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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und
Behertzige, mein fürst! wo man mich hin verleitet?
Ob mich versuchung nicht auf höchste zinnen stellt?
Der anmuth paradieß wird mir ja zubereitet,
Wo nur mein untergang nicht hintern berge hält.
Er reicht den braut-krantz mir vielleicht zum schmuck der bahre,
Wo noch mein schimpflich sarg wird werth der kräntze seyn:
Rubin und diamant soll blühmen meine haare,
Ach! drückten sie mir nur nicht gar den scheitel ein!
Jedoch ich will mein heil aufs fürsten worte gründen,
Da wird kein fallbret seyn, wo er mich anckern heißt,
Des fürsten blosses ja muß mehrern glauben finden,
Als die betheurung, so mit vielen eyden gleißt.
Die ohnediß ist magd, und fleisch im busen träget,
Kan solcher dienstbarkeit sich schwerlich machen frey;
Doch denck' er, daß das nicht, wenn man ein reh erleget,
Ein mägdgen bringt zu fall, ein meister-stücke sey;
Daß reu und untreu ihn weit mehr als mich beflecken,
Denn finsterniß verstellt nur sonnen, keinen stern.
Jch warte nun, was er, durchlauchster! wird vollstrecken,
Mein hertze nennt ihn schatz, mein auge nennt ihn herrn.
Mein zimmer stehet ihm mit meiner seelen offen,
Worein der liebe hand noch keinen schatz gelegt.
Die heißt itzt deine magd vielmehr vergnügung hoffen,
Als die den fürsten-hut, doch ohne rosen, trägt.
Jch weiß nicht, wie ich schon vor freuden schwanger werde,
Die brüste hüpffen mir vor tausend lust empor,
Die furcht verwandelt sich in spielende gebehrde,
Der liebreitz reitzt mein aug', und anmuth lockt mein ohr.
Mich dünckt, ich fühle schon, wie er mit tausend küssen
Die scharlach-lippen labt auf meiner lilgen-brust,
Wie sein und meine seel wie wachs zusammen fliessen,
Wie er mich überschwemmt mit einer see voll lust;
Wie sein rubinen-mund nach meinen äpffeln lechset,
Und als ein saugend kind an den granaten zeucht,
Weil kein solch honig doch in paradiesen wächset,
Als den ein heisser kuß an seel und lippen streicht.
Urtheile,
Verliebte und
Behertzige, mein fuͤrſt! wo man mich hin verleitet?
Ob mich verſuchung nicht auf hoͤchſte zinnen ſtellt?
Der anmuth paradieß wird mir ja zubereitet,
Wo nur mein untergang nicht hintern berge haͤlt.
Er reicht den braut-krantz mir vielleicht zum ſchmuck der bahre,
Wo noch mein ſchimpflich ſarg wird werth der kraͤntze ſeyn:
Rubin und diamant ſoll bluͤhmen meine haare,
Ach! druͤckten ſie mir nur nicht gar den ſcheitel ein!
Jedoch ich will mein heil aufs fuͤrſten worte gruͤnden,
Da wird kein fallbret ſeyn, wo er mich anckern heißt,
Des fuͤrſten bloſſes ja muß mehrern glauben finden,
Als die betheurung, ſo mit vielen eyden gleißt.
Die ohnediß iſt magd, und fleiſch im buſen traͤget,
Kan ſolcher dienſtbarkeit ſich ſchwerlich machen frey;
Doch denck’ er, daß das nicht, wenn man ein reh erleget,
Ein maͤgdgen bringt zu fall, ein meiſter-ſtuͤcke ſey;
Daß reu und untreu ihn weit mehr als mich beflecken,
Denn finſterniß verſtellt nur ſonnen, keinen ſtern.
Jch warte nun, was er, durchlauchſter! wird vollſtrecken,
Mein hertze nennt ihn ſchatz, mein auge nennt ihn herꝛn.
