſenden in Chriſto wiedergiebſt.
13.
Wiewohl ich bleib ein klotz und ſcheit,
Wo mir dein ſtarcker geiſt nicht krafft zur buſſe leiht:
Denn ſatan bildet ſich durch hochmuth, geitz und luſt
Noch immer, wie zuvor, in meiner offnen bruſt.
14.
Drum hilff, daß des erloͤſers geiſt
Jn mir den goͤtzen-bau des teufels niederreiſt:
Daß ich durch buſſe, glaub und liebe davon frey,
Und dir zum ebenbild aufs neu geſchaffen ſey.

Bey
VI. Theil. X
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[321/0345] Vermiſchte Getichte. Des hoͤchſten liebe laͤſt den thron des himmels ſtehn, Und will mir unverhofft mit troſt entgegen gehn. 8. So iſt es: GOtt erniedrigt ſich, Und wird, o wunder-werck! ein armer menſch, wie ich. Das wort nimmt fleiſch und blut in einer jungfrau an: Damit ich durch das wort im geiſte leben kan. 9. O unvergleichlicher entſchluß! Das leben kommt und ſtirbt, weil ich ſonſt ſterben muß. GOtt nimmt durch ſeinen tod dem tode ſeine macht, Und ſtuͤrtzt der ſchlangen wuth, die mich zu fall gebracht. 10. Die unſchuld ſelbſt zahlt meine ſchuld, Und GOttes eyfer ſtillt die leidende geduld, Den eyfer, den mein fleiſch, den meine miſſethat, Und mein verruchtes hertz allein entzuͤndet hat. 11. Die luſt, den ehrgeitz, und den neid, (Damit die ſuͤnde mich zu ihrem prieſter weiht,) Buͤßt JEſus, der mich liebt durch unverdiente ſchmach, Durch ſtrenge duͤrfftigkeit und hartes ungemach. 12. Nun ſchau ich recht, o Heilge Drey! Daß deines hertzens grund ein brunn der liebe ſey: Jndem du deinen feind ſo unausſprechlich liebſt, Und dich dem buͤſſenden in Chriſto wiedergiebſt. 13. Wiewohl ich bleib ein klotz und ſcheit, Wo mir dein ſtarcker geiſt nicht krafft zur buſſe leiht: Denn ſatan bildet ſich durch hochmuth, geitz und luſt Noch immer, wie zuvor, in meiner offnen bruſt. 14. Drum hilff, daß des erloͤſers geiſt Jn mir den goͤtzen-bau des teufels niederreiſt: Daß ich durch buſſe, glaub und liebe davon frey, Und dir zum ebenbild aufs neu geſchaffen ſey. Bey VI. Theil. X

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/345>, abgerufen am 17.05.2024.