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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und Galante Getichte.
Es würd' unnöthig seyn, ihm eine magd zu halten,
Jch weiß, es führte sich stets rein und sauber auf;
Es würde lieber selbst des dieners statt verwalten:
Dir ewig treu zu seyn, das wär sein lebens-lauff.
Versuchte man es gleich, mit mandeln zu bestechen:
Gieng ihm die schmeicheley gleich niedlich um den mund;
So macht' es, wolte man ihm hals und beine brechen,
Doch nicht das bitterste zu deinem nachtheil kund.
Die diebe würd' es wohl, nicht aber dich verrathen:
Und hätt' ein frecher thor dich wider willen lieb;
So thät es eben das, was Mops und Hylax thaten,
Als ein erhitzter wolff nach einem lämmgen hieb.
Ein jeder müste dir in tieffer ehr-furcht dienen:
Dein hündgen laurte stets auf deiner buhler zweck:
Und, wolte sich ein kerl an deinen mund erkühnen,
So biß' er ihm gewiß die geile zunge weg.
Wie fleißig muß man sonst vor schöne hunde wachen:
Der vorwitz führet sie offt auf verbothne bahn;
Dein hündgen, holdes kind! würd' es weit anders machen,
Nachdem ihm ausser dir kein mensch gefallen kan.
Dein auge müste sich nicht stets zur thüre lencken:
Es regt' auf dein gebot nicht einen fuß von dir:
Und wolte man es gleich mit honig-suppen träncken,
So zög' es dieser kost gleichwohl dein wasser für.
Es nähme, müst es auch darüber gar verschmachten,
Den zucker selber nicht aus einer fremden hand:
Wolt' auch ein bloser schalck, es wegzumausen, trachten,
So macht es ihn alsbald durch ein geschrey bekannt.
Du aber dürfftest ihm das essen nicht erst mahlen,
Es ließ' auch trocken brod ihm wohl zu halse gehn;
Wolt' aber Sylvia die kost mit küssen zahlen,
So ließ' es marcipan, milch und rosinen stehn.
Doch müste Sylvia den schönen streich nicht wissen,
Daß dieses hündgen nur Leanders liebe wär;
Sonst würd es augenblicks ihr zimmer räumen müssen:
Sie schickt' es mit der post gleich wiederum hieher.
Ja,
T 5
Verliebte und Galante Getichte.
Es wuͤrd’ unnoͤthig ſeyn, ihm eine magd zu halten,
Jch weiß, es fuͤhrte ſich ſtets rein und ſauber auf;
Es wuͤrde lieber ſelbſt des dieners ſtatt verwalten:
Dir ewig treu zu ſeyn, das waͤr ſein lebens-lauff.
Verſuchte man es gleich, mit mandeln zu beſtechen:
Gieng ihm die ſchmeicheley gleich niedlich um den mund;
So macht’ es, wolte man ihm hals und beine brechen,
Doch nicht das bitterſte zu deinem nachtheil kund.
Die diebe wuͤrd’ es wohl, nicht aber dich verrathen:
Und haͤtt’ ein frecher thor dich wider willen lieb;
So thaͤt es eben das, was Mops und Hylax thaten,
Als ein erhitzter wolff nach einem laͤmmgen hieb.
Ein jeder muͤſte dir in tieffer ehr-furcht dienen:
Dein huͤndgen laurte ſtets auf deiner buhler zweck:
Und, wolte ſich ein kerl an deinen mund erkuͤhnen,
So biß’ er ihm gewiß die geile zunge weg.
Wie fleißig muß man ſonſt vor ſchoͤne hunde wachen:
Der vorwitz fuͤhret ſie offt auf verbothne bahn;
Dein huͤndgen, holdes kind! wuͤrd’ es weit anders machen,
Nachdem ihm auſſer dir kein menſch gefallen kan.