Mein zimmer ſtehet ihm mit meiner ſeelen offen,
Worein der liebe hand noch keinen ſchatz gelegt.
Die heißt itzt deine magd vielmehr vergnuͤgung hoffen,
Als die den fuͤrſten-hut, doch ohne roſen, traͤgt.
Jch weiß nicht, wie ich ſchon vor freuden ſchwanger werde,
Die bruͤſte huͤpffen mir vor tauſend luſt empor,
Die furcht verwandelt ſich in ſpielende gebehrde,
Der liebreitz reitzt mein aug’, und anmuth lockt mein ohr.
Mich duͤnckt, ich fuͤhle ſchon, wie er mit tauſend kuͤſſen
Die ſcharlach-lippen labt auf meiner lilgen-bruſt,
Wie ſein und meine ſeel wie wachs zuſammen flieſſen,
Wie er mich uͤberſchwemmt mit einer ſee voll luſt;
Wie ſein rubinen-mund nach meinen aͤpffeln lechſet,
Und als ein ſaugend kind an den granaten zeucht,
Weil kein ſolch honig doch in paradieſen waͤchſet,
Als den ein heiſſer kuß an ſeel und lippen ſtreicht.
Urtheile,
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[8/0032] Verliebte und Behertzige, mein fuͤrſt! wo man mich hin verleitet? Ob mich verſuchung nicht auf hoͤchſte zinnen ſtellt? Der anmuth paradieß wird mir ja zubereitet, Wo nur mein untergang nicht hintern berge haͤlt. Er reicht den braut-krantz mir vielleicht zum ſchmuck der bahre, Wo noch mein ſchimpflich ſarg wird werth der kraͤntze ſeyn: Rubin und diamant ſoll bluͤhmen meine haare, Ach! druͤckten ſie mir nur nicht gar den ſcheitel ein! Jedoch ich will mein heil aufs fuͤrſten worte gruͤnden, Da wird kein fallbret ſeyn, wo er mich anckern heißt, Des fuͤrſten bloſſes ja muß mehrern glauben finden, Als die betheurung, ſo mit vielen eyden gleißt. Die ohnediß iſt magd, und fleiſch im buſen traͤget, Kan ſolcher dienſtbarkeit ſich ſchwerlich machen frey; Doch denck’ er, daß das nicht, wenn man ein reh erleget, Ein maͤgdgen bringt zu fall, ein meiſter-ſtuͤcke ſey; Daß reu und untreu ihn weit mehr als mich beflecken, Denn finſterniß verſtellt nur ſonnen, keinen ſtern. Jch warte nun, was er, durchlauchſter! wird vollſtrecken, Mein hertze nennt ihn ſchatz, mein auge nennt ihn herꝛn. Mein zimmer ſtehet ihm mit meiner ſeelen offen, Worein der liebe hand noch keinen ſchatz gelegt. Die heißt itzt deine magd vielmehr vergnuͤgung hoffen, Als die den fuͤrſten-hut, doch ohne roſen, traͤgt. Jch weiß nicht, wie ich ſchon vor freuden ſchwanger werde, Die bruͤſte huͤpffen mir vor tauſend luſt empor, Die furcht verwandelt ſich in ſpielende gebehrde, Der liebreitz reitzt mein aug’, und anmuth lockt mein ohr. Mich duͤnckt, ich fuͤhle ſchon, wie er mit tauſend kuͤſſen Die ſcharlach-lippen labt auf meiner lilgen-bruſt, Wie ſein und meine ſeel wie wachs zuſammen flieſſen, Wie er mich uͤberſchwemmt mit einer ſee voll luſt; Wie ſein rubinen-mund nach meinen aͤpffeln lechſet, Und als ein ſaugend kind an den granaten zeucht, Weil kein ſolch honig doch in paradieſen waͤchſet, Als den ein heiſſer kuß an ſeel und lippen ſtreicht. Urtheile,

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/32>, abgerufen am 25.04.2024.