Dein auge muͤſte ſich nicht ſtets zur thuͤre lencken:
Es regt’ auf dein gebot nicht einen fuß von dir:
Und wolte man es gleich mit honig-ſuppen traͤncken,
So zoͤg’ es dieſer koſt gleichwohl dein waſſer fuͤr.
Es naͤhme, muͤſt es auch daruͤber gar verſchmachten,
Den zucker ſelber nicht aus einer fremden hand:
Wolt’ auch ein bloſer ſchalck, es wegzumauſen, trachten,
So macht es ihn alsbald durch ein geſchrey bekannt.
Du aber duͤrffteſt ihm das eſſen nicht erſt mahlen,
Es ließ’ auch trocken brod ihm wohl zu halſe gehn;
Wolt’ aber Sylvia die koſt mit kuͤſſen zahlen,
So ließ’ es marcipan, milch und roſinen ſtehn.
Doch muͤſte Sylvia den ſchoͤnen ſtreich nicht wiſſen,
Daß dieſes huͤndgen nur Leanders liebe waͤr;
Sonſt wuͤrd es augenblicks ihr zimmer raͤumen muͤſſen:
Sie ſchickt’ es mit der poſt gleich wiederum hieher.
Ja,
T 5
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[297/0321] Verliebte und Galante Getichte. Es wuͤrd’ unnoͤthig ſeyn, ihm eine magd zu halten, Jch weiß, es fuͤhrte ſich ſtets rein und ſauber auf; Es wuͤrde lieber ſelbſt des dieners ſtatt verwalten: Dir ewig treu zu ſeyn, das waͤr ſein lebens-lauff. Verſuchte man es gleich, mit mandeln zu beſtechen: Gieng ihm die ſchmeicheley gleich niedlich um den mund; So macht’ es, wolte man ihm hals und beine brechen, Doch nicht das bitterſte zu deinem nachtheil kund. Die diebe wuͤrd’ es wohl, nicht aber dich verrathen: Und haͤtt’ ein frecher thor dich wider willen lieb; So thaͤt es eben das, was Mops und Hylax thaten, Als ein erhitzter wolff nach einem laͤmmgen hieb. Ein jeder muͤſte dir in tieffer ehr-furcht dienen: Dein huͤndgen laurte ſtets auf deiner buhler zweck: Und, wolte ſich ein kerl an deinen mund erkuͤhnen, So biß’ er ihm gewiß die geile zunge weg. Wie fleißig muß man ſonſt vor ſchoͤne hunde wachen: Der vorwitz fuͤhret ſie offt auf verbothne bahn; Dein huͤndgen, holdes kind! wuͤrd’ es weit anders machen, Nachdem ihm auſſer dir kein menſch gefallen kan. Dein auge muͤſte ſich nicht ſtets zur thuͤre lencken: Es regt’ auf dein gebot nicht einen fuß von dir: Und wolte man es gleich mit honig-ſuppen traͤncken, So zoͤg’ es dieſer koſt gleichwohl dein waſſer fuͤr. Es naͤhme, muͤſt es auch daruͤber gar verſchmachten, Den zucker ſelber nicht aus einer fremden hand: Wolt’ auch ein bloſer ſchalck, es wegzumauſen, trachten, So macht es ihn alsbald durch ein geſchrey bekannt. Du aber duͤrffteſt ihm das eſſen nicht erſt mahlen, Es ließ’ auch trocken brod ihm wohl zu halſe gehn; Wolt’ aber Sylvia die koſt mit kuͤſſen zahlen, So ließ’ es marcipan, milch und roſinen ſtehn. Doch muͤſte Sylvia den ſchoͤnen ſtreich nicht wiſſen, Daß dieſes huͤndgen nur Leanders liebe waͤr; Sonſt wuͤrd es augenblicks ihr zimmer raͤumen muͤſſen: Sie ſchickt’ es mit der poſt gleich wiederum hieher. Ja, T 5

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/321>, abgerufen am 17.05.2024.